Die 5 Plage
königsblauer Teppichboden mit Sternchenmuster. Die Gäste, die derzeit hier wohnten, waren auf unsere Anordnung hin verscheucht worden; ihre Koffer lagen offen auf dem Bett, diverse Toilettenartikel im Bad. Auf dem Nachttisch stand eine offene Mini-Flasche Whisky.
Ich versuchte, mir vorzustellen, wie der Mord abgelaufen war. Der Chinese öffnet die Tür. Sandy Wegner sagt »Hallo«, wirft ihre Jacke über einen Stuhl. Der erste Täter praktiziert ihr Rohypnol in den Drink. Der zweite, der Kleiderschrank, kommt aus dem Bad, und gemeinsam fallen sie über sie her.
Mir war, als geschähe der Mord in diesem Moment hier vor meinen Augen. Sandy Wegner, vergewaltigt und ermordet von diesem perversen Gespann, dem sie hilflos ausgeliefert war.
Ich konnte ihr unbeschreibliches Entsetzen nachempfinden, als ich das Zimmer nach irgendetwas Auffälligem abzusuchen begann. Aber es war schließlich seit Sandys Tod schon mehrmals gereinigt und neu belegt worden.
»Ich hasse Hotelzimmer«, sagte ich zu meinem ehemaligen Partner.
»In dem Teppich hängen vermutlich Millionen von Schamhaaren, die alle nicht zu unseren Tätern passen.«
»Danke, dass du mir dieses Bild in den Kopf gesetzt hast, Jacobi.«
Der Manager erschien in der Tür und teilte uns mit, dass er den Gästen, die dieses Zimmer gebucht hatten, ein besseres angeboten habe, und dass er Nummer 2021 für uns frei halten würde, solange wir es brauchten. Ich dankte ihm und erklärte, dass wir nicht mehr lange bleiben würden, dass aber in Kürze die Kriminaltechniker anrückten.
»Vielleicht findet die Spurensicherung ja einen Fingerabdruck, oder gar ein Haar mit Wurzel, wenn wir ganz viel Glück haben«, sagte ich zu Jacobi.
»Hoffen darf man ja wohl noch«, meinte er achselzuckend.
»Und Beten ist auch nicht verboten«, erwiderte ich.
62
An den Hälsen aufgehängte Enten zierten das Schaufenster des Wong Fat, eines chinesischen Restaurants fünf Gehminuten vom Triton entfernt. »Gefällt mir jetzt schon, der Laden«, sagte ich zu Jacobi.
Innen war das Lokal sehr hell, das Neonlicht spiegelte sich im Linoleumboden und den Resopaltischen. Die Speisekarte in chinesischen Schriftzeichen auf roten Papierstreifen an den Wänden.
Es tat gut, der Dunkelheit und der Kälte zu entfliehen. Der Tee war heiß, die Scharf-Sauer-Suppe köstlich.
Während wir auf den nächsten Gang warteten, legte Jacobi den Ausdruck von Alex Logans Hotelrechnung auf den Tisch.
»Hier ist der Anruf bei der Top-Hat-Agentur«, sagte er. »Hat viereinhalb Minuten gedauert. Logan und sein Kumpel haben auch die Minibar geplündert. Champagner, Erdnüsse. Und Pringles - du ahnst es nicht. Um neun haben sie Pay-per-View bestellt. Was schätzt du? Fußball oder Pornos?«
»Ich schätze, diese Killer haben alles von Anfang an minuziös geplant. Sie reservieren das Hotelzimmer, bestellen das Mädchen, vergewaltigen und töten sie an einem Ort, der per se ein kontaminierter Tatort ist. Dann waschen sie die Leiche im Bad, damit keine Haare oder Fasern zurückbleiben.«
»Vergiss nicht das Parfum.«
»Genau, danke«, sagte ich. »Dann sprühen sie ihr den Intimbereich ein, ziehen ihr die teuren Klamotten an, kämmen ihr die Haare und schminken sie wie eine Puppe.«
»Die Klamotten bringen sie in dem Koffer mit. Und benutzen ihn hinterher, um die Leiche rauszuschaffen«, ergänzte Jacobi. »Dieser ›Kleiderschrank‹ rollt sie einfach raus zum Wagen.«
»Und dann platzieren sie sie so, dass sie auf jeden Fall gefunden wird.«
Ich wollte gerade laut darüber nachdenken, woher sie die Kleider hatten, da klingelte mein Handy.
Es war Conklin.
»Ich hab Alex Logans Namen und Kreditkartennummer gecheckt, Lieutenant. Und jetzt halten Sie sich fest: Alex Logan ist eine Frau. Ich habe ihre Beschreibung bei der Führerscheinstelle abgerufen - zierliche Blondine, dreiundzwanzig Jahre alt. Ich glaube, wir haben Caddy-Girl gefunden.«
»Was haben Sie noch?«
»Ich bin zu ihrer Wohnung gefahren, Lieutenant. Ganz nette Bude, an der Jones. Laut Portier war sie schon länger nicht mehr zu Hause. Ich habe auch bei American Express angerufen und erfahren, dass ihre Karte aktiv ist. Ist in den letzten Tagen nur ein Mal belastet worden. Und zwar am 15. September im Hotel Triton. «
»Ich rufe den Staatsanwalt an und lasse mir einen Durchsuchungsbeschluss für ihre Wohnung ausstellen. Richie?«
»Ja, Ma’am?«
»Sie werden noch ganz groß rauskommen.«
Ich legte auf und wandte mich an Jacobi, der mir mit
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