Dicke Moepse
dem Bauch nach oben schwimmen, mausetot sind. Magdalena antwortet an meiner Stelle, und wir müssen erfahren, dass Bruno der einzige Mensch auf Erden ist, an dem diese Erkenntnis völlig vorübergegangen ist. Er bricht in Tränen aus und wirft sich mir verzweifelt an den Hals. Ich blicke hilflos zu Magda hinüber, doch die zuckt nur mit den Schultern und grinst. Dann steht sie auf und verschwindet in Richtung Bar. Dankbar nicke ich ihr zu, als sie zurückkommt und eine Flasche Tequila auf den Tisch stellt. Eine halbe Stunde und ein paar Promille später hat Bruno seinen Kummer erfolgreich ertränkt und spricht fröhlich mit sich selbst.
Magdalena klopft Bruno kumpelhaft auf den Rücken und bereitet eine weitere Runde Tequila vor. Wir streuen wie in alten Zeiten Zimt auf unsere Handflächen, lecken ihn ab, um gleich danach den braunen Tequila hinunterzuspülen. Dann in die Orangenscheibe gebissen und die Augen zusammengekniffen. Herrlich!
»Weißt du noch, Rosi, wie wir damals auf der Klassenfahrt in Rom drei Flaschen Tequila geleert haben?« Magdalena fährt sich durch ihre braunen Locken und mustert mich eindringlich. Vielleicht liegt es am Tequila oder an Brunos Unvermögen, das männliche Geschlecht an unserem Tisch würdevoll zu vertreten – aber irgendwie sehe ich Magdalena plötzlich mit ganz anderen Augen. Bruno kaut mittlerweile Nathalia, unserer ehemaligen Klassensprecherin, das Ohr ab. Ihr scheint es zu gefallen, denn sie kichert in einem fort. Also schwelgen Magdalena und ich weiter in Erinnerungen.
»Ich erinnere mich dunkel, weiß aber nicht mehr so genau, wie der Abend ausgegangen ist«, sage ich zaghaft.
»Wie, das weißt du nicht mehr? Wir haben den Rest des Abends damit verbracht, Sandra die Haare aus dem Gesicht zu halten, während sie sich die Kloschüssel von innen ansehen wollte. Und zwar bis morgens früh um vier.«
»Oje, und am nächsten Tag ging es in den Vatikan, und wir hatten alle ein fürchterliches Dröhnen im Kopf. Das war aber nichts gegen Sandras grüne Gesichtsfarbe.« Magdalena und ich prusten los und kippen den nächsten Tequila.
»Und? Was machst du jetzt so?«, frage ich Magdalena interessiert. Sie hat ungeheuer schön geschwungene Augenbrauen. Und einen umwerfend extravaganten Stil, erwachsen und trotzdem originell. Den hatte sie schon zu Schulzeiten, damals war er nur ein bisschen bunter.
»Ich habe ’nen eigenen Laden in der Goltzstraße. Musik und Klamotten. Komm mich doch mal besuchen. Kaffee gibt’s immer, und für gute alte Bekannte kann ich auch mal einen Rabatt lassen.«
Klamotten und Musik, das hätte ich mir ja denken können. Sie prostet mir zu und nimmt einen Schluck. »Und bei dir so? Bist du verheiratet und hast Kinder?« Sie mustert mich zwischen ihren Haarsträhnen hindurch, als könnte sie die Wahrheit in meinen Augen lesen.
»Nein, ich bin Single. Ohne Kinder. Aber ich wohne mit zwei Freundinnen in einer WG«, gestehe ich. »In letzter Zeit lief es nicht so gut mit den Kerlen«, füge ich hastig hinzu.
»Mit Männern hatte ich bisher auch nie Glück. Hat mich aber auch nie so richtig interessiert. Frauen sind mir einfach lieber«, antwortet Magdalena daraufhin kokett und leckt sich mit der Zungenspitze frech über die roten Lippen.
»Männer verführen Frauen sowieso nur zu sadomasochistischen Handlungen. Alleine das Tragen von High Heels! Das dient doch nur der freiwilligen Unterwerfung. Frauen quälen sich mit hohen Hacken, engen Röcken und kneifender Unterwäsche, anstatt sich ihrer natürlichen Sinnlichkeit hinzugeben und sich so zu präsentieren, wie sie wirklich sind. Da soll nochmal einer den Islam kritisieren. Die Europäer machen es doch nicht viel anders. Nur, dass sie nicht offen dazu stehen, dass wir Frauen noch lange nicht auf gleicher Höhe stehen dürfen.« Ich muss an meine schmerzhafte Haarprozedur vom Nachmittag denken und nicke zustimmend.
Alles, was Magdalena sagt, klingt so einfach und selbstverständlich aus ihrem Mund, aus ihrem übrigens sehr verführerischen Mund.
Wir rücken immer näher aneinander heran, und dann legt sie auch noch den Arm um mich. Wir plaudern über Gott und die Welt. Es ist herrlich. Zwischen uns ist neben großer Vertrautheit auch noch eine Spannung, die ich noch nie erlebt habe. Es ist aufregend, neben einer Frau wie Magdalena zu sitzen und ihre Nähe zu spüren. Die anderen Partygäste sind schon gegangen, und der Kellner steht vor unserem Tisch, um abzukassieren. Wir zahlen und verlassen das
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