Dicke Luft auf Schreckenstein
uns noch keinen Anlaß gegeben.“
„Hätten wir denn Gelegenheit gehabt?“ fragte Schulkapitän Ottokar.
„O ja!“ ereiferte sich die dicke Hilferuferin. „Bei euern Klassenarbeiten soll es ja angeblich so korrekt zugehen, daß sich der Lehrer zurückziehen kann. Das haben wir uns mal angesehen. Kaum war der Lehrer draußen, ging einer zur Tafel und hat etwas draufgeschrieben. Alle haben aufgeschaut und dann in Ruhe, ohne jeden Seitenblick weitergearbeitet. Warum wohl?“
Die Ritter schwiegen; der Rex, Doktor Schüler und Doktor Waldmann wechselten Blicke.
„Nun sagt schon!“ ermunterte der bärtige Psychologe.
Doch keiner tat den Mund auf. Auch nicht der schlagfertige Mücke.
Um keine neuen Mißverständnisse zu schaffen, waren die Ritter übereingekommen, nichts bemerkt zu haben. Zudem wußten sie nicht, worauf die Dicke hinauswollte, und sahen ihr gespannt entgegen.
Sie hielt das Schweigen für Verlegenheit und ließ sich Zeit. „Was stand auf der Tafel?“ fragte sie schließlich und gab, mit einem spöttischen Lächeln, die Antwort selbst: „Die Lösung der Aufgabe.“
Ein Raunen ging durch den Raum.
„Au weh! Zwickmühle!“ flüsterte Pummel.
Strehlau sah sich um. „Wo ist eigentlich Andi?“
„Weiß nicht“, antwortete Ralph, „der war schon beim Essen nicht da.“
Eugen, als Betroffener, konnte nicht länger schweigen. „Haben Sie’s gelesen?“ fragte er.
Die Dicke schüttelte den Kopf. „Als wir später in die Klasse kamen, war die Tafel natürlich abgewischt.“
„Natürlich!“ rief Dolf. „Ich wisch die Tafel immer ab. Das ist meine Pflicht. Jeder hat hier irgendwelche Pflichten.“
Als die Studienmacher lächelten, war Pummels Geduld am Ende. „Sie unterstellen uns einen Text, den Sie selbst nicht gelesen haben.“
Diesmal antwortete der weißhaarige Studienrat Huber, der gar nicht im Projektorraum gewesen war. „Dann sag du uns, was draufstand.“
„Okay.“ Eugen blieb nur die Flucht nach vorn. „Ich hab Köpfe am Projektorfenster gesehen, und da hab ich an die Tafel geschrieben Keine falsche Bewegung! Wir werden beobachtet.
Das Studienquintett war platt. Ritter und Schreckensteiner Lehrer steckten die Köpfe zusammen, der Rex redete auf Schießbude ein.
Klaus lachte leise. „Paß auf. Jetzt dreht uns der Psychobart einen neuen Strick. Wetten, daß…?“
Pummel nickte. „Ich hab ja gleich gesagt: Zwickmühle.“
Tatsächlich wandte sich der bärtige Psychologe an Eugen. „Keine falsche Bewegung! – hast du hingeschrieben, sagst du? Das sollte wohl heißen: Nicht einsagen! Nicht abschreiben! weil wir beobachtet werden. Oder?“
„Also ein Täuschungsmanöver!“ fügte die Schnittlauchsemmel hinzu.
In ruhigem Ton erklärte Eugen den wahren Grund. Er habe vermeiden wollen, daß pantomimische Albereien als Verständigungen über die Aufgabe mißverstanden würden. Es half nichts. Die Studienmacher fühlten sich in ihrer vorgefaßten Meinung bestätigt.
Da griff Schießbude ein. „Ich möchte gern etwas zur Klärung beitragen“, begann er mit erhobener Stimme. „Wenn Eugen die Lösung der Aufgabe an die Tafel geschrieben hätte, dann müßte ich das beim Korrigieren merken. Ich lade die Kollegen ein, bei der Korrektur mitzuhelfen.“
„Sehr richtig!“ riefen der kleine Herbert und der kleine Eberhard.
Manche Ritter atmeten bereits auf.
„Besten Dank!“ erwiderte der Psychobart und grinste, daß es aussah, als habe er tatsächlich Haare auf den Zähnen. „Aber wenn’s der andere Text war, ändert das auch nichts. Schwindel bleibt Schwindel.“
Laut begehrten die Ritter auf.
„Das nehmen Sie zurück!“ brüllte Dampfwalze.
„Wenn ihr mir das Gegenteil beweist, gern.“ Und wieder grinste der Psychobart.
„Diese verdammten Aale!“ schimpfte Stephan vor sich hin.
Eugen hatte sich zu Schießbude durchgeschlängelt. Finster sah er ihn an.
„Ich weiß“, sagte der junge Lehrer. „Die Kollegen wollten eine Klassenarbeit erleben. Da konnte ich nicht nein sagen. Schon um keinen Verdacht zu erwecken. Und ihr solltet unbefangen bleiben. Auf eure Ehrlichkeit konnte ich mich ja verlassen.“
Alle redeten erregt durcheinander, und das immer lauter. Kopfschüttelnd mit traurigem Hundeblick schaute Ottokar ins Gewoge. „Jetzt sind wir wieder soweit wie heut nacht!“
Jemand klatschte in die Hände. Es war der Rex, der sich auf diese Weise Gehör verschaffte. „An die Arbeit!“ rief er. „An die Arbeit! Es war trotz der Emotionen, die
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