Dicke Moepse
Carla und schiebt sich noch eine Gabel Kartoffelsalat in den Mund. Ich häufe mir ebenfalls einen großen Löffel davon auf den Teller.
»Aber wieso muss dieser süße Typ auch rasseln wie ein halbtoter Dieselmotor? Das hält doch kein Mensch aus!«, entgegne ich schuldbewusst.
»Chrrr … chrrr … chrrrrr«, ahmt Carla ihn nach, und es platzt erneut aus mir heraus. Wir gackern wie ein wildgewordener Hühnerhaufen. Nicht viel besser als Roland wahrscheinlich.
»Na, ihr habt ja Spaß!«, ertönt da plötzlich eine dunkle Stimme. Es ist Jens, den ich seit unserem peinlichen Kussexperiment nicht mehr gesehen habe. Allerdings haben wir in der Zwischenzeit etwa fünfmal miteinander telefoniert. Die Sache scheint wirklich für immer erledigt zu sein. Gute Freunde kann eben nichts auf der Welt trennen.
»Jens!«, rufe ich, springe auf und umarme ihn stürmisch. Doch Jens scheint nicht ganz bei der Sache zu sein. Er fixiert einen Punkt hinter mir, während ich ihm einen feuchten Kuss auf die Wange drücke.
»Hi!« Jens löst sich aus meiner Umarmung und macht ein paar Schritte auf Carla zu, die mit noch immer geöffnetem Mund dasteht.
»Hi!«, entgegnet sie verwirrt, und ich finde die Situation langsam merkwürdig. »Hallo? Alles klar bei euch? Darf ich vorstellen: Jens, mein bester Freund – Carla, beste Freundin und Mitbewohnerin. Carla – Jens! Jens – Carla …« Ich schaue nervös zwischen den beiden hin und her, aber sie nehmen mich gar nicht wahr. Jetzt streckt Jens Carla seine Hand entgegen. Ich bin, was Liebesdinge angeht, eigentlich ein ziemlicher Ignorant. Man könnte neben mir reihenweise Kinder zeugen, und ich würde es nicht einmal merken. Aber zwischen den beiden funkt es gerade so gewaltig, dass es wahrscheinlich bis nach Peking zu sehen ist. Also mache ich den polnischen Abgang und verziehe mich wortlos ins Wohnzimmer, wo sich die anderen Partygäste amüsieren. Dass sich die beiden gefallen könnten, daran hätte ich im Traum nicht gedacht. Carla steht eigentlich mehr auf den südländischen Typ, also eher auf Männer der Sorte Roland, wenn sie nicht gerade wie ein Rasenmäher lachen. Was lernen wir daraus? Man darf wirklich nichts unversucht lassen. Ich grinse in mich hinein. Hoffentlich ist das nicht bloß ein Strohfeuer. Es wäre so schön, wenn aus den beiden ein Paar würde. Schließlich sind die beiden meine Lieblingsmenschen, neben meiner Mutti natürlich, und ich gönne es ihnen von ganzem Herzen, glücklich zu sein. Schade nur, dass bei mir mal wieder absolute Flaute herrscht. Vielleicht habe ich bei unserer magischen Session im Wald etwas falsch gemacht. War das Fruchtgummi-Herz zu unpersönlich? Immerhin ist Mel glücklich bei ihrem Hannes oder wie er hieß, und Carla ist auf dem besten Weg, sich ebenfalls zu verlieben. In ein extrem empfehlenswertes Exemplar.
Vielleicht sollte ich was an meiner Frisur ändern. Seit Jahren laufe ich mit meinen straßenköterblonden Haaren herum. Um ehrlich zu sein, war ich schon seit ewigen Zeiten nicht mehr beim Friseur. Vielleicht sollte ich mir mal eine Rundum-Erneuerung gönnen, um eine andere Sorte Mann anzuziehen. Nicht nur irgendwelche Schnösel, deren Namen ich gar nicht mehr erwähnen möchte. Zumindest nicht freiwillig in meiner Freizeit.
»Rosi! Mich hat’s total erwischt!« Carla hat sich vor mir materialisiert. Ihre Wangen sind gerötet, und sie strahlt übers ganze Gesicht, als wolle sie damit ganz Berlin erleuchten. »Wieso hast du mir diesen Traummann bisher vorenthalten? Ich kann es gar nicht fassen, so toll ist er. Das ist ja fast zu schön, um wahr zu sein!«, schwärmt Carla, drückt mir einen Kuss auf die Stirn und schwebt auf ihrer Wolke wieder von dannen. Ich freue mich für meine beste Freundin. Sie hat es wirklich verdient, endlich mal an einen tollen Kerl zu geraten.
Da sitzen die beiden händchenhaltend in der Couchecke und können die Augen gar nicht voneinander lassen. Vielleicht sollte ich meine Freunde für mich suchen lassen. Rosi sucht den Super-Mann. In der Jury sitzen die Menschen, die mich am besten kennen. Wenn ich selbst schon nicht in der Lage bin, den Richtigen zu finden, vielleicht schaffen es dann die, die mich so lieben, wie ich bin?
Ich gehe auf die beiden zu und beuge mich zu Jens und Carla hinunter.
»So, ihr beiden Turteltäubchen. Ich will nach Hause. Also, macht es gut, ihr zwei!«
»Mach’s gut, meine Liebe, komm gut nach Hause und lass dich nicht anquatschen«, zwinkert Jens mir übermütig zu.
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