Dicke Moepse
aber von mir enttäuscht, dass ich dir zu viel zugemutet habe.«
»Zu viel was?«, frage ich fassungslos. Für wen hält der mich? Für eine Komplett-Versagerin?
»Ich hatte dir wieder mehr Verantwortung zukommen lassen wollen. Das war wohl ein Fehler«, fährt Andreas in ernstem Tonfall fort, »mein Fehler. Als Chef sollte ich das besser beurteilen können. Deshalb kommst du für heute mit einer Abmahnung davon. Aber so leid es mir tut, dass ich dir das heute sagen muss: Einen weiteren Fehler darfst du dir nicht erlauben. Das wäre all den anderen gegenüber, die hier täglich ihren Job gewissenhaft und gut erledigen, nicht fair.«
»O. k.«, sage ich mit belegter Stimme. Ich würde am liebsten vor Wut heulen. Nicht wegen Stefans fieser Taktik oder Andreas’ Rüge, sondern meinetwegen. Weil ich es offenbar nie schaffe, für mich einzustehen. Bei anderen fällt mir das nicht schwer. Wenn es um mich selbst geht, halte ich lieber die Klappe und kassiere ungerechte Schelte.
»Kann ich dann für heute gehen?«, frage ich.
»Ja, natürlich«, antwortet Andreas kurz. »Ich vertraue darauf, dass du mich in Zukunft nicht wieder enttäuschst.«
Auch das noch. Jetzt macht er auch noch einen auf persönlich betroffen. Als ob ihn der Gemütszustand der Tiere überhaupt interessieren würde. Für ihn sind das doch alles nur rote oder schwarze Zahlen.
Ich vermisse Jens, meinen besten Freund. Er würde in diesem Augenblick die richtigen Worte finden. Wie auf Kommando klingelt mein Telefon.
»Hi Rosi! Wir sind’s!«, schallt es mir fröhlich entgegen. Wunder der Technik! Jens und Carla klingen so, als säßen sie direkt neben mir auf der Wohnzimmercouch.
»Hi«, antworte ich bedrückt.
»Rate mal, wo wir gelandet sind!« Nun spricht Jens allein. »Wir sind in Viva … Las Vegas! Baby, was soll ich sagen, die Stadt ist magisch!!! Die Wüste lebt, die Casinos sind der absolute Hammer, und das Beste: Meine Traumfrau, die Liebe meines Lebens, ist stets an meiner Seite. Eigentlich fehlst nur du, liebste Freundin!«
»Ja, du fehlst uns!«, ruft Carla aufgedreht aus dem Hintergrund in den Hörer. »Rosi, wir haben was gemacht!«, fährt sie dann leiser fort.
»Ach ja?«, hauche ich kraftlos in den Hörer. Ich bin nicht ganz bei der Sache. Die gute Laune der beiden überfordert mich komplett.
»Wir haben geheiratet!«, hallt es im Chor aus meinem Handylautsprecher. »Geheiratet!«
»Jawoll, geheiratet! Wir sind jetzt Mann und Frau.« – »Ist das nicht toll? Und du findest auch noch den Richtigen!« – »Versprochen. Wir holen die Feier natürlich so schnell wie möglich nach!« – »Und dann fängst du den Brautstrauß!«, sprudelt es mir entgegen, sodass ich für einen kurzen Moment den Hörer vom Ohr nehmen muss.
»Hallo? Bist du noch dran?« Es ist Carla, die nach den Hochzeitsgesängen wieder direkt das Wort an mich richtet.
»Jaja, klar … Ich freue mich für euch …«, beginne ich zögernd. Soll ich ihnen die Laune verderben und ihnen von Cinderella erzählen? Die beiden scheinen so weit weg zu sein, eigentlich würde ich sie am liebsten damit verschonen.
»Alles o. k. bei dir? Du klingst so, als hättest du geweint. Ist irgendwas?«, fragt Jens besorgt nach. Er spürt doch alles.
»Wir hatten leider einen weniger erfreulichen Zwischenfall im Zoo, aber das erzähle ich euch, wenn ihr wieder hier seid«, sage ich in möglichst sachlichem Ton. Jens und Carla fragen nicht weiter nach.
»Wir sind in drei Tagen wieder da, dann besprechen wir alles Weitere. Wir haben dich lieb!«, jauchzen sie mir zum Abschied durch die Leitung entgegen und verziehen sich erneut auf ihre Wolke sieben, während ich weiter auf dem knallharten Boden der Tatsachen hocke.
Seitenwechsel
»Seit wir deinen Liebesreigen im Wald getanzt haben, ist mein Leben völlig durcheinander. Gibt es denn auf der Welt wirklich keinen normalen Typen für mich?« Ich sitze mit Carla zusammen beim Frühstück und schaue sie vorwurfsvoll an. In Sachen Partnerschaftswahl hat sich bei mir in letzter Zeit wirklich gar nichts getan. Vielleicht sollte ich mich mal bei den Frauen umschauen, wenn es mit den Männern nicht klappt.
Mein bisher intimstes Verhältnis mit einer Frau hatte ich, wie könnte es auch anders sein, mit Carla. Es ist etwa drei Jahre her, wir waren mal wieder von einer absoluten Rendezvous-Pleite zurückgekehrt und hatten es uns in unserer Wohnküche bei einer Flasche Grappa gemütlich gemacht.
»Wer brauchschon Männa … daswas
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