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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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Mädchen abweisen, wenn sie doch drauf und dran war, mir Informationen zukommen zu lassen? Wir gingen ins Haus, und sie verschwand, um sich umzuziehen. Alles rein geschäftlich, sagte ich mir. Ein Vorsatz, der allerdings angesichts der rauschenden Dusche im Hintergrund an Glaubwürdigkeit einbüßte.
    Fast rechnete ich damit, dass sie in einem nur lose übergeworfenen Kimono oder einem halb offenen Seidengewand wieder auftauchen und eine Art Mata-Hari-Nummer abziehen würde. Aber sie hatte nur »etwas Bequemeres« angezogen – eine Jogginghose und ein Georgetown-Basketballtrikot, dessen Kragen so weit war, dass ihre Schulter herausschaute. Ich konnte mich ein bisschen entspannen. Sie sah aus wie eine ganz normale Studentin.
    Das einzige alkoholische Getränk, das sie im Haus hatte, war Wodka – typisch. Ich nahm meinen mit Tonic, sie schloss sich an. Ihrer sprudelte fast über, in meinem rührte sich kaum ein Bläschen. Ein uralter Trick. Lyndon Johnsons Sekretärin hätte sich einen schlimmen Anschiss eingehandelt, wenn sie ihrem Boss je einen unverdünnten Drink serviert hätte, während er gerade in seinem Büro irgendeinem besoffenen Objekt die Daumenschrauben anlegte. Ich trank meinen Wodka langsam. Zweimal, als sie gerade abgelenkt war, vertauschte ich die Gläser.
    Abgesehen von ihren offensichtlichen körperlichen Reizen, fand ich auch sonst Gefallen an dem Mädchen. Sie hatte Sinn für Humor, wusste das übertrieben kultivierte Gehabe ihres Vaters genau einzuschätzen (»Dann handelt es sich eben um keinen Sazerac«, deklamierte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung) und hatte auch ein paar bissige Spötteleien über die Scheinheiligkeit des Abgeordneten Eric Walker auf Lager (anscheinend wusste sie einiges über seine Eskapaden, die er sich mit Frauen in Georgetown geleistet hatte).
    Ich lenkte das Gespräch wieder auf ihren Vater und erfuhr so, was sie wusste. Fast hätte ich vergessen, dass sie wahrscheinlich auch mich dazu verleiten wollte, etwas von meinem Wissen preiszugeben.
    Ihr ginge es um Respekt, sagte sie. Ihr Vater sei der Meinung, die Rolle der Frau beschränke sich aufs Vögeln und Kochen. Sie sei zu intelligent und ehrgeizig, um sich darauf reduzieren zu lassen, und sie wolle ihm beweisen, dass sie eine würdige Erbin und für eine Aufgabe im Familienunternehmen qualifiziert sei. Wenn sie ihrem Vater aus der Klemme helfen könne, derentwegen er sich an die Davies Group gewandt hatte, könnte sie ihm ihre Eignung beweisen.
    Ich hatte den Eindruck, dass das nicht alles war.
    »Ich weiß nur«, sagte ich, »dass er sich wegen dieser langweiligen Import-Export-Schlupflöcher an uns gewandt hat.« Das war im Wesentlichen die offizielle Sprachregelung, aber Irin kniff gierig die Augen zusammen.
    »Da muss mehr dahinterstecken«, sagte sie.
    »Was haben Sie denn gehört?«
    »Dass es nicht nur um geschäftliche Probleme geht. Es geht um ihn persönlich. Irgendetwas mit seiner Aufenthaltsgenehmigung macht ihm Sorgen, es geht um ein Verfahren oder einen Prozess, den er vermeiden muss.«
    Allmählich erkannte ich Irins wahre Motive. Es kursierten Gerüchte, dass Radomir in Waffenschmuggel verwickelt war. Vielleicht ging es Irin um mehr, als die engstirnigen väterlichen Vorstellungen über die Rolle der Frau zu korrigieren. Wenn man ihn angeklagt und verurteilt hätte, hätte das sicher auch ihr behütetes Leben als Studentin in Amerika gefährdet. Die Familie wäre bloßgestellt und ruiniert gewesen, und plötzlich wäre auf Irins Konto kein Monatsscheck mehr eingegangen.
    Ich sagte nichts. Das lockt die Menschen mehr aus der Re serve als jede Frage. Die meisten sagten lieber etwas, was sie besser nicht gesagt hätten, als dass sie einfach stumm dasaßen.
    »Die Sache liegt nicht mehr in der Zuständigkeit des Kongresses«, sagte sie. »Ich weiß nur, dass es da jemand Neues gibt, der jetzt die Entscheidung trifft. Irgendwer, der viel Macht hat, den sie jetzt überzeugen müssen.«
    Das hörte sich an, als hätte es etwas mit meinem Mann mit der angezapften Telefonleitung zu tun: mit Subjekt 23.
    »Woher wissen Sie das?«, fragte ich.
    »Deduktion«, sagte sie arglos.
    Ich schaute auf ihren BH-Träger und ihre olivfarbenen Schultern. Sie war näher an mich herangerutscht. Das war mir gar nicht aufgefallen. Die zunehmende Intimität während unserer Unterhaltung war mir so natürlich vorgekommen, als hätte sich eine langjährige Freundin an mich angeschmiegt. Sie merkte, dass ich ihren Körper

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