Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
Vom Netzwerk:
Bolloggs. Man stelle sich eine Kaffeemaschine vor, bei der Wasser zwischen Warmhalteplatte und Kanne geraten ist - nur viel lauter. Es gab ein Blubbern und Zischen und Pfeifen, Quietschen und Knattern, die Stadt selbst knirschte, als würde an jedem ihrer Mauersteine einzeln gezerrt. Ab und zu zerknallte eine der großen Zuckerblasen wie ein Luftballon.
    Die Stadt kämpfte zäh, immer wieder hob sie sich um einige Zentimeter, dann aber zog der Zuckerschlamm sie wieder herab. Schließlich erstarben alle Geräusche in einem dünnen Pfeifen, während Anagrom Ataf zu Boden sank und mit einem dumpfen »Blompf«, welches das ganze Tal erzittern ließ, endgültig in der Karamelmasse aufsetzte. Die Stadt war fest mit dem Wüstenboden verbacken.
    Anagrom Ataf war bezugsfertig.
    Wir sahen nicht gerade wie eine Horde unerschrockener Eroberer aus, als wir Anagrom Ataf betraten. Schweigend und mit nervösen Blicken in alle Richtungen schlichen wir auf der breiten Hauptstraße immer tiefer ins Herz der Stadt.
    Niemand vor uns hatte jemals eine Luftspiegelung gefangen, geschweige denn betreten. War sie bewohnt? Wenn ja, von wem? Waren es Menschen? Ungeheuer? Geistert Untote? Waren sie friedlich oder bösartig?
    Der Vorstadtring bestand aus kleinen weißverputzten Flachbauten, sauber und adrett. Wäsche hing zum Trocknen aus manchen Fenstern, aber Lebewesen waren nirgends zu sehen, nicht mal eine Katze oder ein Straßenköter, wie es sie in normalen Oasenstädten so viele gibt.
    Wir kamen schließlich auf dem Marktplatz an, der aussah, als wären an einem lebendigen Markttag alle Verkäufer samt Kundschaft weggezaubert worden: große Marktstände mit frischem Obst und Gemüse, Würsten und Eiern, Gewürzen und Brot. Körbe voller roter Äpfel und dicker grüner Wassermelonen. Käse, Schinken, getrocknete Saubohnen. Maiskolben, Säcke mit Getreide und Mehl, Reis und Nudeln.
    Nach der langen Enthaltsamkeit in der Wüste und dem ewigen Gimp war es sicher verzeihlich, daß ich über die frischen Lebensmittel herfiel wie ein Schiffbrüchiger. Ich stopfte mir eine Banane in den Hals, ein Stück Schafskäse und warf eine Handvoll Beeren hinterher. Erstaunlicherweise verschaffte mir das nicht die geringste Befriedigung. Ich nahm ein paar Trauben, aß einen halben Laib Brot, zwei Äpfel und einen kleinen Maiskuchen, mit Käse überbacken. Ich hatte immer noch Hunger. Ich riß ein großes Stück aus einem Schinken, aß zwei weitere Bananen, eine matschige Birne und eine Zwiebelwurst, danach eine Schale mit Feigen, eine halbe Melone und ein ganzes Fladenbrot. Ich schlürfte vier rohe Eier aus, tunkte ein Stück Rosinenkuchen in Honig, nahm noch mehr Schinken, Vollkornbrot, eine ganze Salami und zwei brötchenähnliche Backwaren mit Gemüsefüllung zu mir, eine Schale mit Hirsebrei und Rosinen und eine klebrige Kugel, die nach Zucker und Zimt schmeckte. Ich war immer noch genauso hungrig wie vorher. Jemand reichte mir ein Stück Gimp. Ein Bissen davon reichte, um mich zu sättigen.
    Wir durchkämmten systematisch die ganze Stadt, Straße für Straße, Haus für Haus, Zimmer für Zimmer. Überall fanden wir Anzeichen von Bewohnung, halbleere Teller auf dem Tisch, qualmende Öfen, Suppen, die vor sich hinköchelten, aber nirgends eine Spur von wirklichem Leben. Ansonsten war alles tadellos, die Straßen sauber, die Häuser frischverputzt und angenehm kühl, gemachte Betten und auch ansonsten jede Menge Dinge, die man als ungeheuren Luxus empfindet, wenn man lange Zeit auf blankem Wüstenboden übernachtet hat.
    Da sich auch nach Stunden keine Bewohner oder Eigentü- mer zeigten, erklärte ich Anagrom Ataf zum offiziellen Besitz der Gimpel. Wir gingen sofort daran, die Häuser untereinander aufzuteilen. Bevor die Sonne unterging, war Anagrom Ataf komplett bezogen und brummte von neuem Leben. Abends feierten wir ein kleines Fest, wobei auch die Gimpel von den herumliegenden Nahrungsmitteln probierten, aber seltsamerweise verspürte keiner von uns eine Sättigung oder Befriedigung, so daß wir wieder auf Gimpbraten und vergorenen Gimpsaft zurückgreifen mußten.
    Am nächsten Morgen wanderte ich durch die Stadt und inspizierte ein paar leerstehende Häuser. In einem roch es nach frisch gebackenem Kuchen, der Tisch war fertig gedeckt. Als ich ins Schlafzimmer ging, hörte ich hinter mir ein Wispern. Ich drehte mich schnell um, aber da war niemand. Mit leichtem Gruseln verließ ich das Haus. Ich kam schließlich zum Markt, wo wir am Vortag unsere

Weitere Kostenlose Bücher