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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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hatte seine eigenen Ängste Wirklichkeit werden sehen. Er war Zeuge geworden, wie Julia starb, und hatte um sie getrauert. Das wollte er auf keinen Fall ein zweites Mal erleiden müssen. Er musste den Mann finden, der den verzierten Colt auf sie abgefeuert hatte, und ihn aufhalten! Nick spürte das Gewicht der SIG Sauer und war sich bewusst, dass er die Waffe aller Wahrscheinlichkeit nach benutzen müsste. Doch ganz gleich, welche Folgen sein Tun hatte – und wenn er dabei selbst den Tod fand –, er würde seiner Frau das Leben retten.
    Er hatte Julia verschwiegen, dass er eine Waffe trug, und darauf geachtet, dass ihr Blick nicht auf die Wölbung unter seiner Jacke fiel. Julia verabscheute Waffen aus tiefster Seele. Auch Nick nahm die Pistole kaum je aus dem Safe und hatte sie noch nie bei sich getragen so wie jetzt, da er sie unter dem hastig übergestreiften Sportsakko trug.
     
Aitkens, Lerner & Isles galt als eine der besten Anwaltskanzleien nicht nur des Staates New York, sondern des ganzen Landes. Die Kanzlei, spezialisiert auf Finanz- und Steuerrecht, hatte sechzig Partner und konnte sich den Luxus leisten, sich überall dort niederzulassen, wo es ihr gefiel. Ihr gehörte ein Grundstück mit drei Gebäuden auf North Castle Hill, und die dreihundert Angestellten überfluteten unter der Woche den Ortskern von Byram Hills.
    Doch an diesem Tag war alles anders.
    Die Parkplätze waren leer, als Nick seinen Audi die kreisförmige Auffahrt vor dem Zentralgebäude hinauflenkte.
    Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, eilten Julia und er die Feuertreppe zum zweiten Stock hoch, der im Dunkeln lag, denn die Batterien der Notlichter waren bereits erschöpft. Sie eilten zu Julias Büro im hinteren Gebäudeteil. Es war eine typische Bürosuite für dienstältere Partner mit einem großen Schreibtisch und einer Sitzecke.
    Julia prallte zurück, kaum dass sie ihr Büro betreten hatte: Ihr Schreibtisch war umgeworfen worden, der Computer fehlte, Kabel waren aus der Wand gerissen, der Monitor lag zerschmettert auf dem Boden.
    »Verdammt!«, fluchte sie. »Wenn ich den Hurensohn kriege …«
    »Wo ist euer Server?«, erkundigte sich Nick, ohne sich von ihrem Zornesausbruch beeindrucken zu lassen.
    »Du hast von Anfang an gewusst, dass es so kommt, nicht wahr?«, fragte Julia mit einer Mischung aus Zorn und Verwirrung.
    »Nun sag schon, Julia, wo steht der Server?«
    »Komm mit.« Julia ging voran. »Das alles wegen des Einbruchs? Was zum Teufel soll das?«
    Sie erreichten eine unscheinbare Tür zwischen der Teeküche und dem Büro eines Mitarbeiters namens Sherman Peabody. Julia tippte den Code ins Tastenfeld, riss die Tür auf und sah augenblicklich, was beide befürchtet hatten: Aus den Serverschränken im Computerraum hatte man die Festplatten herausgerissen. Kabel hingen aus den Racks wie tote Schlangen.
    »Habt ihr Mitternachtsbackups?«, fragte Nick.
    »Einmal täglich, um zwei Uhr morgens, machen sämtliche Computer und alle Server eine Datensicherung auf drei getrennten Systemen.«
    Sie blickten sich in dem großen Computerraum um, der nutzlos geworden war. Ein Schaden in Höhe von mehreren hunderttausend Dollar war angerichtet worden, um auszulöschen, was sich früher am gleichen Tag in Shamus Hennicots Herrenhaus an der Maple Avenue zugetragen hatte.
    »Glaubst du mir jetzt?« Nick blickte auf den Palm Pilot in Julias Hand. »Das ist die einzige Spur, die zu den Einbrechern führt.«
    »Wir müssen ihn der Polizei …«
    »Es gibt keine Polizei, der wir das Ding geben könnten.«
     »Wir könnten ihn zur Absturzstelle bringen und es dort übergeben.«
    Nick wusste, dass er dadurch bei seiner Suche nach Julias Mörder nur aufgehalten würde. Und die einzige Möglichkeit, den Killer zu finden, bestand darin, das Gesicht zu sehen, das auf Julias PDA gespeichert war.
    »Woher hast du gewusst, dass das hier passiert, Nick?«
    Schweigend nahm er ihr den Palm Pilot aus der Hand.
    »Verdammt, Nick, antworte! Was ist hier los?«
    Nick zog die Taschenuhr hervor und las die Zeit ab: zwanzig Minuten vor sechs.
    »Du musst mir vertrauen. Ich erkläre es dir später, im Augenblick fehlt mir die Zeit«, sagte er, als sie sich auf den Weg zum Großraumbüro machten. »Habe ich dich vorhin richtig verstanden? Jeder eurer Computer hat eine unterbrechungsfreie Stromversorgung?«
    »Ja.« Julia zeigte auf die USVs unter den Schreibtischen der Sekretärinnen. Die Notbatterien waren etwas größer als ein Brotkasten und mit dicken

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