Die 5 Plage
vor sieben, und der Himmel hatte die Farbe von mattem Stahl. Die Sonne ging jetzt früh unter, und die Stadt lag wie unter einem Leichentuch. Aber vielleicht war das auch nur meine Einbildung.
»Unsere Täter gehen immer nach demselben Muster vor«, sagte ich zu Jacobi, als er den Motor anließ. »Wenn Sandy eine Hostess war, dann war Caddy-Girl wahrscheinlich auch eine. Das bedeutet, dass die DNA, die wir aus ihrem Abstrich gewonnen haben...«
»Du denkst, was ich denke«, sagte Jacobi, während er sich in den Verkehr auf der Columbus einreihte. »Spermien überleben im Körper der Frau bis zu zweiundsiebzig Stunden. Es könnte von ihrem Mörder stammen, von einem Freier oder von ihrem Freund.«
»Was auch immer«, erwiderte ich, »der Staatsanwalt wird jedenfalls sagen, dass es als Mordbeweis unbrauchbar ist.«
60
Aber vielleicht kamen wir der Sache ja allmählich näher.
Im Hotel Triton war an diesem Abend einiges los, aber das war nichts Ungewöhnliches. Unmittelbar neben Chinatown, nicht weit vom Union Square und ganz in der Nähe der Cable-Car-Haltestelle, hatte das Hotel mit dem verspielten Cirque-du-Soleil-Dekor schon immer einen regen Umsatz gemacht.
Jacobi marschierte an der Schlange vor der Rezeption vorbei, hielt dem Angestellten seine Dienstmarke unter die Nase und forderte ihn brüsk auf, den Geschäftsführer zu holen. »Aber zack, zack. Wir haben nicht den ganzen Abend Zeit.«
Ein stämmiger Mann von ungefähr vierzig Jahren kam aus dem Hinterzimmer. Auf dem Namensschild an seinem Revers stand »Jon Anderson, Manager« . Er nickte uns zu und fragte, ob es ein Problem gebe.
»Ein Riesenproblem. Wir ermitteln in einem Mordfall«, erklärte ich ihm. »Wir brauchen die Buchungsnachweise für den 15. September und alles, was Sie über einen Gast namens Alex Logan haben.«
»Und wir brauchen die Aufzeichnungen von dem Ding da«, fügte Jacobi hinzu und zeigte mit dem Finger auf die Überwachungskamera hinter dem Empfangstresen. »Und auch die von dem Flur vor dem Zimmer, das Logan an diesem 15. September hatte.«
Der Hotelmanager reagierte gereizt. »Ich nehme an, Sie haben einen Durchsuchungsbefehl oder etwas in der Art?«
»Brauchen wir den? Dann können wir gerne einen besorgen und diesen ganzen Laden schließen, um alles auf den Kopf zu stellen.«
Anderson schien rasch über die Konsequenzen einer solchen Suchaktion nachzudenken und sagte dann: »Die Videobänder zeichnen in einer 48-Stunden-Schleife auf. Vom 15. September werden Sie darauf nichts mehr finden. Aber diese Herrschaften hier«, sagte er und deutete auf die fünf College-Studenten, die am Empfang arbeiteten, »hatten alle an diesem Abend Dienst. Ich werde Ihnen die Unterlagen heraussuchen. Und jetzt sagen Sie noch einmal, ich sei nicht bereit, Ihnen zu helfen.«
Ein dünner, zerstreut wirkender Portier namens Gary Metz hatte Alex Logan in Zimmer 2021 eingecheckt.
»Ich glaube, ich erinnere mich an diesen Mr. Logan«, sagte Metz zu uns. Er trommelte mit den Fingern auf den Tresen und starrte über meine Schulter in die Lobby, ehe er seinen Blick wieder auf mich richtete. »Er war mit einem anderen Mann zusammen.«
Es kann sein, dass ich für einen Moment das Atmen vergaß - so sehr hoffte ich, dass dies die ersehnte heiße Spur war.
»Wenn ich mich recht erinnere, war er ungefähr so groß wie ich, normal gebaut. Möglicherweise chinesischer Abstammung«, sagte der Rezeptionist.
»Alex Logan? Er sah chinesisch aus?«
»Ich glaube schon. Vielleicht auch nur Halbchinese. Der andere Typ war ein richtiger Kleiderschrank. Eins neunzig, zwei Zentner, blond. Er war es, der unbedingt ein Raucherzimmer wollte. Aber schwul sahen die beiden nicht aus.«
»Und wie kommen Sie darauf?«, fragte ich.
»Sie wollten ein Zimmer mit extra breitem Doppelbett, aber für Schwule waren sie einfach nicht elegant genug gekleidet. Die Frisur von dem kräftigeren Typ sah aus, als hätte er sich die Haare selbst geschnitten.«
»Wissen Sie noch, ob sie Gepäck hatten?«
»Der Kräftigere hatte einen großen Rollkoffer. Ist mir aufgefallen, weil er aus Leder war. Vielleicht von Tumi - jedenfalls sah er teuer aus.«
»Danke, Mr. Metz«, sagte ich und gab mir alle Mühe, die Erregung in meiner Stimme zu unterdrücken. »Wir müssen einen Blick in das Zimmer werfen.«
61
Zimmer 2021 war die zweite Tür neben dem Aufzug, und es war ähnlich fantasievoll eingerichtet wie die Lobby: das Kopfbrett mit kariertem Stoff bezogen, dreibeinige Stühle,
Weitere Kostenlose Bücher