Dicke Moepse
werden wir sicher zusammenziehen, aber wir wollen uns damit noch etwas Zeit lassen. Mach dir keine Sorgen. Wir kündigen das schon rechtzeitig an!«
»So rechtzeitig wie eure Hochzeit?« Diese Bemerkung kann ich mir nicht verkneifen.
»Rosi, das Thema haben wir doch nun schon oft genug diskutiert. Die Hochzeit war eine spontane Idee von Jens und mir. Trotzdem wird sich erst einmal nichts ändern. Und die richtige Feier holen wir nach, versprochen. In Vegas sind die Formalitäten einfach viel leichter zu regeln als hier in Berlin.«
Seit Jens und Carla zusammen sind, herrscht so eine Art »Schöner wohnen« -Atmosphäre. Gegen den männlichen Zwang, ständig Dinge zu reparieren, hat unser weiblicher Nestbautrieb eher Playmobilniveau. Alles wird neuerdings generalüberholt. Und wenn es nichts mehr gibt, was man optimieren könnte, dann werden einfach neue Dinge angeschafft, um die man sich kümmern kann. Gerade versucht sich Jens an unserem DVD-Recorder, der seit unserem großen Frühjahrsputz vor vier Monaten den Geist aufgegeben hat.
»Und das Ding steht nun seit zwölf Wochen herum und staubt ein?«, fragt Jens ungläubig, bevor er für mehrere Stunden in die fabelhafte Welt der Kabel abtaucht. Um ehrlich zu sein: Natürlich können wir Frauen Birnchen anschrauben, Regale aufbauen und im Notfall auch das ein oder andere technische Gerät zum Laufen bringen. Aber es ist viel schöner und unterhaltsamer, wenn man einen Mann kennt, der das für einen erledigt. Also lassen wir den Herrn des Hauses seines Amtes walten. Das soll sich ja auch positiv auf den Testosteronspiegel auswirken. Wobei sich Carla in dieser Hinsicht nun wirklich nicht beschweren kann, was ich nicht nur an ihren rosigen Wangen, sondern auch an den akustischen Signalen erkenne, die des Nachts durch die Wand zu mir dringen. In seinem Kampf gegen die Macken des DVD-Gerätes scheint Jens ziemlich erfolglos zu sein, sodass wir trotz Chips und Sektchen irgendwann die Lust am Zusehen verlieren und uns anderen Themen widmen. Dem Sex mit Verflossenen zum Beispiel.
Als wir gerade über einen besonders unangenehmen Vorfall in einer Umkleidekabine diskutieren, entdecke ich etwas, was mich wirklich peinlich berührt. Neben dem DVD-Player liegt, etwas versteckt hinter dem Schränkchen, der Stecker, den ich beim Großreinemachen für den Staubsauger ausgestöpselt habe. Ich fuchtele wie wild in Jens’ Richtung. Mit zwei Fingern meiner rechten Hand forme ich einen Stecker und umschließe ihn mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand, um Carla in Zeichensprache zu erklären, was ich gerade entdeckt habe. Carla schaut mich erschüttert an.
»Du hattest Sex? Mit ihm? Wann?«, flüstert sie, damit Jens nichts mitbekommt. »Ich dachte, ihr hättet euch nur einmal geküsst!« Irritiert blickt sie zu ihrem Liebsten und stopft sich besorgt eine Handvoll Chips auf einmal in den Mund. Ich muss kichern. Von Stromkabeln auf Sex zu schließen, das muss uns auch erst einmal jemand nachmachen.
»Neeiiin!«, wispere ich zurück und deute auf das Kabel, das unschuldig neben der Dose liegt. »Das Kabel! Der Rekorder hat keinen Strom!« Jetzt begreift auch Carla und prustet los.
»Wollen wir es ihm sagen?«, frage ich pflichtbewusst. Immerhin ist Jens mein bester Freund und ihr Liebhaber. Wir schauen erst zu Jens, dann wieder einander an und schütteln den Kopf. »Nein, ein bisschen darf er es noch selbst versuchen!« Also lehnen wir uns entspannt zurück, um den Anblick noch eine halbe Stunde zu genießen. Dann stehe ich auf, greife das Kabel und stecke es kommentarlos in die Steckdose. Jens blickt mich verdutzt an, bis sich auch bei ihm endlich wieder die Stromzufuhr einstellt und ihm ein Licht aufgeht: »Ihr Weiber seid mir schon eine Nummer … Ich hoffe, ihr habt euch gut amüsiert.«
Gut gelaunt legt er den Arm um meine Schultern. »Euch beiden kann man einfach nicht böse sein. Rosi, Rosi … dich kriegen wir auch noch unter die Haube!«, sagt er jovial und zwinkert mir verschwörerisch zu.
»Du willst mich doch nicht schon wieder mit irgend so einem Psychopathen verkuppeln?«, entgegne ich entsetzt.
Aber Jens lässt sich nicht beirren. »Heute Abend ist doch das alljährliche Abitreffen in deiner alten Schule. Und rate mal, wer sich für dieses Jahr angekündigt hat.« Er strahlt über beide Backen, holt tief Luft und verkündet wie bei der Oscarverleihung: »Bruno! Bruno Wollstein. Na, hab ich zu viel versprochen? Ich finde, du solltest diesmal wirklich
Weitere Kostenlose Bücher