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Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arndt
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Denn auch dies unterscheidet den Rassismus von anderen imperialen Diskriminierungsideologien: Er erfasst die gesamte Welt.
    Wenn ich in Ghana als Weiße für reich gehalten werde, dann ist das nicht rassistisch – wohl aber ein Erbe des Rassismus. Insgesamt ist die Annahme irrig, dass Ausgrenzung oder Diskriminierung, die Weiße von Schwarzen erfahren, rassistisch bzw. «umgekehrt rassistisch» sei. Wenn Schwarze Weiße als Weiße markieren oder ihnen bestimmte Attribute zuschreiben, repräsentiert dies ein Reservoir von Strategien zur Abgrenzung oder des Widerstandes, das sich auch der Codes und Kategorien dieser
weißen
Erfindung bedienen kann.
    Wenn sich People of Color in Musik, Literatur und Kunst sowie in widerständigen Selbstbenennungen mit rassistischen Fantasien und Begriffen auseinandersetzen und dabei rassistische Begriffe aufrufen – Rapper etwa mit dem «N-Wort» polemisieren –, so sind diese terminologischen Nutzungen als Ausdruck eines komplexen und uneinheitlichen marginalisierten Feldes von Selbstpositionierungen zu verstehen.
    13. Warum ist es irreführend, von Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit zu sprechen, wenn Rassismus gemeint ist?   In Deutschland schrecken viele davor zurück, das Wort Rassismus in den Mund zu nehmen. Begriffe wie Fremdenoder Ausländerfeindlichkeit gehen leichter über die Lippen – auch wenn Rassismus gemeint ist.
    Beide Begriffe suggerieren, dass es um Feindseligkeit geht oder auch Hass, alternativ findet sich der Gebrauch von «Ausländerhass» bzw. «Fremdenhass». Rassismus aber wirkt komplexer, ist auch dann am Werk, wenn vermeintlich wohlwollend Komplimente über Haut, Haar oder Rhythmusgefühl ausgeteilt werden. Rassismus heißt, zu unterstellen, es gebe «Rassen» und diese bedingen, dass Menschen (genetisch definiert) verschieden sind – dass sie unterschiedlich aussehen und deswegen bestimmte Dinge (nicht/besser) können und zu bestimmten Kulturen dazugehören (oder eben auch nicht).
    Nun könnte man meinen, dass Begriffe wie Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit zumindest exakt beschreiben, was rechtsradikale Menschen motiviert. Doch auch hier sind beide Begriffe unzutreffend. Zum einen ist Feindlichkeit eine zu vage Vokabel für die systematisch verfolgten Ziele des Rechtsextremismus und deren strukturelle Absicherung und gewaltvolle Umsetzung. Zum anderen sind ja keineswegs alle Ausländer_innen bedroht.
Weiße
Brit_innen etwa sind nicht betroffen, türkische Deutsche aber schon, obgleich sie gar keine Ausländer_innen sind. Als «Fremde» erscheinen sie allein jenen, die eine klare Vorstellung vom Eigenen haben und davon, dass etwa Deutschsein und Schwarzsein unvereinbar seien. Damit wird «fremd» zur gefährlichen Kategorie, weil sie das Denken aufgreift und fortschreibt, dass Menschen, die als «fremd» bezeichnet werden, tatsächlich «Fremde» seien. Der Begriff «Fremdenfeindlichkeit» reproduziert rassistische Logiken, die in vereinfachenden Lösungsansätzen münden, wie etwa, dass es ausreiche, «Fremde» besser zu verstehen und ihnen gegenüber mehr Toleranz auszuüben. Auch diese Aussage baut auf einem Raster auf, das klar zu benennen vermag, wer dazu gehört – und wer nicht. Dabei kommt jene Annahme ins Spiel, die bereits im in der griechischen Antike gebräuchlichen Begriff «Xenophobie» angelegt ist, nämlich dass eine anthropologische Grundkonstante existiere, die der Kultur der «Anderen» («Fremden») nahezu reflexhaft feindselig begegnet. Karl Valentins (1882–1948) berühmter Aphorismus «Fremd ist der Fremde nur in der Fremde» kommt hier in den Sinn.
    14. Was ist Kolonialismus?   Die meisten Kolonialismusdefinitionen setzen bei der etymologischen Herkunft des lateinischen Wortes
colonia
an, was so viel heißt wie
Farm
oder
Siedlung.
Manche sehen einen komplementären Zusammenhang zu
colere
(
kultivieren
oder
gestalten
). Diese antike römische Sicht bringt das Selbstverständnis der Kolonisierenden zum Ausdruck, wonach Siedlungen und Farmen, Kultur und Geschichte dort errichtet werden, wo zuvor etwas unbewohnt oder zumindest unkultiviert und ungestaltet, sprich «unzivilisiert» gewesen sei.
    Kolonialismus bezeichnet aber ein Herrschaftsverhältnis. Es mag unbewohnte Flecken der Erde gegeben haben, das Hauptgeschäft des Kolonialismus aber spielte sich auf bewohnten Territorien ab. Gelegentlich begnügte sich eine Kolonialmacht anfänglich damit, vergleichsweise symmetrische Handelsbeziehungen zu unterhalten. In der Regel

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