Die 39 Zeichen 05 - Die Rache der Romanows
geschlossen hatte.
»Wo ist sie hin?«, staunte Dan. »Und wie sollen wir hier je wieder rauskommen?«
Amy zuckte nervös die Schultern und sah sich die fein bemalten Wände an. »Sieht aus wie ein Michelangelo. «
»He!«, bemerkte Dan da. »Ich kenne ein paar von denen! Das da ist Ben Franklin!«
Und tatsächlich thronte die bebrillte Gestalt über ihren Köpfen, hielt eine Drachenschnur in der Hand und lächelte in den Himmel.
»Und das da ist bestimmt Napoleon. Klein genug ist er jedenfalls«, meinte Amy.
»Und das muss Churchill sein«, sagte Dan und deutete
auf einen rundlichen Mann, der zwei Finger zum Victory-Zeichen gespreizt hatte.
»Dan«, sagte Amy mit weit aufgerissenen Augen. »Die sind alle Lucians. Jeder einzelne.«
Dan wurden die Knie weich. Das konnte nur eins bedeuten. »Wir sind hier in einer Festung der Lucians«, raunte er.
»Schlecht«, meinte Amy. »Sehr schlecht. Bloß raus hier!«
Sie fuhr mit den Händen über die riesige Tür und suchte nach einem Riegel oder einer Zahlenkombination, durch die sie nach draußen gelangen konnten.
»Los, Dan!«
Auf einmal hörten sie ein Geräusch. Dan wandte sich um und entdeckte, dass sich an der gegenüberliegenden Wand ein Durchgang geöffnet hatte. Neben dem Spalt war Isaac Newton auf dem Gemälde zu sehen, der sie scheinbar einlud, einzutreten.
Da ertönte die Stimme wieder, ruhig und seidenweich. »Ihr braucht keine Angst zu haben. Folgt den Lichtern. Schnell, bevor man euch sieht!«
Ein Lichtband führte sie erneut einen schier endlosen Gang entlang. Aber dieses Mal waren die Lichter orange, nicht weiß, und wollten gar nicht mehr enden.
»Folgt den Lichtern, bis ihr an der zwölften Tür links angelangt seid. Und beeilt euch! Diese Räume sind nie lange verlassen.«
»Die Stimme kommt aus einem Lautsprecher«, stellte Amy fest. »Sie ist gar nicht hier.«
Dan und Amy tauschten einen letzten festen Blick aus, dann nickten beide. Sie hatten keine andere Wahl. Sie hatten gerade zwei Schritte ins Innere getan, da schloss sich die Wand schon wieder hinter ihnen und sie irrten durchs Halbdunkel.
»Noch eine Tür, die sich hinter uns schließt«, bemerkte Dan. »Hier kommen wir nie wieder heraus.«
Sie zählten die Türen, bis sie an der zwölften angelangt waren. Dort blieben sie schweigend stehen. Irgendwo in der Ferne öffnete sich eine Tür und die beiden verharrten still.
Dan wandte den Kopf und sah, wie sieben oder acht Türen weiter hinten eine Gestalt durch den Flur lief. Die Öffnung in der Wand schob sich gerade lang genug auf, dass die Person hindurchschlüpfen konnte, dann schloss sie sich wieder.
»D-d-das ist sicher irgendein Agent«, flüsterte Amy.
»Wir gehen jetzt rein«, beschloss Dan.
Er legte die Hand um den Knauf, zögerte dann aber.
»Bist du sicher, dass wir links zwölf Türen abgelaufen sind?«, fragte er. »Wäre ziemlich übel, wenn wir an der falschen Tür klopfen würden.«
Dan war gar nicht danach, in ein Treffen von Agenten in schwarzen Anzügen zu platzen.
Amy zögerte. Sie ahnte, dass Dan zurücklaufen und
noch einmal die Türen abzählen wollte, nur zur Sicherheit, aber die Wandöffnung am anderen Ende des Flures schob sich erneut auf.
Dan drehte den Knauf, die beiden hetzten ins Zimmer und schlugen die Tür hinter sich zu.
Sie befanden sich in einem Büro mit einem großen Eichenschreibtisch, einem Teppich über den Holzdielen und einem freistehenden Globus. Ein langer weißer Mantel hing an einem ebenso weißen Garderobenhaken und das Wappen der Lucians nahm eine gesamte Wand ein. Das Einzige wirklich Außergewöhnliche in diesem Zimmer war die Person, die hinter dem Schreibtisch saß.
Sie trug einen weißen Anzug, der im Kontrast zu ihrem schwarzen Haar umso beeindruckender aussah. Und sie erschien vollkommen alterslos. Dan hätte nicht sagen können, ob sie vierzig oder sechzig war, denn in ihrem Blick lag etwas sehr Weises, aber ihr Gesicht hatte keine Falten. Sie war eine klassische russische Schönheit. Amy starrte die Frau an, als wäre sie eine Königin.
»Ihr macht es gerne spannend. Das mag ich an euch. Kommt, setzt euch«, sagte die Frau.
Vor ihrem Schreibtisch standen zwei Stühle, und Dan und Amy nahmen gehorsam Platz.
»Ihr könnt eure Tarnung abnehmen. Die braucht ihr hier nicht.«
Dan stellte den Rucksack auf den Boden. Er war froh,
seinen falschen Bart loszuwerden, und ließ ihn mit einem Blick auf seine Armbanduhr in die Tasche fallen. Wir haben es geschafft! , dachte
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