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Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte

Titel: Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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von der heroischen Tat, von der Uneinnehmbarkeit der Festung, von der allgemeinen Erleuchtung, die im Volk von Paris den gewagten Entschluss hervorrief, die Bastille zu erobern: »Die ganz Welt kannte und haßte die Bastille. Bastille und Tyrannei waren in allen Sprachen zwei gleichbedeutende Wörter. Alle Nationen glaubten sich befreit auf die Nachricht von ihrer Zerstörung.« 1880 wurde der 14. Juli zum französischen Nationalfeiertag erklärt.
    Die Erstürmung der Bastille hat ihren Platz im Gedächtnis der Welt als das Schlüsselereignis der Französischen Revolution, als die Erhebung der Massen das Zeitalter der Moderne einläutete. »Zu den Waffen, Bürger!«, beschwört denn auch die Marseillaise , die französische Nationalhymne. Aber so universell die Bedeutung der Französischen Revolution auch sein mag und so symbolhaft dabei der Fall der Bastille, so fehlerhaft ist das Bild, das wir von diesem Ereignis am 14. Juli haben.
    Zusammengefasst sieht dieses Bild ungefähr so aus: Am 14. Juli begann die Revolution, als fast 1000 Pariser Bürger die FestungBastille stürmten, weil sie wie keine andere Einrichtung der Stadt das verhasste Regime verkörperte. Fast einhundert Menschen kamen ums Leben, weil aus der Bastion fünfzehn Kanonen erbarmungslos auf das Volk abfeuerten, ebenso viele wurden verletzt. Aber die Aufständischen ließen sich nicht beirren, nahmen die Bastille ein und befreiten aus den modrigen Kellerverliesen die zahlreichen Insassen – allesamt unschuldige Opfer des Königs und Despoten. Die heroischen Erstürmer wurden vom Volk als Helden gefeiert und erhielten fortan eine Ehrenrente für ihren ruhmreichen Einsatz für die Sache der Revolution. Dieses Bild passt gut in die Überlieferung von einem Tag, der Geschichte machte – immerhin nicht nur für Frankreich, sondern mit erheblicher Ausstrahlung bis heute und in die ganze Welt. Nur ist dieses Bild alles andere als akkurat, denn die Ereignisse des 14. Juli verliefen zwar durchaus dramatisch, aber erheblich weniger heldenhaft.
    Zunächst war die Bastille 1789 längst nicht mehr der gefürchtete Kerker, als der sie in die Geschichte eingegangen ist. Dort waren eher vornehme Gefangene untergebracht, die innerhalb der Festungsmauern ein recht angenehmes Leben führen konnten. Die einfachen Einwohner von Paris fürchteten daher auch andere Gefängnisse viel mehr. In der Bastille gab es über die Jahre eine ganze Reihe berühmter Häftlinge, darunter der Marquis de Sade und Voltaire, der dort zwei seiner Werke verfasste. Diese beiden prominenten Gefangenen stehen für die zwei Gruppen von Insassen der Bastille: politische Gefangene wie Voltaire, dessen Schriften der Zensur nicht passten, und Adlige wie der Marquis, dessen wüster Lebenswandel Anstoß erregte. Die meist wohlhabenden Gefangenen konnten in der Bastille standesgemäß wohnen – sie lebten mit Dienerschaft in anständigen Zimmern und durften sich frei bewegen. Sie erhielten Besuch von Freunden und sogar Ehefrauen, wurden mit guten Mahlzeitenund mit zahlreichen Annehmlichkeiten versorgt. Es gab sogar Ausgangsregelungen für die Insassen, und die Länge der Strafen betrug meist weniger als ein Jahr. Und es galt keineswegs als ehrenrührig, in der Bastille einzusitzen. Die geringe Zahl der befreiten Insassen erklärt sich im Übrigen auch aus der Tatsache, dass in den Jahren vor der Revolution die Willkür der französischen Justiz stark abgenommen hatte.
    Zum Mythos der Bastille haben gerade in den Jahrzehnten vor der Revolution vor allem eben diese Intellektuellen unter den Insassen beigetragen, weil sie das Gefängnis zum Symbol der staatlichen Despotie erhoben, in dem ein erbarmungsloses, menschenunwürdiges Regiment herrsche.
    Die gefürchteten Kellerverliese durften allerdings schon seit über einem Jahrhundert nicht mehr benutzt werden. Die Bastille hatte einst zur Pariser Stadtbefestigung gehört. Acht Türme von 23 Metern Höhe und dicke Mauern überragten den breiten Wassergraben, dazu gehörte eine dreieckige Bastion. Weil die Stadt längst über ihre alten Grenzen hinausgewachsen war, wirkte die steinerne Bastion wie ein merkwürdiges Relikt inmitten der rundherum entstandenen Wohnbauten.
    Die Bastille war daneben alles andere als unüberwindbar, denn sie war in den vorangegangenen Jahrhunderten mehrmals nach kurzer Belagerung eingenommen worden. Eine abgeriegelte Festung war die Bastille ebenfalls nicht: Ihr Vorhof war in das Stadtviertel integriert, dort gab es vom Lokal

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