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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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hatte.
    Dabei ging es um einen Fall am Obersten Gerichtshof, der sich mit Auslieferung und dem Alien Tort Statute befasste. Das ist ein Gesetz, das bis in die Gründerzeit des Landes zurückreicht. Es besagt im Kern, dass man unter bestimmten Bedingungen für Kriegsverbrechen, die irgendwo in der Welt verübt wurden, vor ein amerikanisches Gericht gestellt werden kann.
    Sollte Rado, wie Rivera angedeutet hatte, solche Verbrechen begangen haben, dann musste er ein großes Interesse am Ausgang dieses Falles haben. Vielleicht bearbeitete ich Walker, damit er Schlupflöcher in das Gesetz über auswärtige Beziehungen einbaute, die gar nicht so harmlos waren: Vielleicht sollten sie Rado vor einem Gerichtsverfahren in den USA bewahren.
    Wenn meine Bosse entdeckt hatten, dass sie einen Richter am Obersten Gerichtshof einsacken konnten, dann brauchten sie den Gesetzgeber nicht mehr. Das würde erklären, warum sie mich von dem Fall abgezogen hatten. Dass ich in einem unter geordneten Fall übte, wie man mit harten Bandagen kämpft, war okay, aber wenn man das höchste Gericht des Landes korrumpieren wollte, da ließ man den Frischling besser zu Hause.
    Ich konnte es immer noch nicht richtig glauben. Den Obersten Gerichtshof manipulieren zu wollen kam mir einfach verrückt vor – aber so war mir alles andere, was geschehen war, seit ich Henry kannte, auch vorgekommen. Warum also nicht?
    Seit dem Abend, als ich fast meine Küche abgefackelt hatte, wusste ich zumindest, dass ich ein bisschen Zeit hatte, bevor irgendetwas zwischen Irin und Haskins passierte. Henry hatte gesagt, er würde erst mal abwarten, bevor er sich Subjekt 23 vornehmen wolle – was genau er damit meinte, wusste ich nicht –, würde aber sofort aktiv werden, wenn Irin sich auf eigene Faust an den Richter heranmachte.
    Ich hatte einen Kumpel, der vor ein paar Jahren am Obersten Gerichtshof Referendar gewesen war. Danach hatte er bei einem großen Unternehmen angeheuert und das Antrittshonorar von einer halben Million Dollar eingestrichen, die Standardsumme für Absolventen eines Referendariats am Obersten Gerichtshof. Nach einem Jahr war er wieder ausgestiegen, lebte seitdem von seinem Bonus und reiste viel.
    Man wusste nie genau, wo in der Welt er sich gerade aufhielt, aber per E-Mail war er immer zu erreichen. Ich fragte ihn, wo Haskins lebe und ob er sich gerade in der Stadt aufhalte. Zwei Minuten später hatte ich die Antwort: »Er ist hundert pro nicht in DC. Der Bursche ist ein kleiner Thoreau. Nächste Woche stehen keine mündlichen Verhandlungen oder Konferenzen an. Hat sich garantiert in sein Häuschen in Fauquier County verdrückt und spielt da übers Wochenende den Einsiedler.«
    Noch am gleichen Abend ging ich die Schlagzeilen der vergangenen Wochen auf irgendwelche öffentlichen Auftritte von Haskins durch und verglich das Ergebnis mit dem Protokoll des GPS an Irins Wagen. Tatsächlich war sie bei mindestens zwei Veranstaltungen gewesen, auf denen auch Haskins gewesen war – einem Fundraiser und einem Vortrag an der American University. Sie musste herausgefunden haben, dass Haskins entscheidend für das Schicksal ihres Vaters war, und nahm ihn jetzt selbst unter die Lupe. Vielleicht ließ sie schon ihren Zauber auf ihn wirken.
    Am nächsten Tag rief ich Haskins’ Büro an. Ich sagte, ich sei von der Studentenzeitung der Georgetown University und fragte, ob er vor seiner Rede auf dem Campus etwas Zeit für ein Gespräch erübrigen könne.
    »Tja, mein Junge«, sagte der Pressesprecher. »Leider ist er bis nächsten Freitag in Urlaub. Außerdem sehe ich auf meinem Plan nichts von einem Vortragstermin.«
    »Oh Gott«, sagte ich. »Ich hab den Kalender vom letzten Jahr erwischt. Entschuldigung, mein Fehler, schönen Tag noch.« Wahrscheinlich hatte ich ein bisschen übertrieben bei meinem Versuch, wie ein junger Student zu klingen, aber ich hatte erfahren, was ich wollte. Haskins war nicht in der Stadt, mein Kumpel hatte recht gehabt.
    Wenn ich den Tracker an Irins Wagen im Auge behielt, wusste ich sicher, ob sie von Haskins wegblieb, und wenn ja, dass ich genug Zeit hatte, mir zu überlegen, was ich unternehmen sollte. Ich fühlte mich jetzt bedeutend besser, und als ich ihre Twitter-Nachrichten überprüfte (sie war wie Marcus’ Frau, ein Online-Oversharer der sich im Internet exzessiv entblößte), wusste ich, dass ich sogar noch mehr Zeit hatte. »Und viel Spaß in Paris ;-)«, twitterte einer ihrer Freunde. Sehr gut. Je weiter weg von

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