Dicke Moepse
Lokal. Eigentlich wollen wir uns gar nicht trennen. Erst jetzt bemerke ich, dass wir uns an den Händen halten. Es fühlt sich neu an, dennoch ist es nicht fremd, sondern vertraut. Und irgendwie richtig. Ich fühle mich bei Magdalena so verstanden, ohne mich erklären zu müssen. Als wir vor meinem Auto ankommen, bleibt sie stehen und legt die Arme um meine Taille. Dann passiert alles wie in Zeitlupe. Langsam streicht sie mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihre Berührung ist unglaublich sanft und vorsichtig, ihr Handrücken ist weich wie Seide. Ich lege den Kopf ein wenig zur Seite und schmiege ihn an ihren Arm, sauge ihren Duft durch meine Nase. Als sich unsere Lippen endlich berühren, fühlt es sich einfach unglaublich an. Magdalena schmeckt anders als alle Männer, die ich bisher geküsst habe. Ihre Lippen sind hundertmal zarter, kein Barthaar sticht und pikt, und obwohl wir reichlich Bier und Tequila konsumiert haben, schmeckt Magdalena eher süß und frisch als nach Alkohol. Nach dem blütenzarten Anfang wird sie forscher. Sie drückt mich an die Fahrzeugtür und küsst mich leidenschaftlich. Mir wird ganz schwindlig, und ich muss mich am Auto abstützen. Dann hält sie plötzlich inne.
»Ich gebe dir mal meine Nummer. Ich würde mich freuen, wenn du dich meldest«, sagt sie, dann dreht sie sich einfach um und lässt mich im Dunkeln stehen.
Am nächsten Morgen sitze ich mit Carla am Frühstückstisch und rühre nervös in meinem Kaffee. »Ich bin total durcheinander, Carla. Bin ich jetzt lesbisch? Wir verstehen uns prima, und der Kuss war grandios.«
»Ach Rosi. So schnell wird man nicht lesbisch«, entgegnet Carla. »Abgesehen davon, kann man das ohnehin nicht selbst entscheiden.«
»Ach ja? Und wenn ich vielleicht eigentlich schon immer auf Frauen stand, es aber bisher nicht gemerkt habe? Unser Professor für Biologie an der Uni hatte sein Coming-out auch erst mit 45. Das mussten seine Frau und seine Töchter erst mal verkraften!«
»Das ist doch Unsinn. Und das weißt du auch«, schimpft Carla. »Aber nun erzähl mal, wie ist es denn so, eine Frau zu küssen? Ich möchte es nämlich lieber nicht selbst ausprobieren.«
»Es war einfach angenehmer!«, sage ich. »Wobei man natürlich meinen bisherigen Männern zugutehalten muss, dass sich der ein oder andere im Laufe der Trainingszeit zu Höchstform hochgearbeitet hat. Es ist ja auch nicht so, dass ich beim Sex mit Männern nicht auf meine Kosten kommen würde«, sage ich nachdenklich. Das Thema ist wirklich nicht so einfach.
»Aber wenn du mit Frauen glücklicher wirst, ist es vielleicht einen echten Versuch wert.« Ich schaue Carla erstaunt an. Der katholischen Halbitalienerin scheint mein Glück wirklich sehr am Herzen zu liegen, sonst würde sie so etwas nicht zu sagen wagen. Ich rechne ihr das hoch an, dass sie mich in allem unterstützt, was mir so im Kopf herumgeht.
»Ich werde später noch darüber nachdenken. Jetzt muss ich erst mal zur Arbeit. Die Pflicht ruft!« Wahrscheinlich tut mir die Ablenkung gut. Kate und Moss müssen zu ihrer täglichen Joggingrunde ausgeführt werden, und danach sind die Zwergnilpferde dran.
Kate und Moss scheinen meine Sorgen zu spüren. Denn sie benehmen sich ausnahmsweise extrem vorbildlich und joggen, so schnell es ihre kurzen Beinchen zulassen, munter neben mir her.
»So, noch eine fröhliche Runde, dann geht es mal wieder auf die Waage!«
Moss schaut mich verzweifelt an, als wolle er mir sagen, dass er viel lieber gemeinsam mit Kate etwas essen gehen würde. Aber mittlerweile habe ich mich an den verzweifelten Rollmopsblick gewöhnt, und der Erfolg gibt mir recht: Die beiden haben jeweils bereits drei Kilo abgespeckt. Noch zwei Wochen, und sie sind wieder richtig fit. Die Sache mit den Möpsen ist derzeit das Einzige, was wirklich läuft wie am Schnürchen (oder sollte ich sagen: an der Leine?). Nicht nur, dass mir die Büchsenschützinnen fast die Füße küssen, weil ich ihnen das ungeliebte Neinsagen bei ihren Hundchen abnehme. Ich habe durch die regelmäßige Bewegung tatsächlich selbst auch ein paar Gramm abgenommen. Es ist wirklich phantastisch, und mein Hintern ist gleich viel knackiger.
»Sie sehen wirklich phantastisch aus, Frau Jakob!« Pamela Büchsenschütz ist meine optische Verwandlung nicht entgangen. »Haben Sie abgenommen?«, fragt mich auch ihre Schwester Ingrid interessiert. Sie schaut mich mit denselben Augen an wie Kate. Da soll nochmal einer sagen, Hundebesitzer würden
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