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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Augenblick mit ihm zu streiten. Ich war außerdem recht sicher, dass er mit mir fahren würde, wenn er mich an Bord gehen sah. Bis dahin würde er vermutlich sehr müde und gelangweilt sein. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er auch dann noch allein auf der Insel würde bleiben wollen.
    Im Laufe der Nacht kam ich zu dem Schluss, dass es in mancherlei Hinsicht vielleicht sogar besser für mich war, dass er mir Gesellschaft leistete. Als ich mich in jener Nacht im Zelt des Narren zur Ruhe legte, wirkte Dick dort wie ein Eindringling, so fehl am Platz wie ein Erntetanz an diesem von den Göttern verlassenen Strand. Doch wäre er nicht da gewesen, so weiß ich, dass ich in tiefe Melancholie versunken wäre und über alles nachgegrübelt hätte, was ich verloren hatte. So war er Ablenkung und Ärgernis zugleich, aber auch ein Kamerad. Indem ich mich um ihn kümmerte, hatte ich keine Zeit, mich in meinem Schmerz zu suhlen. Stattdessen musste ich zunächst einmal Gepäck für ihn zusammenstellen. Ich packte ihm warme Kleidung und so viel Essen wie möglich ein, wohl wissend, dass er den Proviant selbst in schwierigen Situationen nie zurücklassen würde. Doch während ich mich für den Schlaf vorbereitete, graute es mir bereits vor dem Morgen, da ich ihn hinter mir her würde schleifen müssen.
    »Wirst du jetzt schlafen?«, verlangte Dick von mir zu wissen, als ich die Decke über den Kopf zog.
    »Ja.«
    »Ich mag dieses Zelt. Es ist hübsch.«
    »Ja.«
    »Es erinnert mich an den Wagen, als ich klein war. Meine Mutter hat hübsche Dinge mit Farben, Schleifen und Perlen gemacht.«
    Ich schwieg in der Hoffnung, dass er bald eindösen würde.
    »Nessel mag auch hübsche Dinge.«
    Nessel. Scham flutete über mich hinweg. Ich hatte sie in Gefahr gebracht und sie beinahe verloren, und seit diesem Augenblick hatte ich nicht einmal versucht, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Die Art, wie ich ihr Leben riskiert hatte, betrübte mich, und ich schämte mich dafür, dass ich nicht derjenige gewesen war, der sie gerettet hatte. Und selbst falls ich den Mut aufgebracht hätte, sie um Verzeihung zu bitten, hätte ich ihr nie sagen können, dass ihr Vater im Sterben lag. Irgendwie fühlte sich das alles so an, als wäre es meine Schuld gewesen. Wäre ich nicht dort gewesen, wäre Burrich dann gekommen? Hätten wir den Drachen dann herausgefordert? Dies war das Maß meiner Feigheit. Ich konnte mit dem Schwert in der Hand hinausziehen, um die Bleiche Frau zu töten, aber ich konnte nicht meiner Tochter gegenübertreten, der ich solches Unrecht zugefügt hatte. »Geht es ihr gut?«, fragte ich grimmig.
    »Es geht ihr schon etwas besser. Ich werde ihr heute Nacht das Zelt zeigen, einverstanden? Es wird ihr gefallen.«
    »Das wird es wohl.« Ich zögerte und wagte mich dann einen Schritt weiter. »Hat sie noch immer Angst einzuschlafen?«
    »Nein. Ja. Nun, nicht, wenn ich da bin. Ich habe ihr versprochen, dass ich sie nie mehr dort werde reinfallen lassen. Ich habe ihr versprochen, dass ich auf sie aufpassen werde. Ich schlafe immer zuerst ein. Dann kommt sie rein.«
    Er sprach, als würden sie sich in einer Taverne treffen, als wäre > Schlaf< ein Raum am anderen Ende der Stadt oder ein anderes Dorf die Straße hinunter. Als er wieder sprach, versuchte mein Verstand zu verstehen, was die einfachen Worte für ihn bedeuteten. »Nun, ich werde jetzt schlafen müssen. Nessel wird schon auf mich warten.«
    »Dick, sag ihr... Nein. Ich bin froh. Ich bin froh, dass du so bei ihr sein kannst.«
    Er richtete sich auf die pummeligen Unterarme, um mir in ernstem Ton zu sagen: »Es wird alles wieder gut werden, Tom. Sie wird ihre Musik wiederfinden. Ich werde ihr dabei helfen.« Er atmete tief ein und stieß einen verschlafenen Seufzer aus. »Sie hat jetzt einen Freund. Ein anderes Mädchen.«
    »Hat sie?«
    »Hm. Sydel. Sie kommt vom Land, ist einsam und weint viel, und sie hat nicht die richtigen Kleider. Also hat sie sich mit Nessel angefreundet.«
    Das sagte mir weit mehr, als ich wissen wollte. Meine Tochter hatte Angst zu schlafen, war des Nachts unglücklich, einsam und hatte sich mit einer verstoßenen Gescheckten angefreundet. Plötzlich war ich mir sicher, dass Harm mindestens so gut zurechtkam wie Nessel. Mich verließ der Mut. Ich versuchte, zumindest Befriedigung darüber zu empfinden, dass Kettricken Sydel aus ihrer unverdienten Isolation geholt hatte. Es war hart.
    Der kleine Ölfeuerkessel des Narren zwischen uns flackerte und verlosch.

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