Dicke Hose (German Edition)
sondern irgendwo in einer Bambushütte im Sudan. Herzlichen Dank, du blöde Kristall-Schrapnelle.
Da ich keine Idee habe, was ich sonst tun könnte, trotte ich meiner Peinigerin hinterher in das Atlantik-Foyer. Vielleicht gibt es dort wenigstens Alkohol.
Plötzlich vibriert mein Telefon.
Es ist Florian, und zwar von zu Hause! Allmächtiger, er ist endlich zurück! Überglücklich nehme ich das Gespräch entgegen.
«Mensch, Alter, dein Anruf kommt wie gerufen. Ich bin mit dieser Kristall-Tussi im Atlantik, und wenn ich dir sage, was gerade passiert ist, dann …»
«Kristall-was?», sagt eine Stimme, die sich wenig nach Flo, dafür aber sehr nach Tanja anhört. «Was hat das zu bedeuten?»
«Äh …»
Du liebe Güte, ich habe total vergessen, mich bei ihr zu melden! Am besten erst mal die Wogen glätten mit einem möglichst unverbindlichen Satz. «Es ist nicht das, was du jetzt denkst.»
«Ach nein? Was denke ich denn?»
Wenn das bei Frauen mal immer so einfach zu sagen wäre. «Also …»
«Alex! Du bist mit einer anderen Frau im Atlantik, während ich seit einer halben Stunde mit dem Essen auf dich warte? Ich glaube, ich spinne!»
Oh, Mist. Das Essen habe ich leider auch komplett vergessen. Dabei ist die Vorstellung, in Florians Loft gemütlich bei einem selbstgekochten Essen den Abend ausklingen zu lassen, momentan mehr als verlockend. Jedenfalls, solange Tanja nicht wieder baden möchte.
«Also, das hat sich jetzt vielleicht gerade etwas merkwürdig angehört, aber ich bin … geschäftlich unterwegs.»
«Und was genau machen Makler abends im Atlantik?»
Harrr. «Müssen wir das jetzt am Telefon ausdiskutieren?»
«Ja, müssen wir.»
Frauen! Wenn sie reden wollen, wollen sie reden. Vollkommen egal, ob es gerade passt oder nicht. Man könnte kopfüber aus einer Boeing hängen, und sie würden noch schnell eine Diskussion über die mangelnde männliche Beteiligung bei der Hausarbeit anzetteln.
«Ich würde dir das gern später erklären», starte ich dennoch einen Versuch, das Gespräch zu beenden. Nicht zuletzt deswegen, weil Carmen Grünewald ständig an meinem Ärmel rumzieht.
Müsste ich nicht fürchten, dass Tanja im Affekt Florians Loft zertrümmert oder den Hamster erwürgt, würde ich jetzt einfach auflegen. Aber so …
«Wer ist das?», will die Kristallkönigin wissen. «Wir sollten jetzt wirklich hineingehen.»
«Wer ist das?», will nun auch Tanja wissen.
Ich fühle, wie sich das Infarktrisiko mit jeder Sekunde potenziert. Mit letzter Kraft versuche ich, mich aus dem Grünewald’schen Hörbereich wegzudrehen, um Tanjas Wut unbelauscht zu entschärfen. «Wir besprechen das nachher zu Hause, okay? Ich muss jetzt auflegen.»
Habe ich wirklich zu Hause gesagt?
Tanja lässt nicht locker. «Sag, dass du mich nicht betrügst!»
«Natürlich nicht!» Mit wem denn auch? Ich bin doch neuerdings schwul.
«Also bleibt es bei der Hochzeit?»
«Bei … äh, was für einer Hochzeit?»
«Sag, dass es dabei bleibt!»
Ich schwöre, von Hochzeit höre ich gerade das erste Mal. Jedenfalls aus meinem Mund. «Also … es ist … wir sollten da vielleicht noch einmal in Ruhe drüber … reden.»
«Du willst reden? Also betrügst du mich doch!»
Natürlich. Frauenlogik. Und ich Idiot liefere auch noch die Steilvorlage. «Ich will nicht reden, ich will nur ein paar Dinge klarstellen. Auch bezüglich der … äh … Hochzeit.»
Der Anflug von Erleichterung, den ich beim Auflegen verspüre, verpufft augenblicklich, als ich auf dem Display sehe, dass Victoria dreimal versucht hat anzurufen. Nach dem letzten Mal hat sie eine SMS geschickt:
Ist alles gut gelaufen bei Frau Grünewald? Wo bleibst du, wir müssen doch noch Möbel umräumen. Kai ist nicht mehr lange da. Melde dich! Vic
Hilfe, woran man aber auch alles denken muss!
Ein Mann ist einfach kein Multitasker. Wir tun die Dinge mit Bedacht und Verstand. Wie sollte ich also in 136 Zeichen Victorias Frage beantworten, ob alles gut gelaufen ist? Aus Sicht ihrer Stammkundin scheint jetzt alles in bester Ordnung zu sein. Die Grünewald strahlt mit ihrem Kleid um die Wette. Trotzdem kann ich Entwarnung im Grunde genommen erst dann geben, wenn Familie Micolucci ihren neugewonnenen Sohn samt Missoni-Schnippelwurst in der Zeitung entdeckt hat. Sollte daraufhin keiner sterben, ist tatsächlich alles gut gelaufen.
Besser, ich bereite Victoria beizeiten darauf vor, dass in den nächsten Tagen einiges auf sie zukommen könnte. Ich tippe ihr
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