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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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war. Es ist alles so gekommen, wie du gesagt hast. Ich bin dazu verdammt worden, mich jeden Tag daran zu erinnern, und jeden Tag habe ich mir gewünscht, ich hätte diese Worte ungeschehen machen können.« Ich ging zum Kamin und ließ mich auf einen der Stühle fallen. Eine Karaffe mit Brandwein stand auf einem kleinen Tisch daneben sowie ein Glas mit noch ein, zwei Tropfen drin.
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst, und ich wollte gerade ins Bett gehen. So. Warum bist du hier, Dachsenbless?«
    »Sei wütend auf mich, wenn du willst. Ich nehme an, ich habe es nicht anders verdient. Sei, was immer du sein musst, aber hör mit dieser Scharade auf, und werde wieder du selbst. Um mehr bitte ich gar nicht.«
    Einen Augenblick lang stand er schweigend da und schaute mich hochmütig an. Dann setzte er sich auf den anderen Stuhl. Er schenkte sich Brandwein ein, ohne mir etwas anzubieten. Ich roch Aprikosenbrandwein, wie wir ihn vor einem Jahr in meiner Hütte geteilt hatten. Er nippte daran und bemerkte dann: »Ich selbst sein? Und wer sollte das sein?« Er stellte das Glas ab, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Ich weiß es nicht. Ich wünschte, du wärst der Narr«, antwortete ich leise. »Aber ich glaube, wir sind viel zu weit gekommen, um wieder dahin zurückzukehren. Könnten wir das, ich würde es sofort tun. Freiwillig.« Ich wandte den Blick von ihm ab und schob mit dem Fuß einen Holzscheit tiefer in die Glut. »Wenn ich jetzt an dich denke, weiß ich noch nicht einmal, wie ich dich nennen soll. Für mich bist du nicht Fürst Leuenfarb. Das warst du nie wirklich. Aber du bist auch nicht mehr der Narr.« Ich stählte mich, als mir plötzlich die offensichtlichen Worte einfielen. Warum war die Wahrheit nur so schwer auszusprechen?
    Einen schrecklichen Augenblick lang fürchtete ich, dass er meine Worte missverstanden hatte. Dann wurde mir klar, dass er genau wusste, was ich damit meinte. Seit Jahren hatte er immer wieder mit seinem Schweigen bewiesen, dass er meine Gefühle verstand. Bevor wir uns voneinander trennten, musste ich die Kluft zwischen uns irgendwie reparieren. Worte waren das einzige Werkzeug, das ich dafür hatte. Sie halten von der alten Magie wider, von der Macht, die man bekommt, wenn man den wahren Namen von jemandem kennt. Ich war entschlossen, und doch brachte ich sie nur unbeholfen über die Lippen.
    »Du hast einmal gesagt, ich könnte dich ›Geliebter‹ nennen, wenn ich dich nicht länger ›Narr‹ rufen wolle.« Ich atmete tief durch. »Geliebter, ich habe deine Gesellschaft vermisst.«
    Er schlug die Hand vor den Mund. Dann verbarg er die Geste, indem er sich das Kinn rieb, als müsse er sorgfältig nachdenken. Ich weiß nicht, was für ein Gesicht er hinter seiner Hand verbarg. Als er sie wieder herunternahm, lächelte er listig. »Glaubst du nicht, dass das zu Gerede in der Burg führen würde?«
    Ich ließ seine Bemerkung unbeantwortet, denn ich wusste ohnehin nicht, was ich darauf hätte sagen sollen. Er hatte im spöttischen Tonfall des Narren zu mir gesprochen. Auch wenn das Balsam für meine Seele war, musste ich mich fragen, ob das nur ein übler Streich sein sollte. Zeigte er mir das, was ich sehen wollte, oder das, was er war?
    »Nun.« Er seufzte. »Ich nehme an, wenn du einen angemessenen Namen für mich suchst, wäre Narr noch immer am Besten. Lass uns also dabei bleiben, Fitz. Für dich bin ich der Narr.« Er blickte ins Feuer und lachte leise. »Das bringt wohl alles wieder ins Gleichgewicht, nehme ich an. Was auch immer uns nun widerfahren mag, ich werde mich immer an diese Worte erinnern können.« Er schaute sich um und nickte ernst, als hätte ich ihm etwas Wertvolles zurückgegeben.
    Es gab so vieles, worüber ich mit ihm sprechen wollte. Ich wollte mit ihm über die Reise des Prinzen reden, über Web und ihn fragen, warum er so viel spielte und was diese ganze Pracht hier zu bedeuten hatte. Aber plötzlich wollte ich dem, was ich gesagt hatte, nichts mehr hinzufügen. Es war, wie er gesagt hatte: Alles war wieder im Gleichgewicht. Ein falsches Wort, und die Waage würde sich wieder in die eine oder andere Richtung neigen. Ich nickte ihm zu und stand langsam auf. Als ich die Tür erreichte, sagte ich leise: »Gute Nacht, Narr.« Ich ging in den Gang hinaus.
    »Gute Nacht, Geliebter«, sagte er von seinem Stuhl am Kamin aus. Leise schloss ich die Tür hinter mir.

Epilog

    Die Hand, die einst Schwert und Axt geführt

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