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Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte

Titel: Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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Potemkin, Günstling der Zarin Katharina II. (1729−1796), soll auf einer Inspektionsreise der russischen Kaiserin bloße Häuserfassaden und als schwere Gefechtsschiffe getarnte Holzbötchen aufgestellt haben, um die Monarchin über den wahren Zustand ihres Landes und seiner militärischen Schlagkraft zu täuschen. Aber werden diese Darstellung und die verunglimpfende Redewendung den Tatsachen und der Person Potemkins gerecht?
    Potemkin (1739−1791) ist vor allem als einer der zahlreichen Liebhaber und Favoriten der Zarin bekannt. Er ist durch die Gunst Katharinas nach der Ausschaltung des Zaren, an der er beteiligt war, rasch aufgestiegen. Potemkin war seit 1776 Reichsfürst und wurde schließlich Generalfeldmarschall. Als GeneralgouverneurNeurusslands war er für die neuen russischen Südprovinzen zuständig und ein Verfechter einer gegen das Osmanische Reich gerichteten Expansionspolitik. Für diesen Zweck sollten seine Provinzen massiv besiedelt, gefördert und ausgebaut werden.
    Die Verleumdung des Fürsten wegen seiner angeblichen Fassaden aus Pappmaschee geht auf eine Reise in die Schwarzmeerprovinzen zurück, die die russische Zarin im Frühjahr 1787 zusammen mit dem österreichischen Kaiser Joseph II., ihrem Verbündeten, unternahm. 1774 und 1783 hatte Katharina Russland im Süden erweitert und damit das Osmanische Reich herausgefordert. Mit der sogenannten »Taurischen Reise«, jahrelang vorbereitet, prachtvoll inszeniert und mit großem Gefolge unternommen, wollte Katharina in einer Triumphfahrt Macht und Größe Russlands zeigen – dabei waren außer dem beständig missmutigen Joseph II. auch die Botschafter Frankreichs und Englands. Die Reise führte von Kiew auf dem Dnjepr zur Krim und durch mehrere neu gegründete Städte bis nach Sewastopol. Sie wurde zu einem Triumph der Zarin sowie ihres Statthalters und Reiseleiters Potemkin, die den Mitreisenden und schließlich der europäischen Öffentlichkeit blühende Landschaften und ein starkes Russland präsentierten.
    Fürst Potemkin hatte im Süden der heutigen Ukraine eine umfassende Aufbaupolitik betrieben und dafür auch Ausländer angesiedelt, um die Entwicklung des Gebietes voranzutreiben. Dabei war er auch durchaus erfolgreich, denn schon nach wenigen Jahren konnte er seine Zarin zu dieser Reise einladen. Den hohen Herrschaften wurden schöne Bauwerke und Parks gezeigt, ganze Dörfer waren neu gebaut worden, und in den Städten zeugten zahlreiche Baustellen von reger Bautätigkeit. Die Krönung des Besuches aber war, schon wegen der wirkungsvollen Machtdemonstration, die Präsentation der neuen Schwarzmeerflottein Sewastopol. Das militärische Muskelspiel wurde durch Manöver zu Lande und zu Wasser ergänzt. Vor allem die stattliche Flotte verfehlte bei Joseph II. nicht ihr Ziel: Ihr gegen die Türken gerichtetes Bedrohungspotenzial lag für ihn auf der Hand, zumal er als Verbündeter Katharinas einen russischen Feldzug gegen die Türkei verhindern wollte.
    Das böse Wort von den Potemkinschen Dörfern stammt aber nicht von einem der Reiseteilnehmer, sondern von einem sächsischen Diplomaten am russischen Hof, Georg von Helbig. Er schrieb anonym eine Biografie des Fürsten Potemkin, die Anfang des 19. Jahrhunderts in verschiedenen Sprachen erschien. Die Geschichte der angeblichen Hochstapelei Potemkins kursierte bereits als bösartiges Gerücht am Hof, und Helbig schmückte sie noch ordentlich aus: Nicht nur von ganzen Fassadendörfern und Schiffen aus morschem Holz ist da die Rede, sondern auch von Massen bedauernswerter Leibeigener, die von einem Ort zum nächsten getrieben wurden und die Bewohner der falschen Dörfer mimen mussten: »Man glaubte in einiger Entfernung Dörfer zu sehen, aber die Häuser und Kirchenthürme waren nur auf Breter gemalt. Andere nahegelegene Dörfer waren erst erbauet worden, und schienen bewohnt zu seyn. Die Einwohner waren oft vierzig Meilen weit herbey getrieben worden. Abends mussten sie ihre Wohnungen verlassen, und des Nachts in der größten Eil andere Dörfer erreichen, die sie abermals nur auf einige Stunden, und nur so lange bewohnten, bis die Kaiserin vorbeigefahren war. (…) Heerden Vieh wurden in der Nacht von einem Orte zum anderen getrieben, und oft bewunderte sie die Monarchin fünf bis sechsmal.« Gigantische Summen Geldes habe Potemkin veruntreut, behauptete Helbig und gab damit bösartigen Hofklatsch wieder, blieb Beweise dafür aber schuldig.
    Katharina selbst, aber auch ihre französischen

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