Die 39 Zeichen 02 - Mozarts Geheimnis
Pressekonferenz ausgesucht hat? Was ist, wenn er sie nur deswegen dort abgehalten hat, um Nannerls Tagebuch zu stehlen?«
»Das ergibt Sinn«, überlegte Dan, »außer dass er gerade hier auf dem Bildschirm zu sehen ist, während 20 Kameras auf ihn gerichtet sind, und es nicht unbedingt den
Anschein macht, als wäre es ihm möglich, völlig unbeobachtet ein Buch aus einer Bibliothek zu entwenden.«
Amy schüttelte den Kopf. »Wann sind wir Jonah jemals begegnet, ohne dass sein Vater hinter ihm stand, mit zwei Handys auf einmal telefonierte und Geschäftstermine auf seinem Blackberry ausmachte? Nur siehst du Daddy jetzt irgendwo bei dieser Pressekonferenz?«
Dan hatte angebissen. »Jonah hat die Pressekonferenz abgehalten, um seinem Vater zu ermöglichen, sich ins Mozarthaus zu schleichen und das Tagebuch zu klauen! Amy, du hattest recht - das Tagebuch ist tatsächlich wichtig!«
»Ja, und jetzt haben es unsere Gegner.«
»Das ist blöd«, stimmte Dan ihr zu. »Wir waren nur einen Tag zu spät. Und doch …« Seine Augen glitzerten, als ihm eine Idee kam. »Sie haben es aus dem Museum gestohlen; klauen wir es doch einfach ihnen!«
»Moment mal«, mischte Nellie sich ein. »Es ist ein großer Unterschied, einfach nur nach Hinweisen zu suchen oder Leute auszurauben. Ihr seid doch keine Gangster.«
»Aber Jonah und sein Vater sind welche«, verteidigte sich Dan. »Wenn wir es mit ihnen aufnehmen wollen, müssen wir bereit sein, das zu tun, was sie auch tun.«
Doch Nellie ließ sich nicht umstimmen. »Solange ich euer Babysitter bin …«
»Unser Au-pair!«, warf Dan aufgebracht ein.
»… werde ich nicht einfach dabei zusehen, wie ihr beiden auf die dunkle Seite wechselt.«
»Aber dann verlieren wir!«, jammerte Dan.
Mit ernster Miene ergriff Amy das Wort. »So wenig es mir gefällt, einer Meinung mit Dan zu sein, aber in diesem Fall hat er nicht ganz unrecht. Ich weiß, dass Stehlen falsch ist, aber dieser Wettbewerb ist einfach eine Nummer zu groß für uns, erst recht, wenn wir die ganze Zeit auch noch versuchen wollen, die Guten zu spielen. Wir bekommen hier die Möglichkeit, Geschichte zu schreiben - womöglich könnten wir am Ende sogar die ganze Welt verändern!«
»Ja, vielleicht bekommt ihr am Ende die Chance, die Welt zu ändern«, stimmte Nellie zu. »Das hat zumindest Mr McIntyre gesagt. Er hat aber auch gesagt, dass ihr niemandem trauen sollt - einschließlich ihm selbst.«
Plötzlich füllten sich Amys Augen mit Tränen, die sie eisern versuchte wegzublinzeln. Das hier war viel zu wichtig, um jetzt die Nerven zu verlieren. »Wir haben unsere Eltern vor ihrem Tod kaum kennengelernt. Grace war alles, was wir hatten, und jetzt haben wir noch nicht einmal mehr sie. Der Wettbewerb ist für alle eine große Sache, aber für uns ist er alles, was wir noch haben. Wir können das hier nicht halbherzig tun. Wir müssen auf volles Risiko gehen. Und das heißt, wir dürfen keinen noch so kleinen Hinweis außer Acht lassen - auch nicht, wenn er sich in einem fremden Hotelzimmer im Besitz einer anderen Person befindet.«
Nellie schwieg. Amy schluckte mühsam und fuhr fort. »Du bist keine Cahill, also musst du dich auch wegen uns
keiner Gefahr aussetzen. Wenn du also nicht mit dem leben kannst, was wir tun müssen, dann müssen wir einfach einen Weg finden, ohne dich weiterzumachen.«
Dan starrte seine Schwester ungläubig an. Der Weg, der vor ihnen lag, würde ohne ihr Au-pair-Mädchen sicher 20 Mal schwieriger, komplizierter und gefährlicher werden. Die Rückendeckung eines Erwachsenen war unverzichtbar für jeden ihrer Schritte, für jede Grenze, die sie überqueren mussten, für jedes Hotelzimmer, das sie mieteten. Sie waren schon jetzt die krassen Außenseiter in diesem Wettbewerb. Auf sich allein gestellt, müssten schon Wunder geschehen, um von einem Ort zum anderen und von einem Tag zum anderen zu gelangen.
Nellie blickte ihre Schützlinge an. An Dans aufbrausende Art war sie gewöhnt, aber Amy war die vernünftigste 14-Jährige, die sie jemals getroffen hatte. Auf einmal überkam sie eine Welle von Zuneigung und Stolz.
»Glaubt ihr, dass ihr mich so leicht loswerdet?«, fragte sie. »Keine Chance. Das hier ist vielleicht euer Spiel, aber ich mache immer noch die Regeln. Ich lasse euch auf keinen Fall bei einem Superstar einbrechen, ohne dass ich dabei bin. Schnappt euch einen Stuhl, wir müssen den Überfall genau planen, damit nichts schiefgeht.«
Das königlich-habsburgische Hotel war im
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