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Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arndt
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Intellektuellen und Politiker_innen, die umdie Jahrhundertwende Kolonialagitation betrieben und «rassentheoretischem» Denken anhingen, sind als geistige Adepten der Nationalsozialisten und ihrer «Blut-und-Boden-Ideologie» anzusehen. Sie sind aber zeittypische Beispiele aus der Jahrhundertwende und vom Vorabend des Ersten Weltkrieges, die veranschaulichen, wie weit nationalistische, chauvinistische, imperialistisch/kolonialistische und letztlich «rassentheoretische» Paradigmen in die Mitte der Gesellschaft vorgestoßen waren.
    38. Können nur Weiße erröten?   In der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts wurden Scham, Moralempfinden, ja, menschliche Würde schlechthin mit einem leichten Erröten, insbesondere bei Frauen, verbunden. Dafür steht das fast schon exzessive Erröten von Fanny Price in Jane Austens Roman
Mansfield Park
(1814). Es vermittelt, dass sie empfindsam ist und sie diese Gefühle nicht maskiert. Es markiert aber auch ihre Fähigkeit zu Scham und Scheu und visualisiert damit die Reinheit ihrer Seele.
    Allgemein dient das Erröten in der Literatur als stilistisches Mittel, um Tugend, Sittsamkeit und Unschuld eines Charakters zu unterstreichen oder zumindest zu markieren, dass einer Figur gerade etwas unangenehm oder peinlich ist. Dabei handelt es sich fast immer um weibliche Charaktere und fast immer sind sie
weiß.
So ist denn auch die Annahme weit verbreitet, dass nur Weiße erröten können.
    Diese Annahme aber ist falsch. Denn Erröten ist ein biologischer Vorgang, der sich in jedem menschlichen Körper abspielt. Es handelt sich um einen intensiveren Durchblutungsprozess. In verschiedenen Sprachen gibt es dafür unterschiedliche Wörter und nicht immer ist ihnen die Farbe «Rot» eingeschrieben. Denn tatsächlich findet der biologische Vorgang, der im Deutschen als «erröten» und im Englischen als «blushing» bezeichnet wird, auch dann statt, wenn der Teint der Haut sich anderweitig verfärbt.
    Als Charles Darwin (1809–1882) die aristotelische Lehre von der Unveränderlichkeit der Gattungen mit seiner Evolutionstheorie widerlegte, geriet vieles aus den Fugen. Er widersprach allerdings nicht grundsätzlich bestehenden «Rassentheorien»; seine fand im «Erröten» ein wichtiges Axiom. Er argumentiert monogenetisch, dass sich die Menschen mehr oder weniger aus einer Elterngruppe heraus entwickelt und in späteren Entwicklungsstadien ausdifferenziert hätten. Die einzelnen «Menschenrassen» würden sich vor allem äußerlichvoneinander unterscheiden und hätten einen gemeinsamen Ursprung, insgesamt überwögen Gemeinsamkeiten, weshalb es angeratener sei, von «Supspecies» denn von «Menschenrassen» zu reden. Zugleich konstatiert er so starke soziokulturelle Unterschiede zwischen den «Menschenrassen», dass zahlreiche seiner Schriften dem Rassismus, Kolonialismus und später dem Nationalsozialismus unverzichtbare wissenschaftliche Grundlagenwerke wurden. So schien es ihm selbstverständlich, dass sich «civilisirte Rassen … Veränderungen aller Art viel besser» anpassen bzw. diesen widerstehen könnten «als Wilde». Vor allem eine «Kreuzung mit civilisirten Rassen» könnten den «Wilden» helfen, ein höheres Entwicklungsstadium zu erlangen. Dem stehe allerdings entgegen, dass die «civilisirten Nationen» selbst wiederum zur Selbstrekrutierung neigen und innerhalb dieser die Klassen unter sich bleiben sollten. Zwischen den Menschen gebe es keine relevanten biologischen Unterschiede, jedoch komme äußeren Unterschieden größte Bedeutung zu. Darwin ist bestrebt, die oft behaupteten Unterschiede zwischen «Rassen» so zu erklären: Unterschiedliche Sozialisationsprozesse hätten sich genetisch eingeschrieben. Anschaulich wird dies in Darwins Ausführungen zum «Erröten». Dieses bezeichnet er als die «eigenthümlichste und menschlichste aller Ausdrucksformen». Immerhin kommt er zu der Einsicht, dass alle erröten (
blush
) können. Aber er sieht dabei zwei soziokulturelle Unterschiede: People of Color würden erröten, weil hier eine erhöhte «Selbstaufmerksamkeit», die durch die Erziehung durch Weiße erfolgt sei, zu Buche schlägt.
    39. Wer oder was war Jim Crow?   1861 schaffte das zaristische Russland die Leibeigenschaft ab. Die USA folgten vier Jahre später. Der nordamerikanische Bürgerkrieg 1861–1865 einte nicht nur die USA territorial, sondern zwang auch den unterlegenen Süden dazu, den 13. Zusatzartikel zur Verfassung – das Verbot der Sklaverei

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