Die 2 Chance
die Chimäre-Akten. Alle. Tasha. Davidson. Und alles, was wir über Mercer hatten.
Zehn Sekunden nachdem sie verschwunden waren, hing ich schon am Telefon und rief meinen neuen Chef an. »Jetzt weiß ich, was Sie mit
gemeinsam
gemeint haben.«
»Verbrechen gegen städtische Beamte sind Sache der Bundesregierung, Lieutenant. Dagegen kann ich nicht viel machen«, sagte Tracchio.
»Mercer hat gesagt, es handle sich um ein
Stadt
-Verbrechen, Chief. Er meinte, die Stadtpolizei sollte den Fall lösen.«
Tracchios nächste Worte schickten mein Herz in einen Sturzflug. »Tut mir Leid. Jetzt nicht mehr.«
Später am Nachmittag fuhr ich nach Inglewood Heights, um mit Chief Mercers Frau zu sprechen. Ich hatte das Gefühl, das unbedingt selbst tun zu müssen. Vor dem Haus des Chiefs parkte schon eine lange Reihe von Autos. Eine Verwandte öffnete mir die Tür und sagte, dass Mrs Mercer mit der Familie oben sei.
Ich blieb stehen und musterte die Gesichter der Menschen, die sich im Wohnzimmer versammelt hatten. Einige kannte ich. Nach wenigen Minuten kam Eunice Mercer die Treppe herunter. Sie wurde von einer Frau im mittleren Alter begleitet, die sehr sympathisch wirkte. Wie sich herausstellte, war es ihre Schwester. Eunice erkannte mich und kam direkt auf mich zu.
»Es tut mir ja so unsäglich Leid. Ich kann es einfach nicht fassen«, sagte ich und drückte ihre Hand. Dann umarmte ich sie.
»Ich weiß«, sagte sie leise. »Sie haben ja selbst vor kurzem einen schmerzlichen Verlust erlitten.«
»Ich weiß, wie hart das für Sie ist, aber ich muss Ihnen unbedingt ein paar Fragen stellen«, sagte ich.
Sie nickte. Ihre Schwester mischte sich unter die Gäste. Eunice Mercer nahm mich ins Arbeitszimmer mit.
Ich stellte ihr weitgehend die gleichen Fragen, die ich den anderen Angehörigen der Opfer gestellt hatte. Hatte jemand in letzter Zeit ihren Mann bedroht? Anrufe zu Hause? Hatte in letzter Zeit ein Verdächtiger das Haus beobachtet?
Sie schüttelte verneinend den Kopf. »Earl hat immer gesagt, hier sei der einzige Platz, wo er das Gefühl hätte, in der Stadt zu leben, nicht nur die Polizei zu leiten.«
Ich wechselte die Taktik. »Haben Sie vor dieser Woche schon mal den Namen Art Davidson gehört?«
Eunice Mercers Gesicht wurde starr. »Sie glauben, dass Earl von demselben Mann getötet wurde, der diese anderen grauenvollen Verbrechen begangen hat?«
Ich nahm ihre Hand. »Ja, ich glaube, dass ein und derselbe Mann diese Morde begangen hat.«
Sie massierte sich die Stirn. »Lindsay, im Augenblick ergibt
gar nichts
Sinn für mich. Earls Tod. Dieses Buch.«
»Buch…?«, fragte ich.
»Ja. Earl hat immer Autozeitschriften gelesen. Er hatte einen Traum. Nach seiner Pensionierung… in der Garage eines Cousins hat er einen alten GTO stehen. Den wollte er dann völlig auseinander nehmen und wieder zusammenbauen. Aber dieses Buch, das in seiner Jacke gesteckt hat…«
»Welches Buch?« Ich drückte ihre Hand.
»Ein junger Arzt hat es mir im Krankenhaus gegeben, zusammen mit seinen Schlüsseln und der Brieftasche. Ich habe nicht gewusst, dass er sich für derartige Dinge interessiert. Diese alten Mythen…«
Plötzlich raste mein Puls. »Können Sie mir das Buch zeigen?«
»Selbstverständlich«, sagte Eunice Mercer. »Es liegt drüben.« Sie verließ das Arbeitszimmer, kam eine Minute später zurück und reichte mir ein Taschenbuch. Es war ein Buch, das jedes Schulkind lesen musste.
Mythology
von Edith Hamil-ton.
Das Buch hatte Eselsohren und sah aus, als hätte man schon tausendmal darin geblättert. Ich sah es durch, konnte aber nichts Auffälliges feststellen.
Ich las das Inhaltsverzeichnis. Dann sah ich es. Seite 141, in der Mitte. Es war unterstrichen.
Bellerophon tötet die Chimäre.
Bellerophon… Billy Reffon
.
Mir stockte der Atem. Den Namen hatte er benutzt, als er den Notruf 911 bei Art Davidson getätigt hatte. Er hatte sich Billy Reffon genannt.
Ich schlug Seite 141 auf. Da stand es. Mit Abbildung. Ein sich aufbäumender Löwe. Der Körper der Ziege. Der Schwanz der Schlange.
Chimäre.
Dieser Hurensohn teilte uns mit, dass er Chief Mercer getötet hatte.
Mich überlief ein Zittern. Auf der Seite stand noch etwas. Eine scharfe kantige Schrift, nur wenige Worte waren mit Tinte über die Abbildung geschrieben:
Es wird weitergehen… Gerechtigkeit wird geschehen.
Nachdem ich Mrs Mercers Haus verlassen hatte, fuhr ich schweißgebadet durch die Stadt. Ich kannte die Wahrheit, und sie erfüllte mich
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