Dicke Moepse
ich gerade aus wie ein angezündeter Osterhase, denn René kann sich das Lachen nicht verkneifen. Oje, nun bin ich endgültig eine Witzfigur für ihn. Immerhin finde ich jetzt meine Sprache wieder.
»Hör mal, wenn du es nicht ernst mit mir meinst, dann sag es besser gleich. Für irgendwelche Spielchen ist mir meine Zeit nämlich viel zu schade. Ich hätte es besser wissen müssen. Vor Männern wie dir hat mich meine Mutter immer gewarnt«, schimpfe ich los. René schaut erschrocken drein.
Er schüttelt den Kopf und nimmt mich in den Arm. »Liebes, aber ich meine es wirklich ernst mit dir. Allerdings bezweifele ich, dass uns beiden es wirklich guttun würde, wenn die Kollegenschaft von unserer Beziehung Wind bekommen würde.« Hat er da gerade Beziehung gesagt? »Beziehung« nach dem ersten Date, und das aus dem Mund eines Mannes! Ich sollte dafür einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde beantragen. Vielleicht meint er es doch ernst? Ich bin völlig verunsichert.
»Aber wieso hast du dann vorhin mit Andreas in meine Richtung gesehen und gelacht?«, frage ich.
»Ach das … das war nur so ein Männerding …«, beginnt René zögerlich, und erneut melden sich meine Zweifel.
»Was für ein Männerding?«, bohre ich hartnäckig nach.
»Das willst du doch gar nicht wissen«, sagt René beschwichtigend und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Ein wohliger Schauer überkommt mich, und ich bin kurz davor, ihm zu verzeihen.
»Doch. Ich will wissen, was ihr über mich gesagt habt!«
»O. k., du gibst ja doch keine Ruhe. Als du vorhin so zielstrebig über den Kiesweg gelaufen bist, sagte Andreas zu mir, dass du manchmal ganz schön sexy aussehen kannst, und ich habe das bestätigt. Das ist alles.« Jetzt wird René rot und schaut verlegen zu Boden.
»Wirklich? Du findest mich sexy? Und Andreas findet das auch?« Ich kann es gar nicht fassen, schließlich bekomme ich solche Komplimente nicht gerade täglich und schon gar nicht von zwei Männern auf einmal.
»ja, du bist hier heißbegehrt. Ich hoffe sehr, dass du diese Erkenntnis nicht schamlos ausnutzt und nun auch noch mit Andreas ausgehen willst«, sagt René.
Gott bewahre, die Gefahr besteht nun wirklich nicht, denke ich bei mir und lächle sanft.
»Ich muss jetzt was tun«, sagt René und streicht mir zum Abschied sanft über die Wange. Ein leidenschaftlicher Kuss wäre mir zwar lieber gewesen, aber hier weiß man ja nie, wer gleich um die Ecke biegt. Aufgeschoben ist ja auch nicht aufgehoben. Dabei fällt mir ein, dass wir gar nicht darüber gesprochen haben, wann wir uns wiedersehen werden. Privat, versteht sich. Und vielleicht auch mal so richtig privat. Um ehrlich zu sein, kann ich es kaum erwarten, mit René allein zu sein. Wenn mich seine Berührungen und Küsse schon so verrückt machen, wie wird es dann erst sein, wenn wir zusammen im Bett sind!
Die Erkenntnis, dass Männer den ganzen Tag nur an Sex denken, kann ich um eine Tatsache erweitern: Wir Frauen tun es auch, zumindest, wenn uns der Richtige vor der Nase herumhüpft. Das wird mit den Jahren nicht wirklich besser. Damals in der Pubertät hing ich schwärmend vor dem Poster von »Vanilla Ice« herum, aber in meinen gewagtesten Tagträumereien kamen höchstens gemeinsame Nachmittage in der Eisdiele vor. Heute male ich mir saftige Szenen im Bett aus, herrje.
»Entschuldige bitte, ich möchte dich nicht bei deiner Energiezufuhr stören, aber würdest du heute vielleicht noch deinen Pflichten nachkommen und unsere Tiere füttern, BE-VOR sie den Hungertod erleiden?« Andreas ist in die Küche gekommen und reißt mich unsanft aus meinen Gedanken.
»Man wird ja wohl mal eine Pause machen dürfen!«, maule ich und beiße demonstrativ in meinen Schokoriegel.
»Selbstverständlich. Aber möglichst nicht, bevor man überhaupt etwas getan hat«, kontert Andreas und durchforstet den Kühlschrank nach etwas Essbarem. Da ich mich nach unserem noch recht jungen Waffenstillstand nicht erneut mit meinem Chef anlegen möchte, verkneife ich mir einen Spruch zum Thema »Sklaventreiberei« und starre ihn stattdessen böse an. Wenn er nicht so attraktiv wäre, hätte er bestimmt überhaupt keinen Kontakt zu anderen Menschen außerhalb seines Arbeitsbereiches. Aber ab und zu wird wohl die ein oder andere, genauso wie ich, auf seinen oberflächlichen Lausbubencharme hereinfallen. Mehr hat der Kerl ja leider nicht zu bieten. Er ist stets pünktlich, erlaubt sich keinerlei Fehler und hat damit schon eine Menge
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