Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte
zeichnete Ludwig als schwachen König, den eine hochmütige Königin beherrscht hatte – um so zur Entlastung des Königshauses das Versagen Ludwigs XVI. zu erklären.
Die Erste Republik machte eher den König als Schuldigen aus, auch wenn dessen beide Vorgänger an den Ursachen für die Revolution den wesentlicheren Anteil hatten. Man zitierte hämisch seinen knappen Tagebucheintrag vom 14. Juli 1789, als in Paris die Bastille fiel: »Nichts« habe der ignorante König geschrieben – was auch stimmt. Nur handelte es sich um das Jagdtagebuch des Königs, und an jenem Tag hatte eben keine Jagd stattgefunden. Was sich in Paris tat, wusste Ludwig durchaus, und er versuchte nach Kräften, Einfluss zu nehmen. Eine differenzierte Beurteilung erfuhr auch die Königin vorerst nicht, das berühmte Kuchenzitat galt weiterhin als echt. Das ist es allerdings nicht, stammt es doch aus der Zeit Ludwigs XIV., genauer von dessen Frau Maria Theresia, einer spanischen Habsburgerin. Bereits zwei Jahrzehnte vor der Thronbesteigung Marie-Antoinettes konnte sich Jean-Jacques Rousseau auf diese Redewendung beziehen.
Bis heute sind Marie-Antoinette und Ludwig XVI. den Interpretationen entgegengesetzter Parteien ausgeliefert, den monarchistisch orientierten und den Republikanern. Ein ausgewogenes Bild kann da kaum gezeichnet werden – ja, es ist nicht einmal wünschenswert. Erst in jüngster Zeit widerfährt der Tochter Maria Theresias, die auf dem Schafott des revolutionären Terrorregimes unter Robespierre starb, in Frankreich häufiger Gerechtigkeit.
Häuptling Seattles Rede: Dreiste Öko-Fälschung?
HÄUPTLING SEATTLES REDE
DREISTE ÖKO-FÄLSCHUNG?
In den umweltbewegten Achtzigerjahren hatten Indianerweisheiten Hochkonjunktur, die das kostbare Erbe von Mutter Natur gegen die umweltzerstörerische Kraft der modernen Industriegesellschaft verteidigten. Von Postern, Aufklebern und Plaketten mahnten Sprüche voller Sanftmut und Weitsicht zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen, weil andernfalls die Menschheit den eigenen Lebensraum zerstöre und ihre eigene Zukunft gefährde.
Zu diesen gern zitierten Indianerweisheiten gehörte auch die Rede des Häuptlings Seattle. Ihr spiritueller Duktus entsprach ganz dem Stil der Umweltbewegung. Hinzu kam der prophetische Charakter der Rede, die bereits 1854 vor dem US-Präsidenten Pierce gehalten wurde. So weit die Überlieferung der umweltbewegten Jahre Europas Ende des 20. Jahrhunderts.
Der 41. Bundesstaat Washington im Nordwesten der USA wurde erst 1889 offiziell gegründet, Indianerstämme bewohnten das Land aber schon vermutlich 11
000 Jahre lang. Sie mussten seit den 1850er-Jahren nach und nach dem Expansionsdrang der Vereinigten Staaten weichen. Schon vorher waren Europäer dort gewesen, auf der Suche nach der legendären Nordwestpassage oder auf einträglicher Pelzjagd. 1805 schickte US-Präsident Jefferson die Lewis-Clarke-Expedition, um die Gegend zu erforschen, es folgten Siedler und Missionare. Kritisch wurde die Lage für die einheimischen Stämme endgültig, als 1853 Isaac I.Stevens mit 35 Jahren Gouverneur des Washington-Territoriums wurde. Er betrieb die Landnahme der weißen Siedler besonders ehrgeizig und rücksichtslos, zumal er auch mit dem für die Entwicklung der Region so bedeutsamen Eisenbahnbau betraut war. Stevens rief alsbald die Indianerstämme zusammen und teilte ihnen mit, sie müssten in Reservate ziehen. Mehr oder weniger unfreiwillig wurden sieben Verträge abgeschlossen, die noch ein Jahrhundert später zu Konflikten führten, weil die Garantien für die Indianerstämme sich als leere Versprechungen erwiesen hatten. Zu diesem Zeitpunkt lebten die Indianer längst in Reservaten, wogegen einige Stämme sich noch erfolglos zu wehren versucht hatten.
Zu den Indianerstämmen der Küste Washingtons, die vor allem vom Fischfang lebten, gehörten neben Lummi, Swinomish und anderen auch die Suquamish. Nach ihrem Häuptling Seathl taufte der Stadtgründer, ein Goldgräber aus Illinois, die Stadt Seattle. Der Häuptling hatte die Weißen freundlich empfangen, musste aber gleichwohl mit seinem Volk den neuen Siedlern weichen. Die Küstenindianer ließen sich auf die Verdrängung durch die Weißen ohne größeren Widerstand ein, weil ihre Reservate auf ihrem angestammten Land lagen – es waren die Indianer des Landesinneren, die sich den Plänen des ehrgeizigen Gouverneurs widersetzten. Die Küstenindianer tauchen wegen dieser
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