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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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wird sie noch deutlicher. Mit dem Lächeln einer zweiköpfigen Massenmörderin fügt sie hinzu: «Andernfalls muss ich meine bisherigen Bestellungen bei Miucci stornieren und mich für die Zukunft nach einem anderen Stammgeschäft umsehen.»

[zur Inhaltsübersicht]
    15. Kapitel
    Ich stehe auf dem Grünstreifen der vierspurigen Straße, die um die Alster herumführt, und versuche, Carmen Grünewalds Worte in verschiedene Richtungen zu deuten. Unmöglich. Mir will einfach keine andere Erklärung einfallen außer: Die Frau erpresst mich.
    Nach allem, was ich für sie getan habe! Und damit meine ich nicht nur, dass ich ihr quasi ein Kleid auf den Leib geschneidert habe, das sie in den Fokus von Presse und Modemiezen katapultiert hat. Nein, ich spreche vor allem von meiner Präsenz an diesem schnarchlangweiligen Abend und den für mich daraus resultierenden Konsequenzen. Und wie dankt sie mir das? Indem sie mich nötigt, auf den Verkauf des Jahrhunderts zu verzichten. Mit welchem Recht?
    Eine Weile bleibe ich noch auf dem kleinen Rasenstück stehen und beobachte die vorbeifahrenden Wagen. Dann schaue ich zum anderen Alsterufer. In einigen wenigen Wohnungen brennt noch Licht. Ob dort vielleicht jemand wohnt, der sich gerade mit ähnlich existentiellen Problemen herumschlägt?
    Wohl kaum. Niemand außer mir manövriert sich in eine solche Lage, indem er sich auf einen derart schwachsinnigen Gefallen einlässt. Und genau an dieser Stelle ist mein Ansatzpunkt. Ich muss mit Florian sprechen. Wenn ich schon nicht von meiner Aufgabe zurücktreten kann, soll er mich wenigstens aus der Ferne ein wenig unterstützen.
    Mein erster Impuls ist, ihm das Messer auf die kranke Brust zu setzen und ihn aufzufordern, seine verhaltensgestörte Stammkundin zurückzupfeifen. Aber wer weiß schon, ob eine gekränkte Carmen Grünewald sich überhaupt von jemandem etwas sagen lässt? Nein, erst mal sollte ich herausfinden, wie viel Macht diese Kundin wirklich besitzt. Möglicherweise überschätzt sie ihren Wert für Miucci ja und ist in Wahrheit nur eine von vielen Käuferinnen, deren vierteljährlicher Umsatz sich auf Kleinwagenniveau bewegt.
    Dann käme es auf eine Kundin mehr oder weniger wohl kaum an.
    Mit wachsender Wut überquere ich die Straße und wähle nebenbei Florians Nummer. Fünfmal tutet es, dann ist er dran.
    «Mensch, Alex», stöhnt er und gähnt ausgiebig. «Weißt du, wie spät es ist?»
    «Absolut. Ich komme nämlich gerade erst von der Arbeit. Dabei habe ich eigentlich Urlaub und muss gleich noch in deine Divenboutique zum Möbelrücken. Glaub mir, Flo, wenn einer weiß, wie spät es ist, dann bin ich das!»
    Am anderen Ende höre ich leises Gemurmel, dann Geraschel. Offenbar hat mein Kumpel sich im Krankenhausbett aufgerichtet. Ein Anflug schlechten Gewissens überkommt mich. Wenn Flo um elf Uhr abends bereits in der Koje liegt, geht es ihm ganz offensichtlich immer noch nicht besser.
    «Wie geht es dir denn?», erkundige ich mich, ehe ich ihn womöglich zur Schnecke mache, obwohl er nur noch drei Tage zu leben hat.
    «Könnte nicht besser sein.» Für einen Sterbenden klingt Flo erstaunlich munter. Und als wäre ihm das auch gerade aufgefallen, fügt er mit plötzlich leidend klingender Stimme hinzu: «Na ja, den Umständen entsprechend eben.»
    Aha. «Und was heißt das genau? Wann kommst du nach Hause?»
    Bitte lass es bald sein!
    «Am … Mittwoch. Also, in einer Woche. Am Ende unseres … äh, deines Urlaubs.» Kurze Pause, dann ergänzt er: «Vorausgesetzt, die Ärzte haben bis dahin eine klare Diagnose gestellt.»
    Natürlich. Hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, ihn zu bemitleiden und endlich meine Fragen loszuwerden, entscheide ich mich vorerst für etwas Neutrales. «Klar. Werd erst mal wieder gesund.»
    Im Hintergrund höre ich jetzt etwas quieken. Doch hoffentlich kein EKG-Gerät? Meine Krankenhausphobie macht sich wieder bemerkbar.
    Erneutes Quieken.
    Nein, ich glaube nicht, dass das ein EKG-Gerät ist. Irgendwie klingt es mehr nach einer Frauenstimme. Und zwar nach einer der besonders anstrengenden Sorte. Von der Tonlage so zwischen Verona Pooth und Minnie Maus.
    Ich presse den Hörer ans Ohr.
    «… nun frag schon», fiepst Minnie jetzt. Vielleicht hat sie aber auch «Nun schlaf schön» gequiekt. Bei so einer Diven-Stimme vertut man sich ja gerne mal. Vielleicht ist es die Nachtschwester? Duzt man sich etwa dort unten am Bodensee? Oder ist das wieder eine Spezialbehandlung für

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