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Die 39 Zeichen 09 - Ruf der Karibik

Die 39 Zeichen 09 - Ruf der Karibik

Titel: Die 39 Zeichen 09 - Ruf der Karibik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Sue Park
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– ihr könnt mich Miss Alice nennen.«
    »Ich bin Nellie und das hier sind Dan und Amy.«
    »Überrascht mich, Grace’ Enkelin hier zu sehen«, fuhr Miss Alice fort. »Eigentlich warte ich auf dich.« Sie blickte Nellie tief in die Augen.
    »Mich? Aber wieso? Ich hab doch … Ich kann nicht …«
    »Grace. Sie hat mir gesagt, du würdest irgendwann kommen und ich sollte nach dir Ausschau halten.«
    »Das hat sie Ihnen gesagt? Wann?«
    Miss Alice runzelte die Stirn. »Sie war hier vor … zwanzig Jahren? Vielleicht sind es auch schon fünfundzwanzig.«
    Nellie ging zurück zur Verandatreppe. »So, wir müssen jetzt leider gehen«, erklärte sie bestimmt. »Ich weiß ja nicht, was sie hier vorhaben, Miss Alice, aber ich weiß genau, dass die Wahrheit dabei keine Rolle spielt. Denn vor 25 Jahren war ich noch nicht einmal geboren und Grace habe ich erst dieses Jahr kennengelernt.«
    Jetzt wurde Miss Alice böse. »Jetzt mal langsam, dawta . Bist du immer so unverschämt zu Leuten, die älter sind als du?«
    Nellie kam sich vor wie ein gescholtenes Kind. Sie zögerte, suchte nach einer passenden Antwort.
    »Setz dich und lass mich zu Ende erzählen.« Miss Alice sah sie missmutig an, dann humpelte sie zu einem verwitterten Gartenstuhl und setzte sich. Dan und Amy ließen sich auf den Verandastufen nieder. Nellie nahm widerwillig den anderen Stuhl, machte es sich aber gar nicht erst bequem. Miss Alice wartete einen Moment, dann begann sie mit ihrer Geschichte.
    »Grace hat nach mir gesucht. Eigentlich nicht nach mir, sondern nach etwas, das ich habe. Etwas, das unsere Familie schon lange besitzt. Sie hat es gefunden, sie hat mich gefunden, und dann hat sie mich um einen Gefallen gebeten. Sie hat gesagt, wenn jemand mit dem passenden Stück kommt, soll ich ihm meins geben.«
    Miss Alice lachte schrill auf. »Ha! hab ich gesagt, warum sollte ich das wohl tun? Sie ist eine Fremde, und es ist schon so lange in unserer Familie. Aber ihr kennt ja Grace. Sie gibt nicht auf.«
    Amy und Dan nickten wissend.
    »Sie hat mir gesagt, es sei wichtig für sie und ihre Familie, und dann hat sie mich gefragt, was sie mir geben muss, damit ich es tue. Ich hab lange, lange drüber nachgedacht. Zwei, drei Monate. Sie ist jeden Tag zu mir gekommen und wir haben über Jamaika gesprochen. Sie wollte all die alten Geschichten hören. Aber eure Großmutter hat mich nie gedrängt. Ich konnte in Ruhe über alles nachdenken. Und mit der Zeit sind wir Freundinnen geworden.«
    »Irgendwann hab ich mich dann entschieden und ihr erzählt, dass ich möchte, dass Lester das College besucht. Er war damals noch ein Zwerg, etwa so groß« – sie hielt eine Hand auf Kniehöhe – »aber wir sind nicht reich, wir können natürlich gut leben, aber das College kostet eine Menge. Grace hat eingewilligt und ist dann zurück in die Staaten. Aber sie hat immer mal angerufen und sich nach mir und Lester erkundigt. Lester war dann auf einem College in Atlanta, hat einen hervorragenden Abschluss gemacht und jetzt eine gute Arbeit. Er hat Geschichte und Bibliothekswesen studiert.«
    Miss Alice nickte. »Jetzt ist es an mir, meinen Teil des Versprechens zu halten. Grace hat aber nichts davon gesagt, dass ein freches amerikanisches Mädchen kommen wird«, schnaubte sie verächtlich. »Sie meinte nur, es sei jemand, der das passende Gegenstück hat.«
    »Welches Stück?«, fragte Nellie verwundert.
    Miss Alice beachtete den Einwurf des Au-Pairs-Mädchens nicht weiter. »Lester!«, rief sie stattdessen. »Bring mir mal die Schachtel aus der Kommode neben meinem Bett.«
    Der junge Mann trat auf die Veranda – in der einen Hand ein Sandwich, in der anderen eine kleine Schachtel.
    »Lester, das sind Danny, Ellie und Jamie«, stellte Miss Alice sie vor.
    »Nah dran«, murmelte Nellie.
    »Lester hat euch entdeckt«, erzählte Miss Alice. »Ich komme nicht mehr viel rum, also hab ich ihm schon vor langer Zeit erklärt, wonach er Ausschau halten soll. Er hat euch im Archiv gesehen und mich sofort angerufen.« Sie strahlte ihn stolz an.
    Lester schenkte ihnen sein umwerfendes Lächeln und reichte Miss Alice die Schachtel. »Ich geh dann jetzt, Grandma«, sagte er. Sie verabschiedeten sich und Lester trottete mit seinem Brot in der Hand davon.
    Miss Alice schüttelte die Schachtel vorsichtig. »Die ganzen Jahre«, murmelte sie. Dann musterte sie Nellie gründlich durch ihre Brille. »Ja, es passt.«
    Nellie platzte vor Neugier. Es passt wozu? Zu meinem Gesicht? , fragte sie

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