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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Säulen auch eigentlich recht nutzlose Kerzen in metallenen Haltern steckten. In der äußersten linken Ecke wand sich eine Treppe ins Zwielicht hinauf. Das war, so weit ich sehen konnte, der einzige Zugang zu den oberen Stockwerken des Mütterhauses. Das ergab Sinn. Wenn ein Angreifer in diesen Teil des Hauses vordringen sollte, hätten die Menschen in den Obergeschossen nur einen einzigen Aufgang zu verteidigen. Eindringlinge würden einen hohen Preis zahlen müssen, wenn sie nach oben wollten.
    All das sah ich durch die hier versammelten Leute hindurch. Überall standen Menschen aller Altersgruppen, und ein Gefühl der Erwartung lag in der Luft. Wir waren offenbar spät dran. Am Ende des langen Raums, vor dem größten Herd, wartete Prinz Pflichtgetreu. Neben ihm standen Chade und seine Zwiehafte Kordiale, dahinter die Gardisten in drei Reihen. Die Narwalleute machten uns eine Gasse frei, sodass wir unsere korrekten Positionen einnehmen konnten. Web und Flink gingen zu Kräusel, Gentil und dessen Katze, während ich mich in die vorderste Reihe der Gardisten stellte.
    Elliania war nicht hier. Bei jenen, die sich auf der anderen Seite des Herds versammelt hatten, handelte es sich zum größten Teil um Frauen. Peottre war der einzige Mann im besten Alter. Ich sah ein paar Großväter, vier Jünglinge ungefähr im Alter der Narcheska und sechs, sieben Jungen bis hin zum Kleinkind, die an den Röcken ihrer Mütter hingen. War der Narwalclan im Krieg der Roten Schiffe derart dezimiert worden?
    Die Eberkrieger vom Schiff waren ebenfalls hier, doch sie standen ein wenig abseits; bei dem, was nun geschehen würde, waren sie mehr Zeugen, denn Teilnehmer. Die restlichen Menschen, die sich in der Halle drängten, gehörten fast gänzlich dem Narwalclan an, wie an ihrem Schmuck und ihren Tätowierungen zu erkennen war. Die einzigen Ausnahmen bildeten einige Männer, die vermutlich entweder in den Clan eingeheiratet hatten oder auf andere Art mit einer der Narwalfrauen verbunden waren. Ich sah Bären, Otter und einen Adler unter ihnen.
    Was die Frauen betraf, so waren sie ohne Ausnahme prachtvoll gekleidet. Jene, die keine Edelsteine trugen, waren zumindest mit Muscheln oder Federn geschmückt. Ihre Haare waren kunstvoll frisiert und hochgesteckt, was die außergewöhnliche Größe einiger von ihnen noch betonte. Im Gegensatz zur Bocksburg, wo die Frauen sich auf geheimnisvolle Art abzusprechen schienen, was ihre Kleidung betraf, sah ich hier die unterschiedlichsten Stile. Die einzige Gemeinsamkeit waren die leuchtenden Farben und das immer wiederkehrende Narwalmotiv.
    Jene im ersten Kreis waren die Verwandten der Narcheska, nahm ich an, während es sich bei denen, die dem Herd am nächsten standen, wohl um ihre engsten Familienangehörigen handelte. Alle Narwalfrauen strahlten etwas Entschlossenes, ja Wildes aus. Die Spannung in diesem Teil des Raums war förmlich greifbar. Ich fragte mich, welche der Frauen wohl die Mutter der Narcheska war und worauf wir warteten.
    Schweigen senkte sich über den Raum. Dann trugen vier Männer des Narwalclans eine alte, kleine Frau in die Halle hinunter. Sie saß auf einem Stuhl aus ineinander geflochtenen Weidenruten, den man mit Bärenfellen gepolstert hatte. Ihr dünnes, weißes Haar war zu Zöpfen geflochten und auf ihrem Kopf zu einer Krone gebunden. Ihre Augen waren schwarz und glänzten. Sie trug eine rote Robe mit unzähligen Elfenbeinknöpfen, auf denen das Narwalmotiv zu sehen war. Die Männer setzten den Stuhl ab, doch nicht auf den Boden, sondern auf einen schweren Tisch, wo die Frau sitzen bleiben und dennoch über die Menge blicken konnte. Mit einem leisen Wimmern richtete die alte Frau sich im Stuhl auf und ließ ihren Blick über die Versammelten schweifen. Dann leckte sie sich mit der Zunge über die runzeligen Lippen, und ich sah, dass sie dicke Fellschuhe an den dürren Füßen trug.
    »Nun denn! Dann sind wir also alle hier!«, verkündete sie.
    Sie sprach Outislander und unnötig laut, so wie es alte Menschen tun, die schon fast taub sind. Sie schien jedoch nicht so viel Wert auf Formalitäten zu legen, wie die anderen Frauen; auch war sie nicht so angespannt wie diese.
    Die Große Mutter des Narwalclans beugte sich vor, und ihre knorrigen Hände schlössen sich um die Stuhllehnen. »So. Dann schickt ihn mal her. Wer will Elliania den Hof machen, der Narcheska des Narwalclans? Wo ist der Krieger, der kühn genug ist, die Erlaubnis der Mutter zu suchen, das Bett mit

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