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Die 10. Symphonie

Die 10. Symphonie

Titel: Die 10. Symphonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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geschwollen.
    »Wir hatten es zwar nicht geplant«, ließ sich Bonaparte aus dem Hintergrund vernehmen, »aber wir werden einige Tage länger in Spanien bleiben, um bei dir zu sein.« »Danke«, murmelte Sophie. »Ich wüsste nicht, was ich ohne euch täte.«
    In der folgenden Stille überlegte Bonaparte, ob er die Frage, die ihm im Kopf herumging, jetzt schon stellen sollte. Schließlich rang er sich dazu durch: »Sophie, hast du mit der Polizei über uns geredet?« »Ich habe denen nur gesagt, dass ihr im selben Hotel wohnt wie ich. Warum fragst du?«
    »Meine Liebe«, antwortete die Prinzessin, »ich glaube, du hast ihnen noch etwas mehr erzählt. Du hast ihnen auch gesagt, dass du uns nach deiner Rückkehr von dem Konzert in unserem Zimmer aufgesucht hast, oder?«
    »Wollte die Polizei mit euch sprechen? Belästigt man euch?«
    Das Prinzenpaar wechselte einen komplizenhaften Blick. Die Prinzessin antwortete: »Heute Nachmittag war ein Subinspector mit Namen Aguilar hier und hat uns einen Haufen Fragen gestellt: Ob wir deinen Vater gekannt hätten, warum wir nicht zu dem Konzert gegangen seien, wo wir in jener Nacht gewesen seien, und so weiter. Wir haben deine Version bestätigt, doch du hättest uns vorher etwas davon sagen sollen. Außerdem haben wir sie ein wenig ausgeschmückt, damit sie dich nicht weiter behelligen.« »Mich behelligen? Wieso sollten sie?« »Den Zeitungen zufolge wurde dein Vater zwischen zwei und drei Uhr nachts ermordet. Als du in unser Zimmer kamst, war es nicht später als zwölf. Also haben wir der Polizei erzählt, dass wir uns bis drei Uhr unterhalten hätten.«
    »Aber das stimmt nicht. Ich bin nicht länger als eine halbe Stunde bei euch geblieben.«
    »Ich weiß, aber angesichts der Tatsache, dass dein Vater dir als einziger Tochter vermutlich sein gesamtes Vermögen hinterlassen hat, wird die Polizei alles tun, um Beweise gegen dich zu finden. Du bist zurzeit die einzige Person mit einem plausiblen Motiv.«
    »Wie kann jemand nur so etwas Grauenvolles denken? Ich soll meinen Vater umgebracht haben?« »Wenn sie es nicht ohnehin schon annehmen«, fuhr die Prinzessin fort, »werden sie das tun, sobald das Testament eröffnet wird. Wir haben dafür gesorgt, dass du ein perfektes Alibi hast, denn wir werden aussagen, dass du zu der Zeit, als der Mord verübt wurde, in unserem Zimmer warst.«
    »Glaubt ihr wirklich, es ist nötig, die Polizei anzulügen? Ich kann beweisen, dass ich nach dem Konzert ins Hotel zurückgekehrt bin. Schließlich hat mir der Portier den Schlüssel gegeben.«
    »Du hättest es in der Nacht jederzeit wieder verlassen können, sobald das Personal durch irgendetwas abgelenkt war«, sagte die Prinzessin, die sich in der Rolle der Anwältin des Teufels ausnehmend gefiel.
    »Ihr seid sehr liebenswürdig«, antwortete Sophie, »aber ich glaube einfach nicht ...«
    »Doch, Sophie, es war notwendig«, gestand Bonaparte nun eher widerwillig ein. »Ich stehe am Beginn meiner politischen Laufbahn und kann es mir auf keinen Fall erlauben, in einen Skandal verwickelt zu werden. Wir sind dein Alibi, aber dadurch bist du nun auch unseres.« »Wir schaden ja niemandem«, erklärte die Prinzessin. »Wir drei sind unschuldig und möchten den Täter schnellstmöglich hinter Gittern sehen. Nur wollen wir von der Polizei, soweit es geht, in Ruhe gelassen werden. Stell dir nur vor, man würde uns aus irgendeinem Grund kurzfristig ein Ausreiseverbot aus Spanien erteilen. Das würde Louis-Pierre wirklich große Unannehmlichkeiten bereiten! Er soll doch nächste Woche einen Vortrag in Stockholm halten.«
    W ährend Sophie wie betäubt überlegte, wer hier wem schadete oder nützte, fiel der Prinzessin in dem Haufen Gegenstände und Papiere, die sich auf dem Nachttisch türmten, ein kleines Holzrad mit zwei konzentrischen Scheiben voller Buchstaben und Zahlen auf.

    »Was ist das?«, fragte sie und nahm das Rad in die Hand. »So etwas habe ich noch nie im Leben gesehen.« »Das hat mir mein Vater vor einigen Wochen zum Geburtstag geschenkt. Es ist eine Alberti-Scheibe zum Chiffrieren und Dechiffrieren von Nachrichten.«

21

    Wegen der heftigen Auseinandersetzung, die sie im Restaurant gehabt hatten, erlaubte Alicia Daniel nicht, sie zum Flughafen zu bringen. Das mussten nun Humberto und Cristina übernehmen. Nachdem die beiden sich am Terminal von ihr verabschiedet hatten, kamen sie auf Daniels Wunsch in ein Cafe in der Nähe seiner Wohnung, um gemeinsam zu frühstücken und alles

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