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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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einem anderen nach unten gedrückt, ein Chaos ohne Lösung.
    »Die kannst du dir alle online besorgen, Dad.«
    Er schaute mich misstrauisch an.
    »Mit dem Computer?«
    »Ja. Im Internet.«
    »Und das Internet kann ich an den Computer anschließen?«
    Ich verzog das Gesicht. »So ungefähr.« Es war, als redete ich mit einem Blinden über Farben. Aber ich glaube, dass ich ihm ein paar von den Grundlagen vermitteln konnte. Ich sagte, dass ich noch einen alten Laptop hätte, den könne er haben.
    »Wenn wir schon mal da sind, gibt’s noch was, was du brauchen kannst?«, fragte ich. »Irgendwelche Vorräte? Außer Ramen?« Ich nahm an, dass das auch ein Grund war, warum wir hier waren. Aber ich sah sofort, dass meine Annahme, er brauche Almosen, seinen Stolz verletzte. Doch er schluckte es und schaute nur etwas traurig. »Nein«, sagte er. »Ich brauche nichts. Du hast schon mehr als genug für mich getan, Mike. Trotzdem, danke.«
    Er schaute auf meine Uhr. »Wird Zeit, dass ich loskomme«, sagte er. »Schon fast Zapfenstreich.«
    Als wir wieder in seinem Wohnwagen waren, gab er mir einen Umschlag. Darin befanden sich tausend Dollar – ein paar Zwanziger und Zehner, aber hauptsächlich speckige Fünfer und Einer.
    »Ich mache es wieder gut«, sagte er. »Die Schulden für deine Mutter. Das mit den Crenshaw-Kredithaien, das habe ich verbockt. Das hätte nie passieren dürfen, dass das alles an dir hängen bleibt.«
    »Behalte das Geld«, sagte ich und gab ihm den Umschlag zurück. Er nahm es nicht. »Ist schon alles bezahlt.«
    »Was?«
    »Die Schulden.«
    »Für wie lange?«
    »Für immer. Ist erledigt. Alles«, sagte ich.
    »Und die Gebühren für die Uni? Um die solltest du dich als Erstes kümmern.«
    »Alles bezahlt. Leg’s auf die hohe Kante, Dad.« Ich legte den Umschlag auf das abblätternde Furnier der Küchentheke.
    Ich wollte das nicht, wollte nicht wütend werden, wollte mich nicht damit abgeben. Ich wollte die Vergangenheit einfach hinter mir lassen. Aber das Geld und wie er über die Krankheit von Mutter redete und glaubte, dass alles in Ordnung wäre, wenn er einfach das Geld zurückzahlte, das brachte mich auf die Palme.
    Weil ich jedes Mal, wenn er von ihr sprach, an sie denken musste und versuchte, mir sie so vorzustellen, wie ich sie am meisten liebte: mit dem schlitzohrigen Gesicht, das sie immer aufgesetzt hatte, kurz bevor sie einen Witz machte. Dieses Bild versuchte ich krampfhaft in Erinnerung zu behalten, aber dann fielen ihre Wangen ein, und ihre Haut verlor die Farbe. Es lief immer darauf hinaus, dass ich an sie dachte, wie sie am Ende war. An das schaurige Rasseln in ihrer Brust, das wächserne Gesicht und das vom Morphium zerfressene Gehirn, dass sie mich mit dem Namen meines Vaters ansprach und manchmal fragte, wer ich sei und was zum Teufel ich in ihrem Zimmer verloren hätte.
    Und unweigerlich fingen die üblichen Gedanken wieder an, meinen Verstand zu vergiften: Was wäre passiert, wenn ich Geld für ein wirklich gutes Krankenhaus hätte auftreiben können? Was wäre gewesen, wenn sie einen anständigen Mann und eine anständige Krankenversicherung gehabt hätte? Was wäre gewesen, wenn? Wäre sie noch da?
    »Du kannst nicht wiedergutmachen, was damals passiert ist«, sagte ich.
    »Alles ist abbezahlt?« Er war immer noch verwirrt. Dann stand er auf, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und versuchte besonders väterlich zu wirken, als ob er mich fragen wolle, ob ich auch Kondome benutzte.
    »Pass auf, George Cartwright hat mir erzählt, dass du ihn neulich ausgefragt hast.«
    Scheiße. Nicht auch noch das. Nicht jetzt. George war ein kleiner Experte in Sachen Einbruch und konnte einem jedes nur denkbare Werkzeug besorgen. Als ich auf der ersten von Vaters Schön-dass-du-wieder-draußen-bist-Partys war, fragte ich Cartwright, ob er wüsste, wie man das Sargent-and-Greenleaf-Vorhängeschloss knackt, mit dem Gould seinen Spind im Met Club sicherte. Einfach aus Neugier. Und offensichtlich dachte nun mein Vater, dass ich für meine Uni-Gebühren das Scheiß-Pentagon ausgeräumt hatte, und spielte den rechtschaffen Schockierten.
    »Nichts ist umsonst, Mike. In was für einer Sache steckst du da drin?«
    »In einem guten Job. Den ich habe, weil ich schlau bin und mir den Arsch aufgerissen habe. Willst du mir erzählen, ausgerechnet du, wie ich sauber bleibe?« Ich schaute mich im Wohnwagen um, als würde das meinen Standpunkt bekräftigen. »Unglaublich.«
    »Ich meine ja nur, Mike.

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