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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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noch tagelang, wochenlang, jahrelang weitergehen. Die Wunde im Erdboden würde heilen, und die Natur würde die verbrannte Erde binnen weniger Wochen mit einer neuen grünen Decke überziehen, doch die Stadt würde nie wieder dieselbe sein.
    Als Nick seinen Audi A8 auf das Städtchen Byram Hills zusteuerte, warf er einen kurzen Blick auf das Valhalla, ihr Lieblingsrestaurant, und überlegte kurz, wie sehr die Gegend sich verändert hatte.
    Byram Hills war einst ein Städtchen gewesen wie Mayberry im Fernsehen: Fahrbahnen aus gestampfter Erde und eine einzige Straßenlaterne, ein Polizeirevier mit drei Gefängniszellen, ein Obst- und Gemüsestand, der am Wochenende frische Donuts und Apfelmost verkaufte. Die Häuser waren bescheiden, egal wie hoch das Einkommen ihrer Bewohner lag, und niemand beurteilte seinen Nachbarn nach der Quadratmeterzahl seines Grundstücks. Die Kinder von Feuerwehrleuten und Hausmeistern verbrachten ihre Freizeit mit den Sprösslingen von Vorstandsvorsitzenden und Immobilienhaien; sie spielten und stritten sich wie ganz normale Kinder, ohne dass auch nur einmal das Wort »Rechtsstreit« fiel. Trainer an der Highschool blieben die ganze Saison im Amt, und Eltern gaben sich keinen Illusionen hin, ihr Sohn könne der nächste Michael Jordan sein. Ehen hielten länger, Paare arbeiteten trotz aller Härten, denen sie sich stellen mussten, gemeinsam an ihrer Beziehung.
    Doch im Laufe der Zeit war – wie überall in den USA – einiges vom Charakter, von der Seele der Stadt für höhere Renditen verkauft worden. Alte Bindungen zerrissen, Neid und Konkurrenzdenken entstand, und viele Leute versuchten, den Nachbarn in allen Dingen stets eine Nasenspitze voraus zu sein.
    Leider ist die Tragödie der große Gleichmacher, dachte Nick. Sie kennt keine Postleitzahl, ist nicht Mitglied im Country Club und hat kein Wohnklo ohne Warmwasser. Sie schlägt unvoreingenommen zu und gemahnt uns, wie zerbrechlich das Leben ist und was wirklich wichtig bleibt, wenn man uns allen Besitz nimmt. Und wenn die Katastrophe das Ausmaß eines Flugzeugabsturzes erreicht, bei dem über 200 Menschen sterben, rücken sämtliche Werte wieder an die ihnen zustehende Stelle.
    Nur wenige Minuten nach dem Absturz der Maschine schlossen Läden und Büros. Kinder wurden aus dem Ferienlager nach Hause geschickt. Familien kamen zusammen. Kirchen und Synagogen öffneten die Türen für Menschen, die beten wollten. Ganze Busladungen von Freiwilligen erreichten das Sportfeld knapp eine Meile vor der Stadt, wo Freunde und Fremde gleichermaßen die Erde aufgerissen hatten.
    Julia saß auf dem Beifahrersitz neben Nick, den Blick auf den Rauch am Horizont gerichtet, unfähig, den Gedanken an ihren Tod abzuschütteln und daran, wie sie ihm heute durch Zufall entgangen war.
    »Bist du sicher, dass der Computer in deinem Büro funktioniert?«, fragte Nick.
    »Ja. Aber warum musst du diese Überwachungsdateien sehen? Übergeben wir doch einfach meinen PDA der Polizei. Das alles geht uns nichts an. Ganz besonders dich nicht, Nick.«
     »Wenn es dich betrifft, geht es mich sehr wohl etwas an.«
    »Niemand hat es auf mich abgesehen, Nick. Du steigerst dich in etwas hinein, das es nicht gibt.«
    »Nein, glaub mir, ich bilde mir nichts ein.«
    »Verschweigst du mir etwas?« Julias Stimme bekam einen ängstlichen Beiklang.
    Nick antwortete nicht.
    »Warum sagst du es mir nicht?«
    »Julia«, erwiderte Nick. Er verlor die Geduld. »Beantworte einfach meine Frage.«
    »Wir haben keinen Generator«, gab sie kurz angebunden zurück. »Aber wir haben USVs für die Computer. Die Akkus reichen für eine halbe Stunde.«
    »Dann könnten wir uns die Dateien auf deinem PDA ansehen?«
    Julia nickte bloß, denn sie fuhren nun die Main Street entlang, und der Anblick der Stadt lenkte sie ab.
    Der Ort war gespenstisch leer. Läden und Tankstellen hatten geschlossen – geradezu eine Geisterstadt. Kein Mensch war auf den Gehwegen zu sehen, kein Auto fuhr auf den Straßen. Alle Schaufenster waren dunkel, weil es noch immer keinen Strom gab. Die Pizzeria, der Friseursalon, selbst die Banken und das Postamt hatten zum ersten Mal, seit es sie gab, an einem Freitagnachmittag geschlossen.
    Wieder heftete Julias Blick sich auf die Rauchwolke, die über dem Hügel am anderen Ende der Stadt stand. Nick vermochte sich nicht auszumalen, was in ihr vorging, als sie auf den Scheiterhaufen blickte, dem sie durch eine glückliche Fügung des Schicksals entgangen war.
    Doch Nick

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