Die 13. Stunde
Stahltür in dem kleinen Vestibül und bedeutete ihm, sich mit dem Rücken zur Treppe direkt vor die unterste Stufe zu stellen.
»Sehen Sie hoch«, sagte er.
Dance musterte die Wand mit der Lilientapete, legte den Kopf in den Nacken und betrachtete die Zierleiste zwischen Wand und Decke. Sein Herz machte einen Satz, als er sie sah. Sie war klein und sah aus wie eine Falte in der Tapete, wo sie die Zierleiste berührte; tatsächlich aber befand sich dort eine winzige Linse.
»Die Kamera ist genau auf das obere Ende der Treppe gerichtet, und sie taucht in keinem Plan auf. Was diese Kamera überträgt, geht wie alle anderen Aufnahmen in eine Datei auf dem Server von Hennicots Anwälten, aber die Bilder dieser speziellen Kamera sind zusätzlich verschlüsselt. Der Code, mit dem man sie betrachten oder löschen kann, ist nur Hennicot, meinem Bruder und mir bekannt. Gute Idee – eine Sicherheitsmaßnahme gegen einen Einbruch mit Informanten, nicht wahr? Hennicots Anwältin braucht die Datei nur an Hennicot, Paul oder mich zu schicken. Wir können sie öffnen, und dann kann die ganze Welt sich daran erfreuen. Man wird Sie sehen … und Arilio … und Randall …«
»Und Sie«, erwiderte Dance und richtete die Waffe auf Sam.
»Nein, nur Quinn. Ich wusste, dass die Kamera dort war, also habe ich darauf geachtet, dass mein Gesicht nicht von ihr aufgenommen wird.«
Dance starrte Sam durch die Tür an.
»Vergessen Sie nicht«, sagte Sam, »ich bin der Einzige, der an diese Dateien herankommt und dafür sorgen kann, dass niemand sie sieht. Aber wenn wir ein Problem haben …«
Dance kehrte ins Vestibül zurück.
»Erfreuen Sie sich an Ihren Einkünften aus diesem Coup«, sagte Sam. »Aber der Kasten gehört mir.«
Randall und Arilio kamen die Treppe herunter.
»Was soll die Kanone?«, fragte Randall.
Dance und Sam überhörten die Frage.
»Nehmt den Glasschneider, und vergesst das Glasstück nicht«, sagte Dance zu ihnen und deutete auf die Werkzeuge am Boden. »Und zieht die Handschuhe erst aus, wenn wir das alles losgeworden sind.«
»Wir verspäten uns«, drängte Sam. »Wir haben keine zwei Minuten mehr, ehe der Systemalarm für die ausgeschalteten Kameras losgeht.« Er blickte Dance an. »Und ich muss mich noch immer um den primären Videoserver kümmern.«
»Also gut, gehen wir«, sagte Dance. »Aber wissen Sie was, Sam? Sie gehen voraus.«
Arilio und Randall blickten zwischen den beiden Männern hin und her, ohne zu begreifen, was vor sich ging.
»Wenn Ihr Gesicht auf dem Weg herein von Quinn verdeckt wurde, dann jedenfalls nicht mehr auf dem Weg raus«, sagte Dance und richtete die Pistole auf Sam. »Und vergessen Sie nicht unseren Kasten.«
Sam starrte auf die Waffe. Mit zitternden Händen nahm er den Kasten auf und ging zur Tür hinaus. Randall und Arilio schlossen sich ihm an.
»Nur die Ruhe, ihr beiden«, sagte Dance. »Lasst ihn zuerst gehen.«
Sam trat durch den Durchgang aus gebürstetem Stahl.
»Ich hoffe, Ihnen ist klar, Sam«, sagte Dance, »dass Ihre Drohungen mich kaltlassen. Mich kümmert es nicht, ob mein Gesicht auf irgendeinem Überwachungsvideo zu sehen ist. Ich könnte Ihnen eine Kugel ins Bein schießen und Sie hier zurücklassen, damit Sie als Lenker und Denker bei diesem Einbruch die ganze Schuld aufgeladen bekommen. Ein Verbrechen, bei dem Sie auf frischer Tat ertappt wurden.« Dance bedeutete Sam mit der Waffe, die Treppe hinaufzusteigen.
Sam ging die fünfzehn Stufen hoch und blieb am oberen Ende stehen.
»Und jetzt, Sam«, sagte Dance und richtete die Waffe auf ihn. »Bitte umdrehen und lächeln.«
Sam gehorchte und blickte genau auf die Stelle, wo die kleine Kamera war.
»Wir sind ein gutes Team, was?«, fragte Dance.
Sam lächelte Dance siegessicher an.
Dance brauchte einen Augenblick zu lange, um zu begreifen, dass Sams Lächeln nicht gezwungen, sondern echt war. Ehe Dance zwei Schritte tun konnte, huschte Sam durch den Durchgang am oberen Ende der Treppe und schloss die siebeneinhalb Zentimeter dicke Stahltür mit einem Knall, der den Boden erbeben ließ. Das Magnetschloss verriegelte sich augenblicklich und sperrte Dance und seine Komplizen ein. Sam rannte zur Vorratskammer an der Küche, riss die Tür auf, schob den achteckigen Schlüssel ins Schloss und drückte das verborgene Türpaneel auf, sodass er den klimatisierten Computerraum betreten konnte.
Der im Rack montierte Server enthielt vier separate Festplatten, die man einzeln während des Betriebs entnehmen
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