Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär
Diese Mischpflanze verfügt über einen sehr hohen Nährwert und andere Qualitäten, die insbesondere von den Gimpeln geschätzt werden.
Die Gimpel ernährten sich fast ausschließlich von diesem blauen Kaktuspilz, und, da ich ja jetzt sozusagen ein EhrenGimpel war, auch ich. Schließlich waren wir in einer Wüste, viel anderes gab es nicht zu essen, es sei denn, man mochte Zuckerstaub oder verstand sich darauf, elektrische Giftnattern oder Skorpionhydren zu fangen und zuzubereiten.
Gimp wuchs in der Süßen Wüste unter fast jedem größeren Stein, hatte immer Saison und war leicht zu ernten und zu konservieren. Wenn man viel Gimp gegessen hat (und die Gimpel aßen eigentlich dauernd welches), gerät man in einen Zustand alberner Ergriffenheit. Einerseits mißt man allem, was man sieht oder was passiert, eine viel größere Bedeutung zu, als es ihm gebührt, andererseits scheint auch alles irgendwie lachhaft zu sein. Die meisten Gimpel befanden sich in einem Dauerzustand von heiterer Ekstase, oft mußten wir die ganze Karawane anhalten, weil irgendein Gimpel in die Betrachtung eines Kaktusblattes oder einer Dünenfalte versunken und nicht weiterzubewegen war. Ständig wurde gekichert und geprustet, und andauernd bekam jemand einen Lachanfall. Bei Lachkrampf wurde grundsätzlich die Karawane angehalten. Man wußte, daß ein Gimpel in diesem Zustand eine hilflose Person war, und die ließ man nicht allein in der Wüste zurück - das konnte ja jedem passieren. Manche Lachanfälle dauerten stundenlang, nicht selten mußten die Opfer auf einem Kamedarhöcker festgebunden werden, damit es überhaupt weiterging. Andere Anfälle waren so ansteckend, daß sich nach und nach die ganze Karawane in Zwerchfellkrämpfen auf dem Boden wälzte. So kamen wir eher schleppend voran. Andererseits sorgte das Gimp dafür, daß die Gimpel überhaupt vorwärts kamen. Unter seiner Wirkung bekam einfaches Gehen eine magische Qualität, man konnte stundenlang marschieren, ohne zu ermüden, und blieb außerdem bester Laune. Man hatte das Gefühl, mit drei Meter langen Beinen aus Kaugummi auf dem Mond spazierenzugehen, selbst wenn man sich bei mörderischen Temperaturen eine Düne hochkämpfte.
Gimp schmeckt übrigens ausgezeichnet, geschmacklich etwa zwischen Thunfisch und Schweinebraten, mit dem leichten appetitanregenden Aroma von Salbei. Roh entfaltete es seine stärkste Wirkung, am leckersten, aber auch am wirkungslosesten war es gebraten oder gekocht. Man konnte es außerdem grillen und dämpfen, pürieren und vorgebraten in Öl einlegen. Getrocknet und luftdicht verpackt hielt es sich praktisch ewig, noch länger konnte man konzentriertes Gimp aufbewahren, das pulverisiert und mit einer Mischung aus Salz und Ameisenöl zu kleinen Kügelchen gepreßt wurde, auf denen man stundenlang herumkauen konnte. Mit Wüstenzucker und Vanille verkocht, dann abgekühlt und in Stücke gebrochen, ergab es leckere Gimpbonbons. Ganz fein gemahlene Pilze dienten als Gewürz für Gimpgerichte, was mir allerdings so sinnvoll vorkam, als würde man eine Zitrone mit Zitronensaft würzen. Aufpassen mußte man nur auf die Stachel, die waren hochgiftig. Stach man sich daran, fiel man einfach um und war tot, bevor man den Boden berührte. Aber ohne Stachel war das Gimp völlig harmlos. Man mußte nur sozusagen die Gräten entfernen.
Gewisse Probleme hatte ich zunächst bei der Fortbewegung auf dem Kamedar. Der Ritt auf diesem Wüstentier ist nicht gerade komfortabel und sehr gewöhnungsbedürftig. Während man beim Pferd den Eindruck hat, es bewege sich zu klassischer Musik, sieht es beim Kamedar so aus, als bewege es sich zum Takt einer Trommel, die von einem Betrunkenen geschlagen wird. Es setzt die Beine vollkommen willkürlich, mal ein vorderes, mal ein hinteres, und ständig gerät es sich dabei selbst in die Quere. Es wankt nach rechts, es wankt nach links, es geht in die Knie und stemmt sich wieder auf - wenn ich jemals so etwas wie Seekrankheit in einem meiner Leben empfunden habe, dann war das nicht auf einem Schiff auf irgendeinem Ozean, sondern mitten in der Wüste auf einem Kamedar.
Ich hätte zwar gerne gewußt, wie die Gimpel unter ihren dunklen Gewändern ausgesehen haben, aber daraus machten sie ein großes Geheimnis. Sie wanderten, schliefen und badeten sogar mit diesen seltsamen Lappen um den ganzen Körper, wie ich im Laufe der Zeit feststellte. Es war eines der großen Rätsel der Süßen Wüste, wie ein Gimpel nackt aussah. Ein
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