Die 4-Stunden-Woche – Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Leben
großartiges Beispiel dafür, wie dramatisch und wie schnell eine solche Radikalkur Rendite abwirft: Ich hörte auf, 95 Prozent meiner Kunden zu kontaktieren, und schmiss zwei weitere Prozent aus meinem Verteiler. Damit blieben noch die restlichen drei Prozent. Das waren die Top-Kunden, an deren Profil ich mich bei der Neuakquise orientieren konnte.
Von meinen mehr als 120 Großhandelskunden sorgten gerade mal fünf für 95 Prozent des Umsatzes. Da die erwähnten fünf regelmäßig bestellten, ohne dass ich ihnen nachtelefonieren, sie überzeugen oder beschwatzen musste, brachte ich 98 Prozent meiner Zeit damit zu, den restlichen Kunden hinterherzujagen. Mit anderen Worten: Ich arbeitete, weil ich das Gefühl hatte, den ganzen Tag arbeiten zu müssen. Ich hatte nicht begriffen, dass es nicht das Ziel war, von neun bis fünf Uhr zu ackern. Die meisten Menschen tun das, einfach weil es ihrer Gewohnheit entspricht – ob es nun nötig ist oder nicht. Ich selbst schuftete nach dem Prinzip »work for work’s sake« ( W4W ), die meistgehasste Abkürzung im Vokabular der NR für das überkommene Prinzip »Arbeit um der Arbeit willen«.
Ich schaute mir die Probleme an, mit denen ich zu kämpfen hatte. Diese verdankte ich einer großen Anzahl unproduktiver und unprofitabler Kunden. Zum anderen machten mir zwei Großkunden das Leben schwer, die nach der Philosophie lebten: »Hier ist der Schlamassel, den ich angerichtet habe, sehen Sie zu, wie Sie damit klarkommen.«
Um die unprofitablen Kunden kümmerte ich mich nicht weiter. Wenn sie etwas bestellen wollten, schön, dann sollten sie mir eben ihre Bestellung faxen. Wenn nicht, würde ich ihnen definitiv nicht weiter nachlaufen: keine Telefonanrufe, keine E-Mails, gar nichts. Damit blieben mir noch die beiden erwähnten Großkunden, die professionelle Nervensägen waren, aber zu der Zeit etwa zehn Prozent zu meinem Gesamtgewinn beitrugen.
Ein paar von dieser Sorte hat man immer, und durch sie gerät man in eine Zwickmühle, die die Ursache für alle Probleme ist und die zuweilen sogar Selbsthass und Depressionen nach sich ziehen kann. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich ihre Drohungen und Beleidigungen, die zeitraubenden Streitereien und die Schimpftiraden gewissermaßen als Teil der Betriebskosten verbucht. Durch meine 80/20-Analyse wurde mir klar, dass diese zwei Kunden für einen großen Teil meines beruflichen Ärgers verantwortlich waren. Mein Ärger erstreckte sich bis in meine Freizeit hinein, und ich führte nächtliche Selbstgespräche nach dem Muster: »Ich hätte diesem Drecksack X, Y und auch noch Z sagen sollen.« Schließlich wurde mir das Offensichtliche klar: Der Schaden, den mein Selbstwertgefühl und mein Seelenfrieden nahmen, war den finanziellen Gewinn schlicht und einfach nicht wert. Ich brauchte das Geld nicht aus irgendeinem bestimmten Grund, ich hatte einfach angenommen, dass ich mich darum bemühen müsste, diese beiden Geschäftspartner zufriedenzustellen. Der Kunde hat schließlich immer Recht, stimmt’s? So ist es eben im Geschäftsleben, nicht wahr? Nein, verdammt nochmal. Zumindest nicht für die NR. Ich trat den beiden in den Hintern, was mir unglaublich gut tat. Die Unterhaltung verlief folgendermaßen:
Kunde: Seid Ihr denn jetzt vollkommen übergeschnappt? Ich bestelle zwei Kartons, und die kommen zwei Tage zu spät an. [Anmerkung: Er hatte die Bestellung auf dem falschen Weg an die falsche Person geschickt, obwohl wir ihn wiederholt auf die richtige Prozedur hingewiesen hatten.] Ihr seid wirklich der unorganisierteste Idiotenhaufen, mit dem ich je zusammengearbeitet habe. Ich bin seit 20 Jahren in dieser Branche tätig, aber das ist wirklich das Letzte.
Ein beliebiger NR – in diesem Fall ich: Ich werde Sie umbringen. Sie werden mir nicht entkommen.
Schön wär’s. Ich spielte dieses Gespräch etwa eine Million Mal in meinem Kopf durch, aber in Wirklichkeit lief es eher so ab:
Es tut mir leid, das zu hören. Wissen Sie, ich höre mir Ihre Beleidigungen jetzt schon eine Zeit lang an und ich glaube, dass wir leider in Zukunft keine Geschäfte mehr miteinander machen können. Ich würde Ihnen empfehlen, einmal ernsthaft darüber nachzudenken, wo Ihre ganze schlechte Laune und Aggressivität eigentlich herkommen. Ich wünsche Ihnen jedenfalls alles Gute für die Zukunft. Wenn Sie etwas bestellen wollen, werden wir das gerne liefern, allerdings nur, wenn Sie es schaffen, sich einigermaßen zivilisiert und ohne Beleidigungen auszudrücken.
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