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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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Mach bloß nicht für irgendwen den Inkassoburschen. Wenn du versuchst, in der obersten Liga zu spielen, kannst du leicht unter die Räder kommen. Man kann nur seinen eigenen Leuten vertrauen.«
    »Dad, bitte.« Ich versuchte ruhig zu bleiben und auf meine Worte zu achten. Er lag ohnehein schon am Boden, es wäre ein Leichtes gewesen, ihm einen Tritt zu verpassen und ihm klarzumachen, wie erbärmlich er war. Die Wahrheit war grausam genug. »Erspar mir diese Affenscheiße von wegen Ganovenehre, okay? Weil du das Maul gehalten und deine Zeit abgesessen hast, hältst du dich jetzt für einen Gott weiß wie heldenhaften Outlaw. Das bist du nicht …«
    »Mike, ich hatte keine Wahl …«
    »Weil du nicht wusstest, Dad, wie das Spiel läuft. Du hättest reden können. Du hättest nicht für vierundzwanzig Jahre in den Knast wandern und uns im Stich lassen müssen. Wer weiß, vielleicht wäre Mom dann nicht …«
    Ich verstummte. Aber es war schon zu spät.
    Er stand einfach mit geschlossenen Augen da und nickte, als wollte er sagen: »Ja, stimmt.« Ich wartete darauf, dass er ausrasten, zu schluchzen anfangen oder sich auf mich stürzen würde. Aber er stand einfach da, hatte die Augen fest geschlossen und atmete schnell und stoßartig.
    »Vielleicht«, sagte er. Er rieb sich wieder das Kinn. »Ich habe getan, was ich konnte.« Ich glaubte, er würde anfangen zu weinen, aber er hielt die Tränen zurück.
    »Ich weiß, dass ich nichts mehr ändern kann, aber lass mich bitte nicht fallen.«
    Ich sagte nichts.
    »Bitte, Mike.«
    Ich atmete ein paarmal tief durch und riss mich zusammen.
    »Ich muss jetzt los«, sagte ich.
    Und das war’s. Ich ging.
    Der wunde Punkt in der Beziehung zwischen meinem Vater und mir hatte mit dem Verbrechen zu tun, für das er ins Gefängnis wanderte, als ich ein Teenager war. Ein Einbruch. Nichts daran ergab irgendeinen Sinn.
    Das meiste von der Geschichte erfuhr ich von Cartwright und einigen anderen Kumpels meines Vaters. Wenn man sie am späten Sonntagnachmittag in Ted’s Roadhouse erwischte, ihrer fensterlosen Stammkneipe, dann waren sie schon so abgefüllt, dass sie mir all die Geschichten erzählten, die mein Vater vor mir geheim hielt. Er war noch jung gewesen, als er angefangen hatte, krumme Dinger zu drehen. Seine Familie hatte seit Generationen eine Eisengießerei draußen bei Falls Church betrieben. Sie hatten die Treppen im Smithsonian Castle, die Lampen auf dem Gelände des Kapitols und angeblich ein paar von den Zwölf-Pfund-Kanonen für die Schlacht von Gettysburg hergestellt. Aber zu der Zeit, als mein Vater das Geschäft übernahm, ging es mit dem produzierenden Gewerbe in Amerika schon lange bergab. Er war in New Jersey aufgewachsen und kehrte nach Virginia zurück, als er mit Anfang zwanzig den Betrieb von seinem Onkel übernahm. Damals hatte die Hüttenindustrie schon harte Zeiten hinter sich und war auf ein Dasein als glorifizierte Maschinenwerkstatt reduziert. Mein Vater verstand nicht viel von Geschäften und suchte verzweifelt nach Aufträgen. Als ein Kerl namens Accurso ihn mit einem simplen Rechnungsschwindel hereinlegte, war Schluss. Ein hundert Jahre alter Betrieb war tot und mein Vater vom Pech verfolgt. Für seinen ersten Betrug machte sich mein Vater die Tricks zunutze, die ihn selbst zur Strecke gebracht hatten. Er spürte Accurso auf und nahm ihn mit einem getürkten Aktientausch bis aufs Hemd aus.
    Soweit ich weiß, hatte mein Vater als Halbwüchsiger einige kleinere krumme Dinger gedreht, seine Karriere nahm aber erst Fahrt auf, als er sich auf Trickbetrügereien verlegte. Er war ein Naturtalent, also blieb er dabei und bemühte sich, keine kleinen Leute auszunehmen. Die Verklärung von Trickbetrügern ist immer verlockend, aber unterm Strich war er ein Krimineller, und was er tat, lief im Grunde darauf hinaus, das Vertrauen anderer Menschen zu missbrauchen. Dennoch konnte er nachts besser schlafen als die meisten seiner Berufskollegen.
    Diesen Teil seines Lebens hielt er von mir fern. Allerdings konnte er gelegentlich – wenn er pleite war oder seinen Söhnen eine kleine Show bieten wollte – doch nicht widerstehen und führte uns mehr aus Spaß als aus irgendeinem anderen Grund einen netten kleinen Straßentrick vor.
    Einer hieß das »Fiddle Game«, bei dem er mit uns in ein gutes Restaurant ging und den respektablen Geschäftsreisenden mimte. Als die Rechnung kam, sagte er, dass er seine Brieftasche vergessen habe, gab dem Objekt irgendetwas als Pfand

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