Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär
rauaauachmeiaen!« sagte der Planmacher, immer noch in Ballform, titschte kurz auf dem Boden auf und schubste uns aus seinem Büro.
Bevor ich mich auf den Weg zum anderen Ohr begab, wollte ich noch eine Abschiedsvorstellung geben, Eintritt frei.
Ich wollte den besten Traum komponieren, den ich an der Orgel zusammenbrachte, die Krönung meines OEuvres. Ich nannte ihn ganz schlicht:
Der Traum des Zyklopen
Das Urmeer, unter Wasser. Klassische Zyklopenmusik. Feuerquallen steigen auf wie brennende Fesselballone. Ein Tyrannowalfisch kommt ins Bild, wir verfolgen seinen Weg. Der Wal verschluckt einen Schwarm Haifische. Träge vom Essen schwimmt er weiter. Das ist der Augenblick, in dem sich der Bollogg, der ihn die ganze Zeit beobachtet hat, auf den Rücken des Wals schwingt. Ein titanischer Kampf beginnt. Der Bollogg hält den Wal, der wild durchs Wasser peitscht, in eisernem Griff, bis der Riesenfisch erschöpft ist. Dann läßt sich der Bollogg auf seinem Rücken ans Ufer tragen. Anstatt den Wal an Land zu schleppen und zu verspeisen, läßt er ihn frei. Der Wal schwimmt in den Sonnenuntergang. Pathetische Musik.
Schnitt.
Das urzeitliche Zamonien. Der Himmel leuchtet in allen denkbaren Farben, Kometen schießen am Firmament vorbei. Horch! Ferner Donner. Nein - das ist kein Donner! Schnitt.
Es ist eine Keulenschlacht! Hundert Bolloggs stehen in einer Tiefebene und schlagen sich ihre Keulen um die Ohren. Wir stürzen uns in die Schlacht. Zwanzig Minuten Keulenschlä- gerei, schnell geschnitten.
Schnitt.
Romantische Musik. Müde schleppt sich unser Bollogg nach Hause, zu seiner Geliebten. Sie sitzt in einem Tal und pflückt Rieseneichen, um sich daraus einen Kranz zu flechten. Der Bollogg möchte ein Küßchen für die erfolgreiche Keulenschlacht. Plötzlich dramatische Musik! Das Bolloggmädchen weist ihn zurück. Er hat ja gar kein Geschenk mitgebracht. Wenigstens eine Keule hätte er erbeuten können. Schnitt.
Traurige Musik. Der Bollogg schlurft durch einen Meteoritenregen. Was soll er der Geliebten nur bringen? Hätte er doch den blöden Wal erwürgt! Da! Horch! Ferner Donner! Schon wieder eine Keulenschlacht?
Nein. Es ist ein ausbrechender Vulkan.
Plötzlich hoffnungsvolle Musik. Der Bollogg geht zum Vulkan. Zärtlich blickt er auf den niedlichen Berg herab. Dann fängt er an, ihn zu pflücken. Ganz vorsichtig gräbt der Bollogg den Vulkan aus der Erde. Ganz tief muß er graben, damit er den Lavastengel bis zur Feuerwurzel herausholen kann. Wie eine Tulpe trägt er den tätigen Vulkan vor sich her, mit seinem langen Stengel aus erkaltetem Basalt. Ganz vorsichtig, damit ihm die Lava nicht über die Finger läuft. Schnitt.
Das Bolloggmädchen sitzt schmollend im Tal. Der Bollogg überreicht ihr den brodelnden Vulkan. Sie lächelt. Das Eis ist gebrochen. Sie gibt ihm einen Kuß. Romantische Musik. Schnitt. Der Urzeithimmel. Brennende Meteore zerplatzen am Himmel wie ein gigantisches Feuerwerk.
Schluß.
Es war nicht einfach, sich von 16 U zu verabschieden. Sie hatte soviel für mich getan, und ich konnte ihr nichts zurückgeben.
»Hat mir Spaß gemacht, mal was Sinnvolles zu tun«, sagte sie. »Außerdem waren die Träume Spitze. Jetzt wird es wohl mit der Traumkultur im Bolloggkopf wieder den Bach runtergehen. Machen wir's einfach kurz.«
Traurig schlurfte sie davon, zurück ins Tal der schlechten Ideen.
Ich marschierte in die andere Richtung, nach der Karte gegen Osten. Der Plan sah vor, am See des Vergessens vorbei über eine serpentinenförmige Gehirnwindung zur anderen Hirnhemisphäre zu gehen.
Als ich zum See kam, stiegen mir mit den Schwefeldämpfen auch üble Erinnerungen in die Nase. Ich ging zügig vorbei und stieg die Serpentine hoch. Wenn ich mich beeilte, konnte ich es in wenigen Tagen schaffen.
»Du willst doch nicht etwa einfach so abhauen, was? Wir haben noch eine Rechnung offen. Fccchhh!« fauchte eine Stimme, die ich schon längere Zeit nicht mehr vernommen hatte. Es war der Wahnsinn, der hinter einer Gehirnfalte gelauert hatte.
»Ich habe lange darauf gewartet, bis du mal alleine bist. Warst ja mächtig populär hier mit deinen Träumen. Aber jetzt bist du allein.«
»Laß mich in Ruhe. Ich hab' dir nichts getan.«
»Ich bin der Wahnsinn. Fchhh! Ich brauche keinen Grund, um etwas Böses zu tun.«
»Du hast sie ja nicht mehr alle!« Etwas Originelleres fiel mir im Moment nicht ein.
»FFCCHHH!« fauchte der Wahnsinn jetzt sehr laut. »Sag nicht so was zu mir!«
»Was denn?
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