Die 39 Zeichen 03 - Das Schwert der Samurai
aus, breitete es flach auf dem Boden aus, legte die Gegenstände darauf und hob dann die Ecken an. Dan fädelte eine Kordel aus seinem Jackensaum und machte einen Knoten, sodass ein sicherer Beutel entstand.
Amy war bereits losgeklettert und verzog vor Schmerzen das Gesicht. Dan nahm die Enden der Kordel zwischen seine Zähne, packte die Leiter und zog sich nach oben.
Unter ihm stierte Alistair in die Dunkelheit, die eine Hand an der Leiter, mit der anderen umklammerte er seinen Gehstock. »Komm schon!«, rief Dan.
»Geht einfach!«, erwiderte Alistair.
Schwere Schritte waren auf dem Gleis zu vernehmen. Ein Mann tauchte aus der Finsternis auf, in seinem rußverschmierten Gesicht reflektierten nur die Zähne und die Augen das Licht. Da sah Dan den Dolch in seiner rechten Hand schimmern.
Endlich bewegte sich auch Alistair. Er hatte gerade die zweite Sprosse erreicht, als ein kehliger Schrei ertönte. »HEEE-YAHHHH!«
Dan blickte nach unten und sah, wie die Yakuza-Klinge durch die Luft schnitt und auf Onkel Alistairs Beine zielte.
Achtes Kapitel
»Pass auf!«, schrie Amy.
Alistair keuchte.
Klingggg!
Dan spürte, wie die Leiter zitterte. Er hielt sich gut fest und blickte gebannt auf die großartige Szene, die sich unter ihm abspielte.
In einer einzigen, exakt kalkulierten Bewegung ließ Alistair seinen Gehstock hinabsausen, um seinem Angreifer die Klinge aus der Hand zu schlagen. Beim Rückschwung erwischte Alistair den Yakuza dann noch seitlich am Kopf, sodass der nach hinten taumelte und über das Gleis fiel.
»Weiter, Dan!«, rief Alistair.
»Wo hast du das denn gelernt?«, fragte Dan erstaunt, während er mit einer Hand krampfhaft den Beutel umklammerte und sich mit der anderen an der Leiter festhielt.
»Ich stecke voller Überraschungen - und jetzt beweg dich!«, befahl Alistair.
Amy war es gelungen, das Abdeckgitter am oberen Ende der Leiter beiseitezuschieben. Dan biss wieder fest in die Kordel und krabbelte hinter ihr her auf die Straße. Einen
Moment später hievte sich auch Alistair mit einem vernehmlichen Grunzen aus dem Schacht. Eine Mutter, die ihr Baby im Kinderwagen vor sich herschob, machte einen erschrockenen Schritt zur Seite. Schnell begann Dan, das Gitter wieder an seinen Platz zu zerren.
»Dafür haben wir jetzt keine Zeit!«, rief Alistair, riss Dan hoch und zog ihn hinter sich her auf die Straße.
»Warte!«, protestierte Dan. »Was ist mit Amy?«
Humpelnd versuchte sie Dan und Alistair einzuholen.
Da ließ ein Geräusch die drei innehalten. Rußbefleckte Finger versuchten von unten das Gitter zur Seite zu drücken.
»Entschuldigt mich, bitte«, sagte Alistair und eilte zu dem Schacht zurück. Wie ein Golfprofi holte er mit dem Gehstock aus, schwang ihn nach unten und traf mit voller Wucht die tastenden Fingerkuppen.
Ein gequälter Aufschrei folgte, und Dan konnte den dumpfen Aufschlag gleich mehrerer Körper vernehmen, die auf dem Boden unter der Leiter auftrafen.
Alistair kniete sich vor Amy hin und forderte sie auf: »Steig auf meinen Rücken!«
Sie sprang hoch und er verschränkte die Arme unterhalb ihrer Knie. Er verzog sein Gesicht, als er hinter Dan über die Straße hinkte. In der untergehenden Sonne erinnerte ihr Schatten Dan stark an den berühmten Glöckner von Notre Dame.
Ein Auto hupte und musste seitlich ausweichen. Der Fahrer schrie ihnen hinterher.
»Der Beutel …«, presste Alistair zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Lass ihn in der Gasse dort liegen. Wir kommen später zurück, um ihn zu holen!«
Dan bemerkte einen dunklen, engen Gang zwischen den Gebäuden und warf Alistairs straff geschnürtes Jackett hinein.
Sie stolperten um die nächste Ecke und einen kleinen Hügel zwischen niedrigen Ziegelgebäuden hinauf, aus deren Fenstern im Erdgeschoss der Geruch nach Sojasoße und gebratenen Shrimps in dampfenden Wolken auf die Straße drang. Alistair eilte zielstrebig weiter, über einen großen, leeren Spielplatz, durch ein offenes Tor auf eine andere Straße.
»Wohin gehen wir?«, rief Dan.
»Ich habe Freunde«, erklärte Alistair. »Wir müssen einfach nur ein Taxi ergattern …«
Und wie durch ein Wunder kam gerade in diesem Moment ein Taxi die Straße entlang. Alistair ließ Amy mit einer Hand los und winkte heftig, während er irgendetwas auf Japanisch brüllte.
Doch als das Taxi auf ihn zu fuhr, heulte plötzlich der Motor auf und es beschleunigte.
»Vorsicht!«, schrie Dan.
Alistair sprang aus dem Weg und Amy flog in hohem Bogen
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