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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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ihm die Pistolenmündung auf die Lippen drückte.
    »Tolle Sache, diese PDAs. Ich weiß jetzt Ihre Privatnummer und kenne jeden Ihrer Kollegen, Freunde und Nachbarn mit Namen. Ob ich Ihre Frau wohl anrufe und ihr sage, sie soll ins Revier kommen? Vielleicht sage ich ihr, dass Sie einen Unfall hatten …« Dance holte mit der Faust aus und schmetterte sie Nick auf den Mund, dass ihm der Kopf in den Nacken flog und das Blut hervorquoll. »Dann beeilt sie sich wenigstens. Natürlich müssen wir jetzt herausbekommen, wer noch Bescheid weiß und welche Freunde Sie verständigt haben.«
    Dance hob eine große Eisenplatte aus dem Kofferraum. In der Mitte war eine Drahtseilschlinge befestigt. Mit einiger Mühe schleppte Dance die Platte zum Rand der Brücke und ließ sie mit lautem Klirren auf den Gehweg fallen.
     »Wir wollten bis heute Abend warten«, fuhr Dance fort. »Wir
    wollten sie zu Hause erschießen und es Ihnen anhängen. Aber da
    Sie sich entschlossen haben, Ihre Nase in diese Sache zu stecken,
    müssen wir sie jetzt gleich töten.«
    Nick sank das Herz. Er hatte Julia nicht gerettet, im Gegenteil:
    Durch seine Unfähigkeit hatte er den Mord an ihr beschleunigt.
    »Shannon wird herausfinden, was Sie getan haben.«
    »Vergessen Sie Shannon. Der findet ohne Hilfe nicht mal aus ’ner Brötchentüte raus.«
    Dance schob die hundert Pfund schwere Platte unter dem
    grün angestrichenen Geländer durch und packte die Drahtseilschlinge,
    die er fest in der linken Hand hielt. Dann richtete er
    sich auf, drückte Nick die Pistolenmündung an den Hinterkopf,
    zwang ihn vorzugehen und ließ das Drahtseil an der Kette von
    Nicks Handschellen einrasten.
    »Hatten Sie schon mal das Gefühl des Déjà-vu?«, fragte
    Dance. »Als hätte man irgendetwas schon mal getan, oder als
    wäre man schon mal irgendwo gewesen? Als wäre die Zeit auf
    den Kopf gestellt?«
    Dance schob die Platte mit dem Fuß zur Kante. Bald hing sie
    zur Hälfte über dem Stausee.
    In diesem Moment sah Nick die Brust des Detectives. Dances
    Hemd stand bis zur Taille offen; von der Anstrengung beim
    Tragen der Platte waren die drei unteren Knöpfe aufgesprungen.
    So mies dieser Mann war, so viel er auch darüber sprach, Julia
    zu ermorden – er war es nicht, den Nick gejagt und angegriffen
    hatte. Dances Hals war nackt. Von einem Christopherus-Anhän-
    ger war nichts zu sehen.
    Nick stand da, den Leib gegen das grüne Geländer gepresst,
    und blickte hinaus auf den Stausee, der trotz der schrecklichen
    Geschehnisse, die sich in nur einer Meile Entfernung zugetragen
    hatten, still und friedlich dalag. Dance war Helfershelfer der Einbrecher, möglicherweise sogar der Kopf der Bande, der direkt mit Paul Dreyfus zusammenarbeitete, doch er war nicht Julias Mörder. Aber er war ein Komplize und wollte Julias Tod.
    »Gute Reise«, sagte Dance mit einem Grinsen und stieß die Platte mit dem Fuß um. Die Kante der Brücke wirkte wie ein Drehpunkt. Die Platte schaukelte einen Augenblick; dann hob sich langsam die eine Seite, und sie kippte hinunter.
    Sie fiel einen oder zwei Fuß tief; dann wurde sie ruckartig angehalten. Die Handschellen schnitten in Nicks Handgelenke. Er versuchte das Drahtseil zu halten, um den Schmerz zu mindern, doch es war zu dünn. Nick mobilisierte seine letzten Kräfte. Obwohl in seinen abgeschnürten Handgelenken der Schmerz pochte, hob er die Platte mit der Kraft seiner Schulter- und Rückenmuskeln hoch und lehnte sich nach hinten, um sie über das Geländer zu ziehen.
    In diesem Moment packte Dance die Plastikfesseln, die um Nicks Füße lagen, und riss ihm die Beine hoch. Nick prallte mit dem Bauch aufs Geländer. Das Gewicht der Eisenplatte machte es Dance leicht, Nick hochzuheben und über den Rand zu stoßen.
    Einen Lidschlag später segelte Nick durch die Luft. Die Eisenplatte flog ihm voran in das nasse Grab.
    Fünfzehn Meter tiefer stürzte Nick kopfüber ins Wasser, als würde er auf Beton aufschlagen. Ringsum spritzte das Wasser hoch. Das Gewicht der Platte zog ihn unentrinnbar nach unten. Er verschwand in der Dunkelheit. Der Stausee war zwischen sechs und einhundert Meter tief, doch an dieser Stelle unter der Brücke erreichte er nur knappe acht Meter. Nicht dass die Tiefe eine Bedeutung für Nicks Überlebenschance gehabt hätte.
    Während er in den Tod gezogen wurde, wuchs mit jedem Meter der Druck in seinen Ohren.
    Dann traf das Gewicht auf den Boden. Nick schwebte über der Platte wie eine versenkte Boje. Am Rand seines

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