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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Flink - sehr zu dessen Missfallen - und verzweifelte ob der Knoten im Haar des Jungen. »Du musst das jeden Morgen tun. Ich bin sicher, dein Vater hat dich gelehrt, nicht wie ein zotteliges Bergpony herumzulaufen.«
    Flink blickte mich scharf an. »Genau die Worte hat er auch benutzt!«, rief er. Rasch versuchte ich, meinen Fehler wiedergutzumachen, indem ich sagte: »Das ist eine weit verbreitete Redensart am Bocksfluss, Junge. Lass dich jetzt einmal ansehen. Nun, das wird reichen. Allerdings würde es dir auch nicht schaden, wenn du dich ein wenig häufiger waschen würdest; aber dafür ist jetzt keine Zeit. Lasst uns gehen.«
    Erneut empfand ich Mitleid für Sieber, als wir ihn allein am Tisch zurückließen.

Was die Ehe betrifft, sagt die Tradition: Sie ist nur so lange bindend, wie die Frau es wünscht. Die Frau wählt den Mann, auch wenn der Mann einer Frau den Hof machen darf, die er begehrt. Wenn eine Outislanderfrau auf das Werben eines Mannes eingeht, heißt das nicht, dass sie sich an ihn gebunden hat, sondern nur, dass sie ihn in ihrem Bett willkommen heißt. Ihre Tändelei kann eine Woche, ein Jahr oder ein Leben lang dauern. Das zu entscheiden, liegt einzig und allein bei der Frau. Alles unter dem Dach gehört der Frau wie auch alles, was der Erde entspringt, die ihr Mütterhaus für sich beansprucht. Ihre Kinder gehören ihrem Clan und werden für gewöhnlich von ihren Brüdern und Onkeln erzogen und diszipliniert, nicht von ihrem Vater. So lange der Mann auf ihrem Land oder in ihrem Mütterhaus lebt, entscheidet die Frau über sein Tun. Alles in allem betrachtet staunt dieser Reisende und fragt sich, warum ein Mann sich freiwillig in solch eine untergeordnete Rolle begibt; doch die Outislander scheinen über unsere Art gleichermaßen erstaunt zu sein. Manchmal fragen sie mich: »Warum entsagen eure Frauen freiwillig dem Reichtum ihrer eigenen Familien, um Dienerinnen i n den Heimen der Männer zu werden ?«
    Bericht über eine Reise in einem barbarischen Land,  von Fedwren dem Schreiber

    Das Mütterhaus des Narwalclans war Festung und Heimstatt zugleich. Es war bei weitem das älteste Gebäude in Wuislington. Die Steinmauer, die Hof und Garten umschloss, stellte die erste Verteidigungslinie dar. Brandmale auf Stein und Balken bewiesen, dass sie sogar schon Feuer standgehalten hatte. Im untersten Stockwerk des Mütterhauses gab es keinerlei Öffnungen, während im ersten Schießscharten zu sehen waren; nur im zweiten Geschoss fanden sich Fenster, und die waren mit stabilen Läden versehen, die selbst Geschossen standhalten konnten. Doch das Ganze war keine Burg, wie wir sie in unserer Heimat kennen. So gab es hier beispielsweise nicht genügend Platz, um im Kriegsfall die Landbevölkerung und das Vieh in Sicherheit zu bringen, und auch Nahrungsmittel konnte man nirgends in ausreichender Menge lagern. Ich nahm an, dass diese Befestigung zum Schutz vor Plünderern gedacht war, die kamen und sofort wieder verschwanden, nicht um einer ausgedehnten Belagerung standzuhalten. Das war wieder einer dieser Unterschiede zwischen uns und den Outislandern.
    Zwei junge Männer mit dem Narwalwappen nickten uns zu, als wir das Tor passierten. Im Inneren der Anlage waren Muschelschalen unter den Kies der Straße gemischt, die den Weg in der Sonne schimmern ließen. Die mit Narwalschnitzereien verzierte Tür des Mütterhauses stand weit genug offen, dass drei Mann nebeneinander hindurchgehen konnten. Drinnen waren Fackeln die einzige Lichtquelle, sodass man den Eindruck hatte, eine Höhle zu betreten.
    Kurz hinter dem Eingang blieben wir stehen, damit unsere Augen sich an das trübe Licht gewöhnen konnten. Die Luft war voll mit den Gerüchen, wie man sie in allen schon seit langem bewohnten Häusern findet: Essen, gebrauchte Kleidung, Ausdünstungen - eine Mischung, die ein Gestank hätte sein können, doch das war sie nicht; stattdessen roch es nach Sicherheit und nach Familie.
    Der Eingang führte unmittelbar in einen großen Raum mit Stützsäulen als einzigen Raumteilern. Insgesamt drei Herde gab es hier, und in allen brannten Kochfeuer. Der steinerne Boden war frisch eingestreut, und an den Wänden standen Bänke und Regale. Die niedrigen Bänke waren ausgesprochen breit, und zusammengerollte Schaffelle deuteten darauf hin, dass sie des Nachts als Betten dienten. In den Regalen wiederum fanden sich Nahrungsmittel und persönlicher Besitz. Das meiste Licht in diesem Raum stammte von den Herdfeuern, obwohl an den

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