Die 39 Zeichen 03 - Das Schwert der Samurai
»Juu-huu - ich wusste es! Okay, Geometrie. Das kann ich. Wartet mal, gebt mir eine Minute …«
»Das könnte alles Mögliche bedeuten …«, überlegte Amy und blickte sich im Raum um.
»Wir sind in einem großen Raum«, erklärte Dan. »Also … vielleicht der Rauminhalt eines Spats?«
»Wie bitte?«, staunte Alistair.
»Ein dreidimensionales Parallelogramm, wie dieser Raum«, erklärte ihm Dan.
»Wie soll das denn das Rätsel lösen?«, fragte Amy. »Es ist, als wollte man eine Hypotenuse in einem Heuhaufen finden.«
»Soll das ein Witz sein?«, fragte Dan. »Denn falls es einer ist, solltest du mir ein Zeichen geben. Zum Beispiel: Schlag dir zwei Mal gegen den Kopf, damit ich weiß, wann ich lachen muss.«
Er ließ die Rolle mit einer Hand los. Sie schloss sich schnappend, sodass das Geräusch von den Wänden widerhallte und die Stille durchschnitt.
Die vollkommene Stille.
Amy sah sich nervös um. »Ähm, sollte inzwischen nicht ein weiterer Zug vorbeigekommen sein …?«
Dan griff in seine Tasche. »Ich fürchte, ich habe meinen Fahrplan auf dem Gleis verloren.«
»Ich meinte eigentlich: logisch müsste längst noch ein Zug gekommen sein«, erklärte Amy. »Wenn schon nicht in dieser Richtung, dann zumindest in der anderen. Die Züge fahren doch normalerweise ziemlich oft, oder? Warum ist es hier dann so still?«
Alistair richtete sich kerzengerade auf. »Da hast du recht. Sie müssen die Stromzufuhr gekappt haben. Das bedeutet …«
Durch die Wände war entferntes Stimmengemurmel zu vernehmen. Es kam aus nördlicher Richtung, von dem Gleis, das dem gegenüberlag, über das sie gekommen waren.
»Wer ist das?«, fragte Dan. »Die Polizei?«
Alistairs Gesicht wirkte plötzlich alt und faltig. »Nein«, antwortete er und horchte. Seine Stimme zitterte, als er weitersprach: »Yakuza.«
»Was sollen wir jetzt tun?«, rief Dan.
»Sie können uns hier nicht finden, oder?«, warf Amy ein. »Also bleiben wir?«
Alistair packte Dan und Amy am Arm und zog sie Richtung Tür. »Vielleicht gehen sie über die Gleise und sehen den verlorenen Schuh, den Fahrplan, den du fallen gelassen hast, oder die Fingerabdrücke auf der Platine an der Wand. Wir müssen weg.«
»Würfel!«, platzte Amy plötzlich heraus, riss sich los und rannte zurück zu dem ganzen Zeug auf dem Boden.
»Seht doch! Kugel! Zylinder! Para - Parallelowasauchimmer! Das sind geometrische Figuren - stimmt’s, Dan? Sie sind alle hier !«
Dan schnappte sich den Globus und stopfte ihn in seinen Rucksack. »Nehmt sie alle mit!«
»Schnell!«, drängte Alistair. Er nahm einen kleinen Würfel in die eine und eine dreieckige Röhre in die andere Hand. Amy griff nach einem zylinderförmigen Hohlkörper und lief dann zurück zur Tür.
Im nächsten Augenblick standen sie wieder draußen auf dem Gleis. Alistair drückte die dicke Tür hinter sich zu. Wo vorher eine nahtlos mit Ruß beschmutzte Wand gewesen war, konnte man nun den schwachen Umriss der gerade geöffneten Tür erkennen.
Der Zug, der sie beinahe überfahren hatte, war in einiger Entfernung zum Stillstand gekommen. Die letzten seiner Wagen hatten noch nicht den nächsten Bahnsteig erreicht.
Amy zog ihren Schuh unter der Schiene hervor und streifte ihn sich über den Fuß. Sie schwankte, ihr Fußgelenk pulsierte schmerzhaft. Doch allein der Gedanke, jetzt innezuhalten, ließ sie erschaudern. Sie biss die Zähne zusammen und rannte. Alle drei flogen sie über die Gleise dahin, zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Schon bald kam die Bahnstation in Sicht, doch das Gleis war von Scheinwerfern erleuchtet. Lichtkegel, die wie Glühwürmchen tanzten.
Sie blieben stehen. Ihr rasselnder Atem hallte von den Tunnelwänden wider.
»Polizei«, flüsterte Alistair. »Wir dürfen nicht riskieren, dass sie uns finden. Sie werden uns festnehmen.«
Die Lichter kamen näher, die Stimmen wurden lauter.
Aus der anderen Richtung hörte es sich so an, als ob die Yakuza die Seite gewechselt hätten und nun auf ihrem Gleis den Weg fortsetzten.
»Yakuza?«, fragte Dan.
»Sie werden uns töten«, antwortete Alistair.
»Dann ist die Wahl schnell getroffen«, sagte Dan und begann, auf die Polizisten zu zulaufen.
»Nein!« Amy packte ihn am Arm.
»Und was schlägst du vor, wo wir hingehen sollen?«, zischte Dan.
Amy sah nach oben. Über ihren Köpfen war die unterste Sprosse einer Leiter zu erkennen.
»Wir müssen alles mitnehmen«, sagte Alistair. Er zog schnell sein seidenes Jackett
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