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Die 4 Frau

Titel: Die 4 Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson , Andrew Gross
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ließ.
    Die Minuten verstrichen, und als ich es nicht länger aushielt, öffnete ich den Umschlag und entfaltete das Schreiben.
    Ich starrte auf die mit juristischem Kauderwelsch gespickte »Vorladung und Klageschrift« und versuchte herauszufinden, worum es überhaupt ging. Es war nicht allzu schwer. Dr. Andrew Cabot verklagte mich wegen »widerrechtlicher Tötung, übermäßiger Gewaltanwendung und polizeilichen Fehlverhaltens«. Er bat um Ansetzung einer Voruntersuchung in einer Woche, um meine Wohnung, mein Bankkonto und sämtliche weltlichen Güter, die ich vor dem Prozess verschwinden lassen könnte, beschlagnahmen zu lassen.
    Cabot verklagte mich!
    Mir wurde heiß und kalt zugleich, und ich bebte vor Zorn über diese schreiende Ungerechtigkeit. Ich ging die ganze Szene noch einmal durch. Ja, ich hatte einen Fehler begangen, indem ich diesen Jugendlichen getraut hatte, aber übermäßige Gewaltanwendung? Polizeiliches Fehlverhalten? Widerrechtliche Tötung?
    Diese Killer-Kids waren bewaffnet gewesen
.
    Sie hatten auf mich und Jacobi geschossen, während unsere Waffen im Holster gesteckt hatten. Ich hatte sie aufgefordert, ihre Waffen fallen zu lassen, ehe ich das Feuer erwidert hatte! Jacobi war mein Zeuge. Das war ein klarer Fall von Notwehr. Ein sonnenklarer Fall!
    Aber trotzdem hatte ich Angst. Nein, mehr als das – ich war starr vor Panik.
    Ich konnte die Schlagzeilen schon vor mir sehen. Konnte den empörten Aufschrei in der Öffentlichkeit hören: Arme, unschuldige Kinder, kaltblütig niedergeschossen von einer Polizistin. Die Presse würde sich gierig darauf stürzen. Im
Court TV
würden sie mich an den Pranger stellen.
    In ein paar Minuten würde ich Tracchio anrufen müssen, mir einen Anwalt besorgen, meine Verteidigung organisieren. Aber noch konnte ich nichts von alldem tun. Ich saß wie angewurzelt auf meinem Stuhl, während der lähmende Gedanke in mir aufstieg, dass ich etwas Wichtiges vergessen hatte.
    Etwas, was mir noch ganz gewaltig schaden könnte
.
14
    Ich wachte schweißgebadet auf und stellte fest, dass ich meine ägyptische Baumwollbettwäsche zu einem wirren Knäuel zusammengestrampelt hatte. Ich nahm zwei Paracetamol gegen die Schmerzen und dazu eine himmelblaue Valium, die der Therapeut mir gegeben hatte, und dann starrte ich zu dem Muster hinauf, das die Straßenlaternen an die Zimmerdecke warfen.
    Vorsichtig drehte ich mich auf meine unverletzte Seite und schielte auf die Uhr: Viertel nach zwölf. Ich hatte nur eine Stunde geschlafen, und ich hatte das Gefühl, dass ich eine sehr lange Nacht vor mir hatte.
    »Martha. Komm her, mein Mädchen.«
    Meine vierbeinige Freundin sprang aufs Bett und kuschelte sich in die Höhle, die ich mit meinem Körper machte. Nach kurzer Zeit begannen ihre Beine zu zucken – gewiss hütete sie im Traum Schafe, während in meinem Gehirn ein ums andere Mal Tracchios vorsichtig formulierte neue Version seines Spruchs »Machen Sie sich bloß keine Gedanken« abgespult wurde.
    Sie lautete:
    »Sie werden zwei Anwälte brauchen, Boxer. Mickey Sherman wird Sie für das San Francisco Police Department vertreten, aber Sie werden auch einen persönlichen Verteidiger brauchen, für den Fall... nun ja, für den Fall, dass Sie etwas getan haben, was nicht im Rahmen Ihres Jobs ist.«
    »Und dann? Dann bin ich wohl ganz auf mich gestellt?«
    Ich hoffte, die Medikamente würden meine Gedanken über die harte Kante des Bewusstseins in das sanfte Vergessen des Schlafs schubsen, aber das passierte nicht. Im Geist ging ich den herandräuenden Tag durch, die Termine, die ich mit Sherman und meiner persönlichen Anwältin, einer jungen Frau namens Ms. Castellano, vereinbart hatte. Molinari hatte sie wärmstens empfohlen – und ein Lob aus dem Munde des stellvertretenden Direktors des Ministeriums für Innere Sicherheit, das will schon etwas heißen.
    Wieder einmal kam ich zu dem Schluss, dass ich alles getan hatte, was ich unter den Umständen tun konnte. Aber die kommende Woche würde die Hölle werden. Ich brauchte irgendetwas, worauf ich mich freuen konnte.
    Ich dachte an Cats Haus. Ich war nicht mehr dort gewesen, seit sie vor zwei Jahren gleich nach ihrer Scheidung eingezogen war, aber die Bilder von ihrem neuen Heim waren unvergesslich. Half Moon Bay, nur vierzig Minuten südlich von San Francisco gelegen, war so etwas wie ein kleines Paradies. Da gab es die halbmondförmige Bucht, nach der der Ort benannt war, mit einem feinen Sandstrand, Redwood-Wälder im

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