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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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wenn alle schliefen. Bald ging das Gerücht um, daß wir nicht alleine seien in Anagrom Ataf. Einige der Gimpel machten die Zuckergnome dafür verantwortlich, andere, ängstlichere Naturen unter den Gimpeln glaubten daran, daß es die Geister der toten ehemaligen Bewohner der Stadt seien. Es gab mehrere übereinstimmende Berichte von Gespenstererscheinungen, angeblich hatte man durchsichtige Gestalten gesehen, die schnell davonhuschten. In fast jedem Haus rumpelte und polterte es des Nachts, und viele Gimpel erzählten von markerschütterndem Stöhnen und Heulen, das zu hören sei, sobald die Sonne untergegangen war.
    Etwas Erstaunliches geschah mit den Gimpeln, etwas, das ich ihnen nie zugetraut hätte: Sie fingen an, sich zu streiten. Bei den Bürgerversammlungen, die wir gelegentlich hielten, gerieten sich immer wieder ein paar von ihnen in die Haare über so lächerliche Dinge wie die Müllbeseitigung oder die Einrichtung einer öffentlichen Gimpküche. Angesichts der bisherigen Friedfertigkeit der Gimpel war das schon sehr auffällig.
    Sie fingen an, kleine Grüppchen zu bilden, die sich mit anderen Grüppchen in die Wolle gerieten, sie nahmen an jeder Kleinigkeit Anstoß, brachen darüber einen Streit vom Zaun und kamen dann zu mir, damit ich ihn schlichten sollte. Ich war der ungewählte Bürgermeister einer Stadt voller unzufriedener, streitsüchtiger Gimpel.
    Dazu kam die Schlaflosigkeit: Die Gimpel waren körperliche Anstrengung bis zur Erschöpfung gewöhnt, jeden Abend waren sie vor Ermüdung vom Marschieren richtiggehend in den Schlaf gefallen. Jetzt lungerten sie den ganzen Tag nur herum, sammelten ein bißchen Gimp und suchten Wasser, das war ihre einzige Beschäftigung. Viele Gimpel konnten schon deswegen, weil ihnen die Erschöpfung fehlte, nicht schlafen, bei anderen kamen die nächtlichen Geräusche hinzu. Einige behaupteten sogar, daß nachts an ihren Betten gerüttelt würde, sobald sie auch nur ein Auge zumachten. Wenn sie dann hochfuhren, sahen sie durchsichtige Schatten heulend in der Dunkelheit verschwinden. Zur allgemeinen Gereiztheit kam also auch noch die ständige Übermüdung hinzu. Ich selbst litt nicht darunter, ich verfüge über einen gesunden Schlaf, wenn mir ein gutgepolstertes Bett zur Verfügung steht. Um der Sache auf den Grund zu gehen, legte ich mich eines Nachts auf die Lauer. Ich war entschlossen, dem Geheimnis des ewigen Kartoffelbreis in meinem Haus auf die Schliche zu kommen.
    Also setzte ich mich an den Küchentisch, aß wie immer den Brei (keine Sättigung) und wartete. Irgendwie mußte der Brei wieder in den Teller kommen, dem wollte ich beiwohnen, selbst wenn ich die ganze Nacht kein Auge zutun würde. Nach einer halben Stunde war ich eingeschlafen. Ich träumte von Stollentrollen, die in den Kellern von Anagrom Ataf vergifteten Kartoffelbrei kochten, dabei hat Anagrom Ataf gar keine Keller. Die Stollentrolle klapperten mächtig mit großen Eisengabeln in ihren Kochtöpfen herum. Von diesem Geklapper wurde ich wach.
    Am kleinen Kohleherd der Küche stand ein durchsichtiger Mann und rührte geräuschvoll mit einer Eisengabel in einem Topf.
    Ich rieb mir die Augen, um mich zu vergewissern, ob ich vielleicht immer noch träumte. Der transparente Mann rührte weiter in seinem Kartoffelbrei. Er war tatsächlich durchsichtig wie ein Glas Wein. Er holte den Brei mit einem Löffel aus dem Topf, füllte ihn in den Teller und setzte sich zu mir an den Tisch.
    »Guten Appetit!« wünschte ich, um höflich zu sein.
    »!eknaD«, antwortete er.
    Ich beherrschte alle zamonischen Sprachen, einschließlich aller Stammesdialekte, aber diese Sprache war mir unbekannt.

    Aus dem
    »Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder,
    Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und
    Umgebung«
    von Prof. Dr. Abdul Nachtigaller

    Fatamorganisch: Einzige spiegelbildliche Sprache Zamoniens. Fatamorganisch ist exakt spiegelbildlich und akzentfrei gesprochenes Hochzamonisch und wird ausschließlich in Fatamorganas praktiziert. Diese Sprache ist relativ leicht zu übersetzen: In schriftlicher Form hält man sie einfach vor einen Spiegel; wird sie gesprochen, muß man währenddessen einfach spiegelbildlich denken.
    »!motaF nie nib hcI«, sagte der durchsichtige Mann, ».nebah uz tsgnA eniek tshcuarb uD. nethcisbA nehcsitsnepseg eniek hciltnegie reba nebah, sua gilesurg sawte rawz nehes riW .nehcaS ehclos dnu nekcerhcsrE eniem hcI«
    Seine Stimme klang dünn und zerbrechlich.
    Nun, um die Sache nicht

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