Dicke Moepse
unserer Haustür.
»Bitte ihn doch noch rein!«, wispert Carla mir zu. Das würde ihr so passen, dass der arme Kerl vorher noch durch die Prüfung meiner beiden gestrengen Mitbewohnerinnen muss!
»Ne, lass mal«, entgegne ich schnell und angele nach meiner Jeansjacke.
Carla wirft mir noch einen letzten prüfenden Blick zu.
»Alles in Ordnung. Du siehst toll aus. Also, schnapp ihn dir!«, ruft sie mir fröhlich hinterher. »Und bleib anständig!«, fügt sie schnell noch hinzu.
»Nein, sei unanständig!«, sagt Mel leise und knufft mich freundschaftlich in die Seite.
Ich lasse die beiden einfach stehen und eile die Treppen hinunter, wo René mich vor seinem Auto, einem dunkelblauen Audi, schon erwartet. Er reicht mir die Hand und deutet einen Handkuss an. Du meine Güte, der Typ ist einfach zu perfekt, um wahr zu sein, denke ich bei mir und ärgere mich im selben Moment schon wieder über mich. Rosi, sage ich zu mir, hör auf, ständig irgendwelche Fehler zu suchen!
»Los geht’s!«, sage ich laut zu René, eigentlich, um mich selbst in den Hintern zu treten. René hält mir galant die Wagentür auf, um mich zum Restaurant zu kutschieren. Mir fehlen die Worte: Das Lokal ist einfach zu süß! Ich wusste zwar, dass das Nachtleben unserer Stadt über unzählige Nischen verfügt, aber man ist doch immer wieder überrascht, was man alles noch entdecken kann.
Wir sitzen in einer kleinen Ecke, die nur mit Kerzen beleuchtet ist. René hat uns eine Flasche vorzüglichen Rotwein bestellt, die er fachmännisch ausgewählt hat.
Am liebsten würde ich mir das Essen sparen und den ganzen Abend einfach nur in seinen Augen versinken. Aber ich sollte mich zusammenreißen; so etwas tut man einfach nicht.
»Du siehst einfach bezaubernd aus! Die neue Frisur steht dir. Aber das ist ja nur die Meinung eines Amateurs«, sagt René und greift nach meiner Hand. Ein wohliger Schauer überkommt mich, und ich spüre, wie mein Herz erneut zu hämmern beginnt.
»Danke!«, sage ich mit belegter Stimme und greife schnell zu meinem Rotweinglas, um meine Kehle zu ölen.
»Ich bin ja so froh, dass du meine Einladung angenommen hast. Ich hatte doch Bedenken, schließlich sind wir ja Kollegen, und ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.«
Er ist so einfühlsam. Welcher Mann macht sich schon Gedanken über den Ruf einer Frau, wenn er sie nur ins Bett kriegen will? Er scheint wirklich ernsthaftes Interesse an mir zu haben. Wieso bin ich eigentlich immer noch so nervös? Lustlos stochere ich in meinem Essen herum.
»Schmeckt’s dir nicht?«, fragt René mich besorgt.
»Doch!«, beeile ich mich zu sagen. »Das Restaurant ist toll. Aber ich habe nicht so viel Hunger«, erkläre ich verlegen.
»Geht mir genauso«, sagt René. »Am liebsten würde ich dir den ganzen Abend nur in die Augen sehen.«
Ich bin auf dem besten Wege, mich Hals über Kopf zu verlieben.
»Entschuldige bitte, das war ganz schön direkt. Normalerweise bin ich nicht so, aber bei dir habe ich das Gefühl, ich kann einfach so sein, wie ich bin!«, fügt René schnell hinzu.
Ich lächle ihn an und versinke erneut in seinem tiefen Blick.
»Darf e ich Ihne noch was bringe?« Just in diesem Moment quäkt der italienische Ober dazwischen. Man kann eben nicht alles haben. Schließlich befinden wir uns immer noch an einem öffentlichen Ort.
»Möchtest du noch ein Dessert?«, fragt René liebevoll.
»Nein, danke.«
»Dann hätte ich gerne die Rechnung.«
»Tzusamme oda getrenn?«, fragt der Kellner.
»Zusammen natürlich.« René schüttelt verständnislos den Kopf, und ich schaue verlegen auf die Tischdecke. Das Kerzenwachs ist auf den weißen Stoff getropft und bildet einen kleinen roten See. Am liebsten würde ich das Wachs jetzt abzupfen, dann hätten meine Hände etwas zu tun. Aber ich reiße mich zusammen.
»Danke für die Einladung«, sage ich und lächele René erneut zu. Hoffentlich ist der Abend jetzt nicht schon vorbei! Ob ich ihm vorschlage, noch woandershin zu gehen? Ich habe ein bisschen Angst vor den unausweichlichen Entscheidungen, die solchen Abenden nachfolgen. Bisher lief alles perfekt. Aber noch geht es auch nicht ans endgültige Verabschieden, den Punkt einer Verabredung, an dem man die meisten Fehler machen kann. Was ist, wenn er mich jetzt bittet, noch zu ihm mitzukommen? Soll ich ja sagen? Oder besser nein?
So, liebe Rosi, wie willst du denn nun mit deinem Herzblatt verfahren? Wählst du Möglichkeit 1: Du schmiegst dich in seine Arme,
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