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Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arndt
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Binnendifferenzierungen eine verrohte und demokratieunfähige Seele attestiert. Afrika kehre, heißt es im Umschlagtext, in die Steinzeit, «in jenen Zustand zurück …, den Joseph Conrad im
Herz der Finsternis
beschrieben hat». Afrika gehe unter und sei dafür allein verantwortlich. Er ruft alle Adjektive auf, mit denen in der europäischen Öffentlichkeit afrikanische Gesellschaften assoziiert werden: korrupt, kriegerisch, faul, unfähig, krank.
    Wenn ich Menschen in Deutschland Fotos von afrikanischen Großstädten zeige und frage, wo könnte diese Stadt liegen, kennen nur wenige eine dieser Städte, fast niemand tippt auf Afrika. Wenn über Korruption in Europa gesprochen wird, sind dies Ausnahmefälle. Wenn aber hier über Korruption in Afrika gesprochen wird, gehört das selbstverständlich zum «System Afrika». Die Liste ließe sich unentwegt fortführen.
    Die Rede vom «unterentwickelten, unzivilisierten und undemokratischen Afrika» hilft zu legitimieren, dass der Westen letztlich auf Kosten der «Anderen» lebt. Und sie hilft dabei, sich selbst zu schützen. Etwa mit solchen törichten Behauptungen, Afrikaner_innen könnten sich nicht vor HIV-Infektionen schützen, weil sie unwissend und gleichzeitig sexuell hyperaktiv seien.
    Scholl-Latour, Hofmann und ähnliche Autor_innen sind überaus beliebt, weil ihr Afrikabild nicht nur nicht irritiert, sondern praktisch alle Stereotype, Vorannahmen, Behauptungen, «Wahrheiten» aus kolonialer und postkolonialer Zeit zu bestätigen scheint. Sie lassen ihre Leser_innen in größtmöglicher Ruhe zurück. Literatur und Denken und Nachdenken stiftet eigentlich Unruhe, Selbstkritik, Hinterfragen. Eigentlich: «Unsere afrikanischen Expert_innen» tun das Gegenteil und sind damit so erfolgreich, dass das nicht nur an ihnen selbst liegen dürfte.
    72. Kann Feminismus rassistisch sein?   Frauenrechtsforderungen im modernen Sinn treten seit der Französischen Revolution auf. Protagonist_innen führten damals das Wort
femme, woman
oder Frau im Munde, als sprächen sie für alle Frauen der Welt, de facto meinten sie aber nur
«weiße
Frauen». Dass «Sklave» im Sinne von «Frauen sind die Sklaven der Welt» vielen von ihnen als Metapher diente (zum Teil bis heute), zeigt, dass sie zwar die skandalösen Lebensumstände versklavter Menschen kannten, diese Verbrechen aber nicht einzuordnen wussten. Manche setzten sogar die Sklavenmärkte parabelhaft mit der patriarchalischen Verheiratungspolitik gleich. Die metaphorische Aneignung der Gräuel der Sklaverei führte nur bei wenigen, wie etwa Olympe de Gouges (1748–1793), dazu, dass sie auch gegen die Sklaverei anschrieben. Doch letztlich konzentrierte sich auch Olympe de Gouges in ihrer
Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin
ebenso wie ihre englische Mitstreiterin Mary Wollstonecraft (1759–1797) in
Plädoyer für die Rechte der Frau
allein darauf, diepraktische Umsetzung der Menschenrechte für
weiße
Frauen einzufordern. Sojourner Truth hingegen hielt 1851 eine abolitionistische wie feministische Rede auf der
Ohio Women’s Right Convention,
die chorusartig von der Frage
Ain’t I a Woman?
durchzogen war – in Anlehnung an Josiah Wedgwoods berühmtes Briefsiegel
Am I not a Man and a Brother?
Diese Stimmen wurden in Europa wie Nordamerika vereinzelt gehört, aber weitaus häufiger überhört.
    Die deutsche Frauenbewegung stellte keine Ausnahme dar, kam aber noch konservativer als ihre Schwesterbewegungen in Frankreich oder England daher und sah in Weiblichkeit eine «natürliche Ergänzung des Männlichen», deklarierte Mutterschaft als «naturgegebene Mission» und beförderte «rassenhygienische» Überlegungen. Die bürgerliche Frauenbewegung war zudem personell wie strukturell mit kolonialen Frauenorganisationen verquickt, etwa der 1907 gegründete
Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft.
Ihr Ziel bestand darin,
weiße
Frauen in die deutschen Kolonien zu entsenden, um zu verhindern, dass
weiße
Männer mit Schwarzen Frauen Kinder zeugten, was, wie es im rassistischen Kolonialjargon hieß, zur «Verkafferung» der Männer und Kolonien führen würde. Anhängerinnen radikalerer Frauenbewegungen sahen das anders, kritisierten aber allein den als naiv eingestuften Glauben, angesichts triebhafter männlicher Sexualität ließe sich eine solche Entwicklung ohnehin nicht verhindern. Die sozialdemokratische Frauenbewegung wiederum war in der kolonialen Frage gespalten. Nur wenige teilten Rosa Luxemburgs und Karl

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