Die 39 Zeichen 03 - Das Schwert der Samurai
war mit schwarzem Staub bedeckt und seine Augen hatten
die Größe von Tennisbällen. »Er hat es geschafft. Onkel Alistair. Er hat unser Leben gerettet. Einfach herausgegriffen. Aus der Wand. Wie …?« Dan machte einen schwankenden Schritt nach vorn, beugte sich vor und glotzte auf Amys Fuß. »Er ist immer noch dran. Er hat ihn nicht amputiert, als er …«
Bei diesen Worten gaben Dans Knie nach und er brach zusammen.
»Dan!«, schrie Amy. Als sie sich streckte, um seinen Arm zu greifen, durchfuhr ein stechender Schmerz ihr Fußgelenk.
»Schon in Ordnung«, stöhnte Dan und setzte sich auf. »Ich bin okay. Du musst nicht den Notarzt rufen. Ist mein Haar weiß geworden? So wie im Film, wenn die Menschen richtig, richtig Angst haben?«
»Ihr seid nun beide in Sicherheit«, sagte Alistair, der sein Streichholz herumschwenkte, um die Grenzen eines großen Raumes auszuloten. »Dan, dein Haar ist nicht weiß und du hattest recht in Bezug auf das Versteck. Es ist mehr oder weniger da, wo du es vermutet hast. Es gab ein kleines Graffito, ein altes Symbol auf etwas, das wie eine elektrische Platine aussah. Ich habe es an der Wand gespürt und gedrückt. Da öffnete sich die Tür. Ich habe es fast nicht mehr geschafft, euch beide hier hereinzuholen.«
Amy sprang auf ihrem heilen Fuß vorwärts, den anderen hielt sie in der Luft und warf ihre Arme um Alistair. »Danke.«
Sie spürte, wie er zusammenzuckte. Einen schrecklichen
Moment lang dachte sie, dass sie etwas furchtbar Falsches getan hatte. Doch dann legte auch Alistair ungeschickt seine Arme um sie. »Ich … war euch etwas schuldig«, sagte er leise.
»Mindestens«, warf Dan ein.
Alistair nickte. »Ich denke, meine Bilanz, was die Rettung aus lebensbedrohlichen Situationen betrifft, ist nicht besonders gut.«
»Nun, das hast du jetzt wiedergutgemacht«, meinte Amy und vergrub ihr Gesicht in Alistairs seidener Anzugjacke, die immer noch nach Rasierwasser roch.
Dann löste sich Alistair sanft aus der Umarmung und sah besorgt zu Amys Fuß hinunter. »Nun, wie fühlt er sich an?«
»Als wäre er unter einer Schiene eingeklemmt gewesen und dann aus seinem Schuh herausgerissen worden«, versuchte Amy ihre Schmerzen zu überspielen. »Ich kann ihn zwar bewegen, aber ich glaube, ich habe mir den Knöchel verstaucht.«
»Ich wette, zum Steppen reicht’s nicht«, sagte Dan, der immer noch ein wenig mitgenommen klang.
Amy lächelte ihren Bruder an. Sie hätte niemals gedacht, dass sie sich irgendwann einmal über seine blöden Witze freuen würde. Sie fühlte eine Welle der Zuneigung in sich hochsteigen.
»Oh nein, ich kenne diesen Blick - keine Umarmungen!«, rief Dan und wich zurück.
Schnell knipste er die Taschenlampe an und ließ den
Lichtkegel durch den Raum gleiten. Überall auf dem Boden verstreut lagen, dick mit schwarzgrauem Staub bedeckt, alte Kleidungsstücke, seltsame fleckige Metallgegenstände, eine Kiste, ein Globus und noch einiges mehr. Während sie näher herantraten, bemerkte Alistair: »Nun, die Yakuza scheinen vielleicht irgendein unterirdisches Netz zu kontrollieren, aber es sieht nicht so aus, als wären sie innerhalb der letzten paar Jahrhunderte hier gewesen.«
»Hey«, meldete sich Dan. »Was sagt Jar Jar Binks, wenn er einem Mitglied der japanischen Mafia begegnet?«
Amy stöhnte. »Du erholst dich viel zu schnell.« »Ich mache mit. Warte …« Alistair hielt für einen Moment inne und lächelte dann. »Werse duse denn? Yakuse?«
Dans Grinsen verschwand. »Woher wusstest du das? Ich habe es mir gerade erst ausgedacht.«
»Wortspiele sind ein Zeichen tief verwurzelter Intelligenz«, antwortete Alistair weise, während er seine immer noch weißen Handschuhe überstreifte. Er beugte sich vor und hob vorsichtig ein zerschlissenes Kleidungsstück hoch. »Schwer zu sagen, wie alt das hier ist. Es ist von so vielen Jahrzehnten Staub bedeckt.«
»Hey, seht mal!«, rief Dan. Er entrollte eine Schriftrolle, die er hinter einer Truhe hervorgezogen hatte.
»Vorsicht!«, warnte Amy.
Die Rolle war an den Rändern schwarz verfärbt, aber die drei Zeilen mit stilisierten japanischen Schriftzeichen waren noch lesbar. »Was steht da?«, fragte Dan.
Alistair besah es sich genau. »Es ist ein Haiku, glaube
ich. Wartet, ich möchte das Metrum richtig hinbekommen … ›Finde neues Heim/von Hideyoshis Schätzen/ durch Geometrie‹.«
»Schätze?«, wiederholte Amy. »Schließt das die Schwerter mit ein?«
»Wir sind reich!«, jubelte Dan.
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