Dicke Moepse
Das mit dem Todesfall hätte er sich wirklich sparen können. Das war nicht sehr nett.
»Na, da hat ja mal jemand so richtig gute Laune. Kollegen kann man sich eben nicht aussuchen.«
»Wenn du wüsstest, wie recht du damit hast!«, erwidere ich dankbar.
»Was ist, wollen wir nicht zusammen einen Happen essen gehen?« René schaut mich auffordernd an.
»Ich kann leider nicht. Ich habe ja gerade erst meinen Dienst angetreten. Aber in einer Stunde stehe ich dir dann vollkommen zur Verfügung.« Und zwar sehr gerne in allen Bereichen, denke ich, muss erneut lächeln und drehe mich schwungvoll um. Im Verwaltungsgebäude muss ich mich noch umziehen. Eine begeisterte Erika Sonnebank kommt mir entgegen und sprudelt sofort los.
»Isch gloob, isch hadde grod ’nen opdischen Orgasmus! Is der Düb niedlisch!« Sie ist hin und weg. Wer kann es ihr auch verdenken? »Schätzschn, dieso Hindon macht ja den Fürsischn in Grieschnlond Gongurrenz!« Sie pfeift kurz durch die Zähne, dann verschwindet sie oben in ihrem Büro.
Summend schlüpfe ich in meinen beigefarbenen Overall. Attraktive Kleidung ist zwar was anderes, aber was soll’s? Er hat mit mir geflirtet! Ob er das mit jeder tut? Abwarten. Heute sollte ich aber unbedingt noch Magdalena anrufen, um klare Verhältnisse zu schaffen.
Angeln für Anfänger
Seit zehn Tagen hüpfe ich nun schon mit stolzgeschwellter Brust vor René Weiner auf und ab, im wahrsten Sinne des Wortes, aber er macht einfach keine Anstalten, nach meiner Telefonnummer zu fragen. Ist der blind? Nicht, dass er mich ignorieren würde, ganz im Gegenteil. Er ist wirklich reizend. Aber das ist er zu allen anderen eben auch: immer einen charmanten Spruch auf den Lippen, immer witzig, immer höflich, der absolute Traumkollege eben. Vielleicht ist er ja schwul? So viele positive Eigenschaften in Bezug auf nur einen Mann sollten eine emotional gebeutelte Frau wie mich schon stutzig machen, zumal ich auf dem Gebiet der Homosexualität ja inzwischen auch kein unbeschriebenes Blatt mehr bin. Wobei sich die Sache mit Magdalena mittlerweile in Wohlgefallen aufgelöst hat. Sie hat meine gestammelten Erklärungen sehr souverän genommen. Gerade verbringen wir die Mittagspause miteinander, sie hatte in der Nähe zu tun, und ich klage ihr mein Liebesleid.
»Mich wolltest du ja nicht, Schatz«, scherzt sie, während sie ihre Nudelsuppe löffelt. »Ich wüsste deine Vorzüge sehr wohl zu schätzen. Ich kann den Typen wirklich nicht verstehen.«
»Ich ja auch nicht«, nicke ich. »Immerhin haben wir uns vom ersten Augenblick prima verstanden. Da wollte er ja auch noch mit mir essen gehen.«
»Ja, und? Wie lief das?«, fragt Magdalena und klaut mir einen meiner Pommes.
»Nichts lief. Ich konnte nicht mit, weil ich gerade meinen Dienst antreten musste.«
»Ach so. Und auf deine Gegeneinladung hat er dann nicht mehr reagiert? Komischer Typ. Vielleicht hat er ’ne andere?«, spekuliert sie.
»Nein, nein, er hat keine Freundin, das hat unsere Buchhalterin Erika längst herausgefunden. Allerdings, so richtig abgelehnt hat er mich auch wieder nicht«, überlege ich.
»Wie? Entweder man sagt zu jemandem ja oder eben nein. Was heißt denn hier nicht so richtig nein? Das ist ja wie Bill Clintons Definition von Sex!« Magdalena bringt es mal wieder auf den Punkt, und das, obwohl es gerade darum geht, wie man um den heißen Brei herumredet.
»Ich will doch nur sagen, dass ich ihn noch nicht gefragt habe, ob er mit mir essen geht. Das kam mir irgendwie zu aufdringlich vor. Immerhin hatte er mich damals ja nur gebeten, ihn zum Mittagessen zu begleiten. Und bisher hat sich keine neue Gelegenheit ergeben, es nochmal zu versuchen«, stottere ich herum und merke selbst, wie blöd das klingt, was ich da gerade von mir gebe.
»Hör mal zu, Puppe. Du findest den Typen gut, und du hast jeden Tag die Möglichkeit, ihn zu bezirzen.« Ich nicke.
»Sein Arbeitsvertrag ist befristet, das heißt, sollte wirklich was aus euch werden, dann erledigt sich das leidige Liebeam-Arbeitsplatz-Thema von alleine. Und du würdest wirklich gerne mit ihm ausgehen.« Ich nicke erneut.
»Wo zum Henker ist denn dann das Problem? Frag ihn doch einfach, ob ihr den verpassten Lunch nachholen könnt! Mit mir gehst du ja auch essen, ohne dabei rot zu werden.«
»Nur mit dem Unterschied, dass ich mit dir nicht schlafen will«, kontere ich.
»Aber ich wollte mit dir schlafen und habe trotzdem kein Problem damit, mit dir essen zu gehen.« Sie zwinkert mir
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