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Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arndt
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welchem Zusammenhang welchen Begriff warum verwendet. Anders ausgedrückt: Die Semantik ist abhängig vom Kontext der Sprechenden.
    52. Woran erkenne ich rassistische Wörter?   Um den rassistischen Gehalt von Wörtern zu erkennen, ist es sinnvoll, folgende Fragen zu stellen.
    1. Es ist aufschlussreich, die Entstehungsgeschichte eines Wortes zu befragen: Wie und wann ist ein Begriff entstanden? Was bzw. wer wurde damit bezeichnet? Wer hat ihn benutzt und mit welchen Wertungen versehen?

Die Bezeichnung «Mulatte» lässt sich beispielsweise etymologisch aus dem spanisch-portugiesischen
mulato
von
mulo
, Maulesel, Maultier, einer Kreuzung zwischen Pferd und Esel herleiten, die keinen Nachwuchs bekommen kann. Mit dieser Anlehnung wird nicht nur impliziert, dass die Eltern dieser Kinder angeblich zwei verschiedenen «Rassen» angehören. Hinzu kommt, dass ein aus der Tierwelt stammender Begriff auf Menschen übertragen wurde, um rassistisch zu behaupten, Kinder aus Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen seien unfruchtbar.
    2.
Es ist wichtig, sich den
(
aktuellen
)
Gebrauchsgehalt eines Begriffs bewusst zu machen: Welche der ursprünglichen Bedeutungsteile sind erhalten, werden heute auch immer noch reproduziert, schwingen in der Verwendung mit bzw. welche neuen/zusätzlichen Konnotationen hat das Wort?

Der Begriff «Farbige_r» spielt auf die «Hautfarbe» eines Menschen an und suggeriert, Weiße hätten keine «Haut-Farbe». Denn wenn die einen so, also als «bunt», markiert werden, schwingt zugleich die Annahme mit, es gäbe Menschen, die keine Farben hätten. Bezogen auf Weiße negiert der Begriff «Hautfarbe», dass alle Farbtöne von Haut Haut-Farben sind. Dabei reproduziert der oben genannte Begriff, dass es die Norm sei,
weiß
zu sein. Im Begriff People of Color bleibt zwar «farbig» metaphorisch erhalten, allerdings widersetzt sich das vorangestellte «people» (= Menschen) der rassistischen Annahme, rassistisch markierte Menschen seien keine bzw. minderwertige Menschen. Dabei hat People of Color zudem gegenüber der Bezeichnung «people»/»Menschen» den Vorteil, nicht auszublenden, sondern vielmehr zu unterstreichen, dass diese Menschen vom Rassismus diskriminiert werden.
    3.
In welchen Wortkombinationen und -zusammensetzungen, Phrasen, Redensarten und Redewendungen kommt ein fraglicher Begriff vor? Durch diese Perspektive können zum einen abwertende Konnotationen eines Wortes bewusst gemacht werden. Zum anderen kann so gezeigt werden, wie in angeblich wertneutralen Formulierungen diskriminierende Wörter unreflektiert verwendet und dadurch beständig reproduziert werden.

In der Phrase «ich bin doch nicht dein N.» wird beispielsweise die Vorstellung transportiert und verfestigt, dass mit diesem Wort bezeichnete Menschen zu Hilfsdiensten für Weiße geboren wurden. Es liegt auf der Hand, dass dem «N-Wort» eine negative Bedeutung anhängt und nicht wertneutral gebraucht werden kann.
    4.
In jedem Fall ist es lohnend, Assoziationen abzurufen, die sich mit einem Wort verbinden.
So könnte man fragen: «Schließen Sie bitte die Augen und stellen Sie sich einen ‹Häuptling› vor, was sehen Sie?» Die Antworten enthalten immer kolonialistische Fiktionen und Fantasien.
    5.
Es kann gefragt werden, ob das Wort auch auf den deutschen/europäischen Kontext bzw. Weiße übertragen werden könnte, also beispielsweise getestet werden, wie sich der Begriff für weiße Deutsche als Eigenbezeichnung anfühlen würde.

Warum werden beispielsweise Deutsche oder Schott_innen nicht als «Stämme» oder «Eingeborene» bezeichnet, warum ein Schwarzer Deutscher, nicht aber ein Kind aus einer Weißen französischdeutschen Beziehung als «Mischling», warum Holzkreuze nicht als «Fetisch»?
    6. Es kann geprüft werden, ob es sich um symmetrische oder asymmetrische Begriffsverwendungen handelt.

Gerade bei Benennungen, die aus zwei Wörtern bestehen und in denen der erste Bestandteil den zweiten in der Regel näher spezifiziert, kann gefragt werden, ob es ein Pendant dazu gibt oder ob es sich um eine einseitige Spezifizierung handelt, so dass eine Normvorstellung unbenannt bleibt. Warum wird beispielsweise von «Bananenrepublik» geredet, nicht aber von «Kartoffelrepublik»?
    53. Was haben «Hottentotten» und «Buschmänner» mit «Barbaren» zu tun?   Ganz einfach: es gibt sie nicht, jedenfalls nicht außerhalb eines kolonialistisch geprägten Sprachgebrauchs. Es handelt sich um Neologismen, die sich nicht auf

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