Die 39 Zeichen - Die Rache der Romanows - Band 5
der jungen Prinzessin Anastasia. Alles, was Amy über sie gelesen hatte, war absolut beeindruckend. Anastasia war wie ein normales Kind großgezogen und nie wie eine Prinzessin behandelt worden. Sie war außergewöhnlich liebenswert, konnte aber ihren Lehrern und Freunden auch meisterhaft Streiche spielen.
»Sie stellte gern alle möglichen Dinge an und offenbar war sie außerdem eine hervorragende Kletterin. Wenn sie einen hohen Baum erklommen hatte, war es schwer, sie wieder herunterzubekommen.«
»Hört sich sympathisch an«, bemerkte Dan.
»Aber sie kam auf grauenhafte Weise ums Leben. Sie wurde ermordet. Die gesamte Zarenfamilie wurde ermordet. Ihr Bruder Alexej und ihre drei Schwestern. Und ihre Eltern. Es war ein Erschießungskommando. Ein Kugelhagel. Die Kugeln sind sogar noch von den Wänden abgeprallt. Aber es gibt da einen kleinen Hoffnungsschimmer. Irgendetwas, das mit alldem hier in Verbindung steht, glaube ich. Viele Menschen nehmen bis heute an, dass Anastasia damals nicht zusammen mit ihrer Familie gestorben ist.«
»Und wann soll sie dann gestorben sein?«
»Man erzählt sich, als Jahre später die Gräber der Zarenfamilie gefunden wurden, sei ihre Leiche nicht dabei gewesen.«
»Cool!«, meinte Dan.
»Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, Rasputin war ein Cahill. Ich glaube, er hat versucht, Alexej und Anastasia zu retten. Was auch immer es war, dass es so schwierig machte, Rasputin zu töten, vielleicht hat er genau dieses Geheimnis auch an die beiden weitergegeben. Erst gab er es Alexej, um ihn von seiner Krankheit zu heilen, und dann Anastasia, um sie vor der Erschießung
zu bewahren. Vielleicht konnten sie Anastasia nicht töten.«
Dan hatte stumm die Augen aufgerissen, und Amy wusste, dass er sich wieder einmal in seinen Superheldenfantasien verlor.
Super-Dan. Genau das, was ich jetzt brauche .
Sie fuhren schweigend weiter und Sankt Petersburg verschwand langsam hinter ihnen. Sanfte Hügel umgaben nun die Straße und die Geschwister sogen bei heruntergekurbelten Fenstern die frische Luft ein.
»Das Dorf ist einer der letzten Orte, an dem Alexej und Anastasia gespielt haben. Alexejs Spielzimmer war ihr Lieblingsplatz im Palast. Und ich erzähl dir noch was: Kurz bevor sie abgeholt wurden, haben Anastasia und ihre Schwestern ihre wertvollsten Juwelen versteckt. Sie haben sie in ihre Kleider eingenäht, damit niemand sie finden sollte.«
»Woher weißt du das denn?«, fragte Dan und sah sie skeptisch an. »Sag nicht, in deinem Reiseführer gibt es ein Kapitel über das Verstecken von Wertgegenständen. «
»Wikipedia«, erklärte Amy. »Ich hab nachgeschaut, während du geschlafen hast. Sie haben etliche Juwelen im Saum ihrer Kleider versteckt. Hamilton Holt hat gesagt, er hat bei der Dostojewski-Statue einen Pflasterstein mit einem Juwel und den Worten Alexejs Spielzimmer entdeckt. Wir sollten in diesem Spielzimmer nach Kleidungsstücken
Ausschau halten. Ich wette, dann finden wir, wonach wir suchen.«
Das Zarendorf kam in Sicht. Amy trat auf die Bremse, schaltete Klein-Tim in den niedrigen Gang, und das Auto stotterte in Kriechtempo weiter.
»Lass uns Timmy so weit wie möglich von den Wachen entfernt parken. Ich möchte nicht mit ansehen müssen, wie er abgeschleppt wird.«
Sie stellten das Auto ab und liefen durch eine lange Reihe von Gärten, die prunkvolle Gebäude umgaben. Überall plätscherten Springbrunnen auf makellos glatten Rasenflächen.
»Ziemlich netter Ort, um seinen Hausarrest abzusitzen«, schmunzelte Dan. »Wirkt nicht gerade wie eine Kerkerzelle.«
»Ganz und gar nicht«, stimmte Amy zu. Das Zarendorf war noch aufsehenerregender, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte Fotos gesehen, doch diese hatten die endlosen Rasenflächen und imposanten Monumente nicht einfangen können.
»Das ist der Katharinenpalast«, erklärte Amy und deutete auf ein Gebäude, dessen Fassade sich meilenweit hinzog.
»Russen scheinen lange Gebäude zu mögen«, meinte Dan. Der Katharinenpalast war fast zwanzig Meter hoch und zehnmal so lang. Weiße Umrandungen entlang des hellblauen Gebäudes und goldene Verzierungen ließen
das Gebäude wie ein riesiges Puppenhaus wirken.
»Und da drüben ist unser Ziel«, rief Amy und zeigte ans Ende der langen Gartenreihe inmitten der Anlage. »Der Alexanderpalast. Los, vielleicht haben wir Glück und kommen sowohl schnell rein als auch wieder raus.«
Der Alexanderpalast war ganz anders als der Katharinenpalast. Antike weiße Säulen
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