Dicke Moepse
blicke entgeistert zwischen dem Doc und Stefan hin und her.
»Ick hatte doch anjemeldet, dett ick bei jeda weiteren Arztvisite der Jiraffen dabei sein möschte!«, schnaubt Stefan weiter.
»Aber du wusstest doch, wann Dr. Nachtnebel kommen würde. Da hättest du doch einfach vorbeischauen können.« Ich werfe dem Doc einen fragenden Blick zu. Dr. Nachtnebel übergeht Stefans unfreundlichen Ton ganz einfach.
»Sie können ja das nächste Mal mit dabei sein, Herr Mutzenberg. Rosi, vergessen Sie nicht, sich die Laborergebnisse nächste Woche anzusehen, ich möchte Ihre Meinung dazu hören. Wiedersehen!« Eilig verabschiedet sich unser Tierarzt und lässt mich mit einem wütenden Stefan allein am Tor stehen.
»Ach, Frau Möchtejern-Dokta will die Lorbeeren fürn Jiraffennachwuchs alleene ernten, wa ?« Stefan schnaubt wütend wie ein Rhinozeros durch die Nüstern.
»So ein Quatsch. Das war doch heute nur eine kleine Routineuntersuchung. Du hast nichts verpasst«, lenke ich ein, nehme mir aber fest vor, ihm beim nächsten Mal wieder nicht Bescheid zu sagen.
»Du hättest mir üba Funk benachrichtijen können«, flennt Stefan weiter.
»Oh Mann, Stefan, nun mach aber mal halblang. Wir haben hier alle ausreichend zu tun. Wenn du eine Extra-Einladung möchtest, musst du mir schon einen Vordruck liefern«, zische ich. »Und jetzt lass mich in Ruhe, ich würde heute auch gerne irgendwann einmal Feierabend machen.«
»Um mit dem neuen Chef auszugehen, wa?«, platzt es aus Stefan heraus.
»W … w … wie kommst du denn auf so einen Schwachsinn!?« Mir steigt urplötzlich die Röte in die Wangen, und ich fühle mich ertappt.
»Tja, dett sieht doch jea hier, datt da zwischen euch watt läuft. Versprichste dir wohl irgendwelche Vorteile, wa? Aber ditt kannste verjessen!«, labert Stefan weiter und stampft zu jedem seiner Worte mit dem Fuß auf den Boden wie ein Hutzelmännchen.
»Ich gehe nicht mit meinem Chef aus, dass das klar ist. Wir haben nur den Diätplan für die Möpse der Büchsenschütz-Schwestern besprochen, falls du es genau wissen willst. Die Büchsenschützinnen sind wichtige Sponsoren unseres Zoos, sie geben uns regelmäßig Geld, damit dein kleiner Intriganten-Hintern auch morgen noch sein Gehalt bezieht.« Ich hasse es, wenn ich Menschen anlügen muss, auch wenn es Ekelpakete wie Stefan sind. Aber hier handelt es sich nur um eine halbe Lüge, schließlich wusste ich zu dem Zeitpunkt, zu dem ich mit Andreas intim war, ja noch nicht, dass er mein Chef werden würde. Und jetzt, da ich es weiß, ist die Sache sowieso schon erledigt. Meiner Meinung nach bringt die ganze Hochschlaferei sowieso mehr Ärger als Erfolg. Meine aktuelle Lage gibt mir recht.
Ohne Stefans Antwort abzuwarten, mache ich auf dem Absatz kehrt und begebe mich ins Terrarium, um ein paar Heimchen an die Echsen zu verfüttern. Fressen und Gefressenwerden, so ist das nun mal in der Natur. Auch wenn ich Heimchen ziemlich niedlich finde, heute müssen sie den Echsen zuliebe dran glauben. Dann habe ich endlich Feierabend.
»Ist dir eigentlich schon aufgefallen, dass unter uns ein neuer, gutaussehender Jüngling im heiratsfähigen Alter eingezogen ist?«, fragt Carla, die neben mir vor dem Badezimmerspiegel steht und sich ihre Lockenpracht toupiert. Wir brezeln uns gerade hingebungsvoll für Tatjanas Party auf in der Hoffnung auf eine erfolgreiche Frischfleischjagd.
»Ich hab ihn heute beim Müllruntertragen ausgequetscht. Er lebt alleine und ist neu in der Stadt. Gerade aus Bielefeld zugezogen und total einsam. Ist das nicht süß? Ich dachte, wir könnten ihn mit zur Party nehmen!« Carlas Haare haben mittlerweile die Ausmaße von Italien und verdecken mir die Sicht in den Spiegel, sodass ich meinen Lidstrich nicht ziehen kann.
»Du hast unseren Nachbarn angebaggert? Und das gleich in der ersten Woche nach seinem Einzug? Da hör ich doch ein lautes Bio-Uhr-Ticken!«
»Ticken ist gar kein Ausdruck! Ein Presslufthammer kommt dem schon eher nahe«, feixt Carla und kämmt ihre Haare wieder nach unten. Ich habe wieder freie Sicht und setze meine Schminkaktion fort.
»Man darf die ganze Flirterei nicht so eng sehen. Immerhin sucht der Junge Anschluss, und wir geben ihm welchen. Ob’s was wird oder nicht, werden wir erst im Laufe des Abends erfahren.« Carla malt sich gerade ihre Lippen knallrot und zwinkert mir übers Spiegelbild verführerisch zu.
Ich seufze und versuche, all meine Bedenken bezüglich nachbarschaftlicher Flirtversuche
Weitere Kostenlose Bücher