Dicke Hose (German Edition)
Privatpatienten?
«Sag mal, Alex, weißt du zufällig, ob Ben sich um … äh … um meine Post kümmert?»
«Nee. Der hat genug zu tun. Das mache ich.»
«Du?», sagt Flo, als wäre ich zu blöd, einen Briefkasten zu öffnen. «Und geht es … Rüdiger gut?»
«Rüdiger?»
«Natashas Hamster.»
Ach, das Viech hat sogar einen Namen. Ist ja interessant.
«Weißt du was, Flo?», entgegne ich anstelle einer Antwort. «Findest du nicht, dass du mir nach allem, was ich gerade für dich tue, wenigstens die Wahrheit sagen könntest?»
«Wie … äh … wie meinst du das?», stottert Flo und klingt dabei ziemlich ertappt.
Wusste ich es doch! «Jetzt tu doch nicht so! Natashas Hamster … Und der steht ausgerechnet jetzt bei dir, wo du gar nicht da bist? Ich sag dir mal, was ich denke: Ich glaube, du bist schwul. Wellnesswanne, Kerzen und ein Hamster namens Rüdiger, das ist doch genau wie in diesem Film. Du weißt schon, der mit …»
«Ich bin nicht schwul!»
Nee, ist klar.
«… jetzt leg doch mal auf!», quiekt Minnie, die Nachtschwester.
Mir reicht es. «Weißt du, Flo, wenigstens der Schwester solltest du beizeiten die Wahrheit sagen. Sonst verliebt sie sich noch in dich.»
«Ich habe keine Schwester!»
«Ich meine doch die Nachtschwester. Oder wer redet da im Hintergrund auf dich ein?»
Statt mit einer Antwort kontert er mit einer Gegenfrage: «Sag mal, Alex, bist du betrunken?»
«Nein! Aber eigentlich wollte ich mit dir auch über etwas ganz anders sprechen», setze ich an und überlege, wie ich am besten weitermache.
«Fass dich kurz, Alex, du weißt, die … Schwester wartet.»
«Ich … Ich wollte wissen, ob die Grünewald eure einzige Stammkundin ist, weißt du, es könnte nämlich sein, dass …»
«Ob wer unsere einzige Stammkundin ist?»
«Carmen Grünewald. Die Kristallkönigin.»
«Du bist doch betrunken!»
Ich werde gleich wahnsinnig. Stellt der sich jetzt blöd, oder ist der so schwer von Begriff?
«Flo! Die Grünewald! Die, die aussieht wie Joan Collins, nur dicker. Sie ist …»
«Du, Alex, die Schwester sieht echt sauer aus», werde ich unterbrochen. «Wenn es um die Gesundheit der Patienten geht, verstehen die hier nur wenig Spaß. Kann ich dich vielleicht morgen zurückrufen?»
Wenn es um meine Verkaufsprovision geht, verstehe ich eigentlich auch keinen Spaß. «Na gut», knurre ich. «Nur noch eine ganz kurze Frage …»
«Ja?»
«Äh … weißt du zufällig, ob Victoria einen Freund hat?»
Aber Florian hat schon aufgelegt.
Ich Idiot. Wo kam denn jetzt diese Frage her? Als hätte ich nicht tausend andere Sorgen! Schöner Mist.
Mit gesenktem Kopf trotte ich an der Binnenalster entlang. Zu Miucci ist es von hier nur ein Katzensprung. Ein Spaziergang bei eisigen Temperaturen hilft mir vielleicht, den Kopf freizubekommen. Doch egal, ob ich hoch- oder runtergucke, schnell oder langsam gehe – meine Gedanken hören nicht auf, um die Erpressung zu kreisen. Wenn aus Florian schon nichts Gescheites herauszubekommen ist, muss ich eben Victoria unauffällig ein Statement zu der Wichtigkeit der Kundin entlocken.
* * *
Bei Miucci sind die Innenjalousien von Tür und Fenstern heruntergelassen. Eine Spezialanfertigung, die direkt vor dem Glas, im Fensterrahmen, eingepasst wurde und somit Türen und Fenster auch bei heruntergelassener Jalousie beweglich macht. Nur ein kleiner Lichtschein dringt nach außen und lässt vermuten, dass drinnen noch gearbeitet wird.
Im selben Moment, in dem ich die Eingangstür aufschließen will, wird sie von innen aufgedrückt. «Sieh mal an», sagt Kai, der offenbar gerade gehen will. Sein Tonfall klingt ein bisschen spöttisch. «Du hast dir ja ganz schön Zeit gelassen. Wohl noch in aller Ruhe das Buffet geplündert, was?»
Unverschämtheit. Ich bin der Sohn seines Chefs. Wird er das jemals begreifen?
«Im Gegenteil. Ich habe einen Bärenhunger.»
Aufmerksam betrachte ich seine Betonfrisur. Entweder trägt er einen Helm, oder aber er versteckt irgendwo einen geheimen Vorrat Haarkleber. Jedenfalls sitzt die Frise wie nach DIN-Norm gezimmert.
«Tja», Kai versucht sich in einem bedauernden Gesichtsausdruck, «Sushi ist leider alle. Aber vielleicht reichen dir ja ein paar Weihnachtskekse.»
Alles ist besser als dieses asiatische Glibberzeug.
«Ich düs dann jetzt. Wollte längst weg sein. Wir haben gut was geschafft. Aber Vic soll dir das lieber selbst erzählen.» Er nickt mit dem Kopf in Richtung Foyer. «Ciao, ciao!»
«Ja,
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