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Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte

Titel: Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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bis heute nicht zuletzt von diesen Zeugnissen intriganter Menschen geprägt. Noch bevor Ludwig König wurde, kamen außenpolitische Entwicklungen hinzu: Frankreich fühlte sich Polen verbunden, sodass die polnische Teilung von 1772, von der Maria Theresia profitierte, Marie-Antoinettes Situation in Paris nicht gerade leichter machte. Ebenso trug zu den Vorbehalten am Hof bei, dass Ludwig als König einen eigenen Regierungsstil und eine ungewohnte Bescheidenheit an den Tag legte und Marie-Antoinette als Königin selbstbewusst die rigide Etikette des Hofes von Versailles entstaubte. Beides stieß auf Ablehnung bei vielen, die Einfluss besaßen und deren Stimme Gehör fand, selbst wenn das Gesagte gar nicht den Tatsachen entsprach. »L’Autrichienne − die Österreicherin«, wie sie seitdem am Hof und später vom Volk abfälliggenannt wurde, war unwiderruflich in Misskredit geraten. Dabei fühlte sich Marie-Antoinette seit ihrer Hochzeit als Französin und handelte durchaus im Sinne ihrer neuen Heimat – so wie ihre Mutter ihr eingeschärft hatte, hielt sie sich aus der Politik lange Zeit völlig heraus. Marie-Antoinette war lebenslustig und selbstbewusst; Ludwig dagegen rechtschaffen, bemüht und fleißig, aber alles andere als charismatisch – beide machten sich Feinde auch unter denen, auf die sie angewiesen waren.
    Hinzu kam, dass Marie-Antoinette ihrer vermeintlichen Hauptaufgabe, Thronfolger zu produzieren, erst nach sieben Jahren nachkam – reichlich spät in den Augen vieler Beobachter. Die Kinderlosigkeit des jungen Paares erklärt sich leicht aus der prüde-bigotten Erziehung der beiden; den verklemmten Eheleuten fiel es schwer, einander nahezukommen. Erst drei Jahre nach der Hochzeit, bei der Marie-Antoinette ohnehin gerade einmal vierzehn Jahre alt gewesen war, wurde die Ehe vollzogen.
    Nicht nur höfische Intriganten, selbst Marie-Antoinettes Bruder Joseph, der österreichische Kaiser, ließ sich noch nach seinem Besuch in Frankreich von seinen geltungssüchtigen Gesandten einreden, Ludwig sei schwach und von seiner Frau beherrscht und lasse sich deswegen zu folgenreichen politischen Fehlentscheidungen hinreißen.
    Volksstimmung gegen die Königin wurde schon vor der Revolution gemacht; das erste gedruckte Pamphlet erschien bereits 1773. Es bezog sich auf die für Frankreich angeblich unheilvolle österreichische Herkunft Marie-Antoinettes. Bald begannen auch regelrechte Verleumdungskampagnen, die der Königin ein ausgeprägtes außereheliches Liebesleben unterstellten. Mal ist von wechselnden Liebhabern die Rede, mal von sexueller Unersättlichkeit oder ihren angeblichen lesbischen Neigungen. Dem Thronfolger wurde die standesgemäße Abkunft abgesprochen, weil Ludwig XVI. angeblich impotent war. Die schmutzige sogenannteHalsbandaffäre, mit der Marie-Antoinette gar nichts zu tun hatte, diente als willkommener Anlass für weitere Verleumdungen.
    Auch in der vergleichsweise ruhigen Phase der Revolution, als die königliche Familie unter strenger Bewachung im Pariser Palais des Tuileries residierte und hoffen konnte, in einer konstitutionellen Monarchie zu überleben, gingen die schmutzigen Kampagnen gegen die Königin weiter. Die alten Vorwürfe und Verleumdungen wurden allesamt aufgewärmt, neu dagegen war die Beschuldigung, Marie-Antoinette versuche den König, der sich längst in seine nunmehr rein konstitutionelle Rolle gefügt hatte, zur Niederschlagung der Revolution zu überreden. Besonders perfide war der Anklagepunkt vor dem Revolutionsgericht 1793, Marie-Antoinette habe die Pamphlete selbst in Auftrag gegeben, um Mitleid für sich zu erregen.
    Dieser Schauprozess nach der Hinrichtung ihres Mannes hatte zum Ziel, das Bild einer Frau zu zeichnen, die ihren schwachen Mann beherrscht, insgeheim für ihren Bruder, den Kaiser von Österreich, spioniert, ihm Geld geschickt und Frankreich verraten habe. Daneben wurde ausgiebig ihr angebliches lasterhaftes Leben dargestellt – bis hin zum absurden Vorwurf der Blutschande mit ihrem inzwischen achtjährigen Sohn. In dem Prozess ersetzten Behauptungen Beweise, und die aufrechte, souveräne Haltung der Königin gegenüber ihren Anklägern und ihre überzeugende Widerlegung der Anklagepunkte wurden ignoriert. Marie-Antoinette folgte ihrem Mann in den Tod.
    Das verzerrte Bild der habsburgischen Prinzessin und französischen Königin hatte nach der Revolution Bestand. Der Rufmord an der Königin ging auch nach ihrem Tod weiter. Die Restauration nach 1815

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